REMAGEN. Interessierte Bürgerinnen und Bürger konnten im November am Remagener Campus der Hochschule Koblenz an öffentlichen Veranstaltungen in der Themenwoche „SpeakUp“ teilnehmen. Mit der Themenwoche diskutiert die Hochschule seit 2015 einmal jährlich aktuelle Fragen im Zusammenhang mit demokratischen Werten. Neben einem von der AStA (Allgemeiner Studierendenausschuss) organisierten Poetryslam gab es in diesem Jahr auch einen Vortrag von Dr. Inka Engel der Universität Koblenz und Peter Erwin Jansen M.A. aus dem Fachbereich Sozialwissenschaften der Hochschule Koblenz.
Die beiden Vortragenden berichteten von ihrem aktuellen Forschungsprojekt „Bürgerwissenschaftliche Erforschung der Familiengeschichte von Einheimischen und Migrant:innen und ihr Verhältnis zur NS-Geschichte“, das vom rheinland-pfälzischen Landtag in Auftrag gegeben wurde. Das Projekt soll dazu beitragen, durch eine persönliche Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus Geschichtsbewusstsein zu stärken, politische Bildung zu fördern und damit einen aktiven Beitrag zur Stärkung der Demokratie zu leisten.
Ein erstes Stimmungsbild zur Thematik wurde durch einen Onlinefragebogen erfasst. Dabei wurden über 400 Fragebögen von Bürgerinnen und Bürgern aus Rheinland-Pfalz ausgewertet. Bei der Frage nach der Wichtigkeit des Holocaust für die eigene Familie und die eigene Zukunft empfanden die Älteren das Thema als „wichtig“ beziehungsweise „sehr wichtig“ „Je jünger allerdings die Befragten wurden, umso weniger hat man eine zukünftige Relevanz dieses Erlebnisses für sich selbst und die eigene Familie gesehen“, berichtete Dr. Inka Engel von der Universität Koblenz.
Mit dieser Erkenntnis sind die Forschenden im März 2023 in die Interviews mit zehn jüdischen, deutschen und internationalen Familien im städtischen sowie ländlichen Raum zu ihren Familiengeschichten gestartet. Die qualitativen Interwies wurden innerhalb dieser Familien mit den mit unterschiedlichen Generationen geführt. Peter-Erwin Jansen stellte im Laufe des Abends erste Interviewergebnisse vor: „Zusammenfassend berichtet die Kriegsgeneration eher von den eigenen persönlichen Kriegserlebnissen, wie Hunger und Zerstörung und Sorge um die Kinder. Die Nachkriegsgeneration, die ab 1960 geborenen, hat von den Eltern fast gar nichts über Kriegszeit erfahren. Die Enkelgeneration wiederum, die ihr Wissen über den Holocaust und das NS-Regime zum Beispiel durch die Schule erlangten, sind dann wieder direkt mit ihren Fragen an die Großeltern herangetreten“, verdeutlicht Jansen die Aussparung der Nachkriegsgeneration an den Familienerinnerungen der NS-Zeit.
Eine Wanderausstellung mit Audioaufnahmen der Interviews, Erinnerungsgegenständen der Zeitzeuginnen und Zeitzeugen und deren Geschichten wird im Sommer des kommenden Jahres eröffnet und schließt das Projekt ab.