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Gemeinde-Zeitung Waging a See
Ausgabe 6/2024
Mitteilungen der Verwaltungsgemeinschaft Waging
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Die Tachinger Waldrappen stellen sich vor

Zieheltern v.l. H. Wehner und B. Steininger

Wer in den folgenden Wochen und Monaten in den Himmel sieht, wird die ein oder andere Überraschung erleben – eine Flugformation von zwei Ultraleicht-Fluggeräten und 36 jungen Waldrappen kreist über den Landkreis. Denn das Waldrappteam hat sein Trainingslager in Taching am See in Bayern aufgeschlagen. Sie befinden sich auf dem wunderschönen Bio-Bauernhof Schröckenbauer, wo sie von Frank Filliung und Christine Schachenmaier beherbergt werden. Die beiden sind wunderbare Gastgeber und haben uns geholfen, uns im schönen Bayern so richtig willkommen zu fühlen!

Das Waldrappteam ist für das Management des zweiten europäischen LIFE-Projekts zur Wiederansiedlung des Waldrapps zuständig und arbeitet daran, diese einst ausgestorbenen Vögel wieder in Europa anzusiedeln und ihnen eine Migrationsroute in den Süden zu vermitteln.

Die Waldrappe waren bis Anfang des 17. Jahrhunderts bei uns im Alpenvorland heimisch, wurden aber durch intensive Bejagung ausgerottet und überlebten nur vereinzelt in Zookolonien. Da der Waldrapp ein Zugvogel ist, der die Zugroute von seinen Eltern lernt, müssen nun Menschen diese Aufgabe übernehmen: Denn die leiblichen Zooeltern haben die Migrationsroute verlernt und können sie ihren Jungen nicht beibringen.

Seit 2004 leitet das Waldrappteam daher junge, von menschlichen Bezugspersonen aufgezogene Waldrappe mittels Ultraleicht-Fluggeräten von Brutgebieten nördlich der Alpen in den Süden. Die Küken werden im Alter von wenigen Tagen aus Nestern in Zookolonien entnommen, von zwei menschlichen Ziehmüttern aufgezogen und auf diese geprägt. Sobald die Vögel flügge werden startet das Flugtraining, wo die jungen Waldrappe lernen dem Fluggerät, in dem der Pilot und die Ziehmutter sitzen, zu folgen.

Anfang August kommen die wildlebenden Waldrappe in Zugbereitschaft und verlassen die Brutgebiete. Damit ist auch für die handaufgezogenen Jungvögel die Zeit zum Start der menschengeführten Migration gekommen. Geflogen wird in Tagesetappen von 100-300 Kilometer, abhängig von den Wetterbedingungen und den geografischen Barrieren. Für die Flugstrecke von rund 2700 Kilometer in das Wintergebiet in Andalusien werden etwa 20 Flugetappen benötigt.

Nach der Ankunft im Wintergebiet werden die Jungvögel für einige Wochen in einer Voliere gehalten und nach einer Eingewöhnungsphase ausgewildert.

Die freifliegenden Vögel suchen in der Regel rasch den Kontakt zu den wilden Artgenossen und fügen sich in die Kolonie überwinternder Vögel ein. Spätestens mit Erlangen der Geschlechtsreife im dritten Jahr kehren die ausgewilderten Vögel im Frühjahr in ihre Brutgebiete zurück, um dort zu brüten. Für die Tachinger Waldrappe planen wir eine Anbindung an das Brutgebiet in Burghausen. Die aufwachsenden Jungvögel folgen dann ohne weitere menschliche Einwirkung im Herbst ihren zugerfahrenen Artgenossen. So entsteht eine neue Zugtradition.

Wir haben im Juni und Juli immer von Freitag bis Sonntag 15:00 - 17:00 Uhr Besuchszeiten in unserem Migrationscamp. Die Besucher können die Vögel aus der Entfernung in der Voliere beobachten und mehr über das Projekt erfahren. Wir bitten Sie, keine Hunde mit ins Camp zu bringen und nicht in der Nähe der Vögel zu sprechen.

Lisa-Maria Weber