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Snevern Aktuell
Ausgabe 11/2025
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Neulich im Supermarktparkplatz. Es nieselt, der Wind weht feucht durch die Novemberluft. Auf dem blauen Parkplatz direkt vor dem Eingang steht ein silberner SUV. Keine Plakette an der Scheibe, aber die Warnblinkanlage blinkt fleißig, als wolle sie sagen:“Ich bin doch gleich wieder weg“.

Eine Frau mittleren Alters eilt mit zwei Tüten aus dem Laden. Ich spreche sie an, vorsichtig, freundlich. „Entschuldigen Sie, das ist ein Behindertenparkplatz.“ Sie schaut kurz hoch, sichtlich genervt. „Ich weiß, aber ich musste nur schnell was holen. Ist ja sonst alles frei.“ … und schon ist sie eingestiegen, Motor an, weg.

Zurück bleibt ein leerer Satz und ein blauer Parkplatz, auf dem in weißer Farbe das Logo für einen Behindertenparkplatzsteht – etwas, dass für sie offenbar nur Farbe auf Asphalt war.

Kurz vorher war ein kleiner Wagen auf den Parkplatz gefahren, der dann weit vom Eingang des Geschäftes entfernt parkte. Ein Mann steigt aus, mühsam. Er holt den Rollstuhl aus dem Kofferraum, klappt ihn auseinander und setzt sich rein. Er legt die Hände an die Räder und schiebt sich voran. Für ihn wäre der freie Platz direkt vorne kein Luxus gewesen, sondern Erleichterung – ein Stück Selbstständigkeit im Alltag. Für ihn sind fünf Meter mehr kein kleiner Umweg, sondern eine kleine Hürde, die sich summiert zu vielen großen.

Genau darum geht es. Es geht nicht um Parkplätze. Es geht um Haltung. Um das Bewusstsein, dass Rücksicht keine Gefälligkeit, sondern eine Form von Respekt ist. Dass die blaue Markierung keine Einladung zum schnellen Einkauf ist, sondern eine stille Bitte: „Sieh mich. Denk an mich“.

Menschen mit Behinderungen müssen täglich Wege meistern, die für andere selbstverständlich sind. Rampen, Türen, Blicke – all‘ das sind kleine Prüfungen. Wenn dann auch noch der reservierte Platz besetzt ist, wird der Alltag zum Hindernisparcours.

Vielleicht sollten wir beim nächsten Mal, wenn wir denken „Ich bin ja gleich wieder weg“, kurz an den Mann im Rollstuhl denken – oder an das Kind mit Gehhilfe. Oder einfach an das Wort „Menschlichkeit“ und den blauen Platz einfach blau sein lassen. Für die, die ihn wirklich brauchen. Das ist kein großer Aufwand – aber ein starkes Zeichen für Menschlichkeit, direkt hier bei uns in Schneverdingen. Denn echte Barrierefreiheit beginnt nicht mit Schildern – sondern mit dem Willen, Platz zu machen.