Gut besucht war der Vortrag zum Thema Synodaler Weg
Christian Florin traf mit ihren teils ironischen, aber realistischen Ausführungen einen Nerv
SINZIG. DG. „Je älter ich werde, je mehr Erfahrungen ich mit und in der katholischen Kirche gesammelt habe, desto mehr fallen mir die Nadelstiche auf. Die selbstverständlichen Benachteiligungen, die Ignoranz, die Arroganz, die sich als Demut tarnt, das Nicht-Ernstnehmen, nur weil das Gegenüber eine Frau ist. Würde man so handeln und reden, weil dieses Gegenüber eine dunkle Hautfarbe hat, dann wäre man Rassist. Handelt und redet man so, weil das Gegenüber eine Frau ist, was ist man dann? Katholisch.“
Ein Zitat stammt aus dem Buch „Der Weiberaufstand“ von Christiane Florin, Politikwissenschaftlerin, Journalistin und Buchautorin, die sich sehr kritisch mit der katholischen Kirche auseinandersetzt. Die seit 2020 bestehende Gruppe „WirsindKirchevorOrt“ hatte zu einem weiteren Vortrags- und Diskussionsabend zur Situation und Reformbestrebungen in der katholischen Kirche eingeladen.
Nach der Begrüßung durch Brigitte Karpstein zeichnete Christiane Florin ein düsteres Bild, wie zuletzt Norbert Lüdecke bei seinem Vortrag im Mai. Bestes Beispiel die gerade beendete Synodalversammlung in Frankfurt, bei der ein Papier zur Sexualmoral trotz einer mehr als 80-prozentigen Zustimmung der Teilnehmer wegen der Sperrminorität der Bischöfe -hier ist eine Zustimmung von zwei Dritteln erforderlich- scheiterte. Auch zum Thema Stellung der Frau in der Kirche gab es kein Thesenpapier, sondern lediglich einen Prüfauftrag. Auch wenn einige Bischöfe sich „vorstellen“ könnten, Frauen zum Priesteramt zuzulassen, liege vor einer möglichen Umsetzung ein weiter und dorniger Weg.
„Die römisch-katholische Kirche ist schreiend ungerecht, aber auch schreiend komisch“, so Florin. Gleichberechtigung gibt es in der Kirche nicht, das widerspricht streng genommen den Menschenrechten. „Rom und die Mehrheit der deutschen Bischöfe diskriminieren mit voller Absicht, ein Papst könnte das mit einem Federstrich ändern.“
Warum ist das so? Die Kirche ist streng hierarchisch organisiert mit der Macht aufseiten des Klerus. Zugeständnisse könnten zu Machtverlust führen. Vielleicht sind es auch Drohungen aus Rom, die Einheit der Kirche nicht zu gefährden. Während das gemeine Kirchenvolk die Schafe sind, sind die Kleriker die Hirten -und haben das Sagen. Florin teilte die Schafe in mehrere Gruppen ein, in ‘Nutzwert-’ oder ‘Phantomschafe’, und die treuen Schafe – mit „rechts- oder linksgebürstetem“ Fell, alle mit unterschiedlichen Eigenschaften. Ein ironischer, gar sarkastischer Vergleich, der sich vordergründig zwar lustig anhört, im Kern aber ernst und traurig ist.
Ein weiteres Schlüsselthema ist der Missbrauch. „Es ist unglaublich, dass Bischöfe mit der Legende durchkommen, sie hätten davon nichts gewusst. Ich glaube denen kein Wort mehr.“ Es handele sich um kriminelles Verhalten, das geahndet werden müsse. Oft werde das aber vertuscht und versucht, die Betroffenen hinzuhalten oder gar zu bedrohen. Es gebe zwar Gutachten, die aber oft schnell unter dem Tisch verschwinden. Hier sei auch der Staat mehr gefordert, meinte Florin.
Unter der Moderation von Christoph Schomer schloss sich eine ausgiebige Diskussion an, bei der es hauptsächlich um die Frage ging, ob man sich weiter in der Kirche engagieren soll, oder ob ein Austritt eine Alternative wäre. Die Meinungen gingen auseinander, befürchtet wird aber, dass ein Agieren im christlichen Sinne außerhalb der Gemeinschaft Kirche nicht gut gelingen kann. Florin appellierte an die Zuhörer, offensiv in die Öffentlichkeit zu gehen, wenn etwas nicht richtig läuft. Ein interessanter Abend, der kaum neue positive Erkenntnisse brachte. Die Frage bleibt aktuell: Katholische Kirche, wohin?