Das Stadtorchester Remagen eröffnete die Feier mit dem Largo von Händel
Einige Vertreter der Ratsgremien hatten sich zur Feierstunde eingefunden
Nun ist es offiziell: Die Judengassen hat ihren alten Namen zurück
SINZIG. DG. Nun heißt es auch offiziell wieder „Jüddejass“, natürlich nur op Senzijer Platt. Im amtlichen Deutsch hat die Gudestraße ihren ursprünglichen Namen zurückerhalten: Judengasse. Das noch verdeckte neue Straßenschild wurde in einer kleinen Feierstunde von Bürgermeister Andreas Geron und Ortsvorsteher Gunter Windheuser unter dem Beifall vieler Vertreter der Ratsgremien enthüllt.
Lange hatte es gedauert, bis es so weit war. Zur Geschichte: Vom NS-Regime wurde die Judengasse in Schlageterstraße umbenannt. Leo Schlageter gehörte einer Tarnorganisation der NSDAP an und wurde während der französischen Ruhrbesetzung wegen Spionage und mehrerer Sprengstoffanschläge zum Tode verurteilt. Seitdem galt er in rechten Kreisen als eine Art Märtyrer. Unmittelbar nach Ende des Krieges erhielt sie wieder ihren alten Namen, ehe der Sinziger Rat Anfang der 50er Jahre aus heute nicht mehr ganz nachvollziehbaren Gründen die Straße in Gudestraße umbenannte. Der Name soll auf das alte Rittergeschlecht „de Gude“ zurückgehen, das in dieser Straße gewohnt haben soll. Wie im Rheinland üblich, wird der Buchstabe „G“ häufig wie ein „J“ ausgesprochen. So habe sich der Name im Laufe der Zeit in Judengasse umgewandelt.
Seit Mitte der 80er Jahre haben sich verschiedene Initiativen, unter anderem B90/Grüne und der ehemalige Vorsitzende des Denkmalvereins, Karl-Friedrich Amendt, damit befasst, der Straße ihren alten Namen zurückzugeben. Zunächst fand das beim Stadtrat keine Zustimmung. Auch heute gibt es keine einhellige Zustimmung, insbesondere von den Anwohnernhauptsächlich wegen des mit einer Straßenumbenennung verbundenen Aufwands. Im März 2020 votierte der Ortsbeirat für die Rückbenennung. Nach dem historischen Gutachten von Professor Scholtysek von der Uni Bonn, der aus dem Gesamtkontext der Historie eine Rückkehr zu Judengasse empfahl, fasste der Stadtrat im November einstimmig den Beschluss.
Zur Einstimmung der kleinen Feier intonierte eine Abordnung des Stadtorchesters Remagen unter der Leitung von Franz van Häfen das „Largo“ von Händel, ein besinnliches Musikstück, dass dem Anlass eine besonders würdige Note verlieh. Bürgermeister Geron ging in seiner Ansprache auch auf die Geschichte der Sinziger Juden ein, von denen keiner den Holocaust überlebt hat. „Wir wollen nicht wegschauen und möchten mit dieser Entscheidung die Geschichte lebendig erhalten“, forderte er auf und dankte allen, die sich hier engagiert hatten. Dann enthüllten Geron und Windheuser gemeinsam das neue Straßenschild „Judengasse.“
Es war sicher ein richtiger Schritt, zum einen im Gedenken an das den Juden angetane Unrecht. Zum anderen, um gegen die wieder zunehmenden antisemitischen Tendenzen ein kleines, aber deutliches Zeichen zu setzen.