In den Jahren 1943 und 1944 beschwerten sich der Dramfelder Einwohner Heinrich Löning und sein Sohn Hermann mehrmals beim Landkreis Göttingen über den Bürgermeister Franz Feindt; insbesondere, dass dieser nicht dafür gesorgt hatte, dass das Drammebett seit dem Hochwasser im März 1942 geräumt und das Geländer an der Brücke über die Dramme repariert wurde.
Zur Erinnerung: Zum einen war dieser Bürgermeister nicht gewählt, sondern nach der Absetzung von Bürgermeister Louis Schmidt am 1. November 1935 vom Landrat im Einvernehmen mit dem Kreisleiter als Beauftragten der NSDAP zum Bürgermeister berufen worden – und war infolgedessen nicht bei allen Dramfeldern beliebt. Zum andern verlangte das Amt des Bürgermeisters in jenen Jahren äußerst unpopuläre Entscheidungen, denn im Berichtszeitraum (1944/45) lebten in Dramfeld über 250 Flüchtlinge, etwa 180 Evakuierte, knapp 40 Ausländer und 340 Einheimische (Groth, Chronik, S. 73 und 78).
Im Schreiben vom 28. Januar 1944 forderten Lönings den Landrat auf, für die Beseitigung der Missstände innerhalb des nächsten Monats zu sorgen; andernfalls drohten sie, sich beim Regierungspräsidenten in Hildesheim beschweren zu wollen, damit man sich dort einmal mit der Amtsführung des Herrn Bürgermeisters befasste.
Wenige Tage später reagierte der Landrat und forderte Bürgermeister Feindt auf, Stellung zu nehmen. Daraufhin berichtete der Bürgermeister von einer Ortsbesichtigung am 25. Januar 1944 durch Kreisbaumeister Pfeiffer und seinen Vertreter Miehe, die erklärt hatten, dass die Arbeit dringlich sei, aber nur durch Arbeiter mit großen wasserdichten Gummistiefeln ausgeführt werden dürfte. Lönings schickten ihre Beschwerde drei Tage nach diesem Ortstermin.
Aus der weiteren Korrespondenz zwischen Landrat und Bürgermeister, die wegen der Papierknappheit überwiegend „urschriftlich“ auf halben DIN A 4 Bögen erfolgte, erfährt man zum einen, dass wasserdichte Gummistiefel seinerzeit nur noch unter Schwierigkeiten zu beschaffen waren, und zum andern, dass die Arbeitskräfte einer damals in Aussicht genommenen Baufirma nicht zur Verfügung standen, weil sie bei Luftschutzarbeiten in Göttingen eingesetzt werden mussten. Auf diese Auskunft hin genehmigte der Landrat eine Verschiebung der Arbeiten bis zum 10. April 1944.
Nach Ablauf der gesetzten Frist schickte er der Gemeinde Dramfeld eine Erinnerung, die Bürgermeister Feindt fünf Tage später beantwortete. Er erklärte, dass das Wasser in der Dramme gerade sehr hoch stehe und beantragte eine weitere Verschiebung bis September, da dann der Wasserstand erfahrungsgemäß niedrig sei und man mit Hilfe der Stauanlagen das Wasser für einige Stunden zurückhalten könne, um eine tiefe Abflussrinne zu schaffen. Zudem sei der Zeitpunkt zwischen Getreide- und Hackfruchternte günstiger. Immerhin habe er schon einige Paar Gummistiefel sicherstellen können und beabsichtige, die Arbeiten in Gemeinschaftsarbeit ausführen zu lassen. Am 5. Mai 1944 teilte der Landrat sein Einverständnis mit, betonte jedoch, dass ein weiteres Hinausschieben nicht angängig sei.
Tatsächlich berichtete Bürgermeister Feindt am 22. September 1944, dass die Missstände am Bachbett und an der Brücke beseitigt worden seien. Dass die Gemeinschaftsarbeit von zehn russischen Kriegsgefangenen, die auf dem Küselschen Hof beschäftigt wurden, unter der Aufsicht von Friedrich Lindemann [„Freich“] ausgeführt worden sind, erfährt man aus der Dramfelder Chronik (S. 75 und 76). Der Küselsche Verwalter Herr Jagau berechnete der Gemeinde 75 ½ Stunden à 0,75 RM und erhielt 30,20 RM [!]. Damit hielt der Landrat die Angelegenheit für erledigt (LKGöttingen, Nr. 832, 2.10.1944).
War sie aber nicht. Achteinhalb Monate später, am 11. Juni 1945 ꟷ der 2. Weltkrieg war seit wenigen Monaten zu Ende, das Deutsche Reich hatte im Mai 1945 kapituliert ꟷ schickte Hermann Löning der Landkreisverwaltung drei Fotos der Brücke und wies darauf hin, dass das Passieren der Brücke, insbesondere bei Dunkelheit, mit Lebensgefahr verbunden sei. Noch am selben Tag erhielt das Kreisbauamt den Auftrag, den Zustand der Brücke an Ort und Stelle zu überprüfen, und stellte fest, dass der Zustand der Brücke in der Tat polizeiwidrig war. Daraufhin (am 27. Juni 1945), forderte der Landrat den Bürgermeister auf, innerhalb von zwei Wochen ein festes Geländer anbringen zu lassen. Der Termin verstrich, ohne dass etwas geschah. Das Kreisbauamt, das auch zwischenzeitlich die Zustände an der Brücke besichtigt hatte, teilte dem Landrat mit, dass sich die Anlieger zu Recht über die Säumigkeit des Bürgermeisters beklagt hätten, da kein ordentliches Brückengeländer angebracht worden sei. Man schlug vor, dem Bürgermeister unter Strafandrohung aufzugeben, das Geländer innerhalb von vier Wochen anbringen zu lassen. Auch eine Rüge des Landrats am 9. Oktober 1945, der dem untätigen Bürgermeister deutlich sein Missfallen ausdrückte, sowie eine weitere Verlängerung der Frist bis zum 15. November 1945 und der Auftrag an den Gendarmerieposten in Obernjesa, die Angelegenheit zu überwachen, blieben ohne Reaktion – bis zum 16. Oktober 1945. In seinem Schreiben erläuterte Bürgermeister Feindt die Verzögerung: Er habe unmittelbar nach dem 27. Juni 1945 mit dem Tischler Diedrich und dem Schmied Lüdecke die Sache besprochen. Es war uns klar, daß nur ein Geländer in äußerst starker Holz- und Eisenausführung anzubringen sei, da das zu Anfang des Krieges behelfsmäßig reparierte Geländer hauptsächlich durch die ortsansässige und evakuierte Jugend stark beschädigt und in den jetzigen Zustand versetzt wurde. Er beschrieb die erforderlichen Arbeitsvorgänge und klagte, dass der Schmied sehr säumig sei … Bei einigermaßen gutem Willen hätte die Ausführung der Schmiedearbeiten längst erledigt sein können, da Lüdecke an Arbeitskräften seine beiden Söhne im Alter von 18 und 16 Jahren zur Verfügung stehen … Der Bürgermeister forderte nun seinerseits eine Terminsetzung unter Strafandrohung für den Schmied. Wiederum wurde eine Frist bis zum 12. November 1945 gesetzt, der Landgendarmerieposten Obernjesa angewiesen, die Angelegenheit zu überwachen. Schließlich konnte Gendarm Neumann, Wachtmeister der Gendarmerie der Reserve, am 7. November 1945 dem Landrat berichten, dass Lüdecke das Brückengeländer ordnungsgemäß angebracht habe. Bürgermeister Feindt berichtete am 8. November 1945 – immerhin eine Woche vor Ablauf der Frist - von der Beseitigung der Missstände (urschriftlich auf dem Schreiben des Landrats vom 27. Juni 1945): Die in dem vorstehenden Schreiben angegebenen Mißstände an der Drammebrücke sind jetzt beseitigt. Zu beiden Seiten der Brücke ist starkes und dauerhaftes Geländer angebracht. Es ist jetzt völlig ausgeschlossen, bei Dunkelheit den Weg über die Brücke zu verfehlen. Drei Tage später erhielten auch Lönings eine schriftliche Mitteilung, dass die Angelegenheit erledigt sei.