Titel Logo
Snevern Aktuell
Ausgabe 10/2025
Allgemeines
Zurück zur vorigen Seite
Zurück zur ersten Seite der aktuellen Ausgabe

Allgemeines

In einer Welt der Sofort-Belohnung wird Warten zur Zumutung – und genau das macht es so wertvoll.

Neulich beim Bäcker. Vor mir ein Mann, der seine Brötchen mit Münzen bezahlt. Eine ganze Handvoll Kleingeld, fein säuberlich gezählt. Ich hab innerlich geschnauft, aufs Handy geguckt, kurz Mails gecheckt – nichts Neues. Natürlich nicht. Und trotzdem hab ich nervös auf den Boden getippt, als müsste der Backautomat gleich mich persönlich bedienen.

Wir sind ja inzwischen alle so: auf Sofort gedrillt. Essen kommt per App, Pakete am selben Tag, Filme starten automatisch. Alles immer, alles jetzt. Sogar Kühe tragen heute Sensoren, die dem Bauern aufs Handy melden, wann sie gemolken werden wollen. Geduld? Wird nicht mehr gezüchtet.

Früher war das anders. Da hieß es: „Gut Ding will Weile haben.“ Der Teig musste gehen, die Sonne musste scheinen, bevor geerntet wurde. Heute muss alles in zwei Minuten fertig sein – sonst gilt’s als Zeitverschwendung. Dabei war Warten mal eine Selbstverständlichkeit. Und, Hand aufs Herz, manchmal auch eine Wohltat.

Denn das Problem ist ja nicht das Warten selbst – sondern, dass wir verlernt haben, es auszuhalten. Wir halten Stille nicht mehr aus, Leerlauf, Langeweile. Kaum dauert was länger, glauben wir, das Leben zieht an uns vorbei. Aber das Leben passiert genau da: zwischen den schnellen Momenten, in der Pause, im Durchatmen.

Ich glaube, Warten ist wie Düngen. Es stinkt ein bisschen, dauert seine Zeit, und man sieht erstmal nichts davon – aber ohne geht’s nicht. Alles, was wächst, braucht Geduld.

Also übe ich. Ich stehe in der Schlange, ohne aufs Handy zu glotzen. Ich warte auf den Frühling, ohne schon den Sommer zu planen – und wenn’s mich doch juckt, dann sag ich mir: „Jung, nicht alles muss sofort!“

Neulich beim Bäcker hab ich’s wieder versucht. Kein Handy, kein Seufzen, kein Augenrollen. Nur dagestanden und geatmet. Der Mann vor mir hat sich umgedreht, mich angelächelt und gesagt: „Danke, dass Sie nicht gedrängelt haben.“

… und plötzlich war das Warten gar nicht mehr so schlimm. Vielleicht sogar das Beste am ganzen Tag.

Denk’ mal darüber nach!