Rehburg-Loccum (ade). Aus triftigem Anlass haben Rehburg-Loccums Bürgermeister Martin Franke und die Geschäftsführerin des Klosters Loccum, Birgit Birth, die Korken knallen lassen: Rehburg-Loccum gehört zu den Kommunen, die sich künftig mit dem Europäischen Kulturerbe-Siegel schmücken dürfen. Am 17. April hat Birth in Antwerpen das Siegel überreicht bekommen.
Der Korken knallt, der Sekt sprudelt: Martin Franke und Birgit Birth haben einen Grund zum Feiern, nachdem sie die Nachricht erreichte, dass der Weg der Zisterzienser das Europäische Kulturerbe-Siegel verliehen bekommt. ade
Es ist ein Schulterschluss, den Stadt, Landkreis Nienburg und Kloster Loccum vor fünf Jahren eingingen. Und nicht nur sie: Mit dabei sind weitere 16 Partner aus fünf Staaten. Ihnen allen ist gemein, dass sich auf ihrem Grund und Boden ein Kloster des Zisterzienserordens befindet. An diesen Klöstern orientiert sich das Projekt, will aufmerksam machen auf die Historie des Ordens, seine enorme Ausdehnung in den ersten Jahrhunderten und darauf, dass das Werk dieser Zisterzienser bis heute die Landschaft prägt.
Der Name des ambitionierten Vorhabens: Cisterscapes connecting Europe. Diese Verbindung über nationale Grenzen, bildet den Kern des Projekts und macht ihn zu einem paneuropäischen. „Die Werte der Zisterzienser vom Erhalt und Respekt vor der Natur, das Schaffen von Rückzugs- und Kraftorten sowie der Austausch über Grenzen hinweg sind derzeit in Europa notwendiger und aktueller denn je“, ist sich Birth sicher.“
Den enormen Kraftakt bis zur Verleihung haben alle Partner in den Staaten gemeinsam angepackt – und auch jeder für sich. Zusammengeführt werden sie durch einen Wanderweg, der die Routen beschreibt, auf denen die Mönche Jahr für Jahr zum Generalkapitel im französischen Citeaux pilgerten. Ein Mammutweg, der auf mehreren Strecken verläuft und mit mehr als 6000 Kilometern Länge ein wenig Zeit beansprucht.
Fünf Staaten, mehrere Routen und ein gemeinsames Ziel: Der Wanderweg der Zisterzienser misst mehr als 6000 Kilometer.
Hans-Georg Sievers
In Loccum landen Pilger, die im polnischen Wagrowiec gestartet sind. Wollen sie weitergehen, können sie die östliche Route über Volkenroda in Thüringen wählen oder sich westlich halten, um über Eberbach bei Frankfurt im Kloster Maulbronn zu landen.
In Loccum sollten sie sich allerdings ein wenig Zeit nehmen, denn dort haben Kloster, Stadt und Landkreis ganz eigene Wege geschaffen, die für zwei Stunden oder auch zwei Tage zu den Stätten führen, an denen die Mönche der Landschaft ihren Stempel aufdrückten. Da geht es um Wasserwirtschaft, um Bergbau und Steinbrüche, es wird von uralten Kanälen und Fischzucht berichtet – mitten in Wäldern und Feldern.
Spuren der Zisterzienser: In Loccum sind noch Kanäle vorhanden, die im 12. Jahrhundert gebaut wurden. ade
Am Brauteich landet nahezu jeder Besucher des Klosters Loccum. Nun können sie dort auch erfahren, welch ausgeklügeltes System die Zisterzienser für ihre Wasserwirtschaft entwickelten. ade
Der kleine Loccumer Klosterlandschaftsweg führt auch zur Luccaburg, die den Anfang des Klosters darstellt. ade
Karpfenzucht spielte eine wichtige Rolle im Leben der Loccumer Mönche. Zur Fischwirtschaft wie auch zum Bergbau, zu Steinbrüchen und anderen Orten, die die Zisterzienser prägten, führen die Klosterlandschaftswege. ade
Die touristische Inwertsetzung dieser Landschaft durch das Kulturerbe-Siegel ist für Landrat Detlev Kohlmeier eine große Chance, die auch der Mittelweser-Region zugutekommen werde.
Franke hebt das Netzwerk als eines hervor, das jungen Menschen den Wert von Europa vermitteln könne. Ganz nebenbei, gesteht er, habe er in den vergangenen fünf Jahren viel über seine Heimat hinzugelernt – und sagt auch, dass es ihn mit ein wenig Stolz erfülle, dieses Siegel nun in Rehburg-Loccum zu wissen. Schließlich sei es erst das siebte Mal, dass eine Stätte in Deutschland damit ausgezeichnet werde.
Info-Box:
Das Kulturerbe-Siegel
Mit dem Europäischen Kulturerbe-Siegel können Kulturdenkmale, Kulturlandschaften, kulturelle Stätten oder Gedenkstätten ausgezeichnet werden, die einen Zusammenhang zur europäischen Einigung haben oder an die gemeinsamen europäischen Werte erinnern, eine Rolle in der europäischen Geschichte spielen oder gespielt haben oder als Symbol für die Europäische Kultur stehen.
Das Siegel wird seit 2007 verliehen. In Deutschland sind bislang sechs Stätten mit ihm ausgezeichnet worden. In Niedersachsen dürfen sich die Rathäuser von Osnabrück und Münster als Stätten des Westfälischen Friedens mit dem Siegel schmücken.