Mittlerweile heißt der Wagen VB 50, hat keinen eigenen Antrieb mehr und muss von einer Lokomotive gezogen werden. Zum Jubiläum gab es eine Sonderfahrt für die Vereinsmitglieder der Brohltalbahn.
Der VT50 revolutionierte vor 100 Jahren den Personenverkehr im Brohltal. Damals war er noch aus eigener Kraft unterwegs.
BROHL. ing. Ein feiner Nieselregen liegt über dem Brohltal, der Geruch des Dieselmotors mischt sich mit dem Duft von feuchtem Herbstlaub. Auf dem Bahnsteig von Brohl BE herrscht trotzdem fröhliche Betriebsamkeit: Vereinsmitglieder der Brohltalbahn, Eisenbahnfreunde aus nah und fern und viele Gäste sind gekommen, um einen besonderen Geburtstag zu feiern. Der Triebwagen VT 50 – später VB 50 – wird stolze 100 Jahre alt.
Der Verein IBS, die Interessengemeinschaft Brohltal-Schmalspureisenbahn e. V., hat zum Jubiläum eingeladen. Zwischen Lokpfeifen und fröhlichem Stimmengewirr wird schnell klar: Hier sind Menschen am Werk, die ihre Bahn lieben. „Es ist den vielen Ehrenamtlichen zu verdanken, dass die Eisenbahn im Brohltal heute ein echtes Aushängeschild der Region ist“, lobt Staatssekretär Erwin Manz die Helferinnen und Helfer.
Und das Jubiläumsfahrzeug bekommt würdige Gesellschaft: Gezogen wird der Wagen von einer weiteren Jubilarin – der Diesellok D3, die fast auf den Tag genau vor 60 Jahren ins Brohltal kam. „Zusammen bringen wir heute 160 Jahre Eisenbahngeschichte auf die Schiene“, freut sich Vereinsvorsitzender Stephan Pauly.
Auch politische Vertreterinnen und Vertreter sind gekommen. Elisabeth Dahr, Beigeordnete der Verbandsgemeinde Brohltal, erinnert sich an ihre eigene Zeit bei der Bahn: „Ich habe im Bahnhof Brohl gelernt und war später Fahrdienstleiterin in Remagen. Deshalb weiß ich genau, was hier an ehrenamtlicher Arbeit geleistet wird.“
Nach dem kurzen Festakt setzt sich der kleine Zug in Bewegung. Langsam rumpelt er über die Gleise, dampfend und schnaufend, hinaus ins Brohltal. Die Landschaft zieht im gemächlichen Tempo vorbei – Felder, Wälder, kleine Dörfer. 17 Kilometer und fast 400 Höhenmeter liegen vor der historischen Garnitur.
„Der VT 50 war damals eine echte Revolution“, erzählt Pauly während der Fahrt. Zu Beginn der 1920er-Jahre dauerte die Strecke von Kempenich bis Brohl fast zwei Stunden – weil Personenwagen gemeinsam mit den Güterzügen fuhren. „Wie schlecht die Leute damals über ihre Bahn dachten, zeigt schon der Titel eines alten Schulaufsatzes: ‘Von der Misere der Brohltalbahn’.“
Doch es gibt auch humorvolle Geschichten. Pauly berichtet von einem Paar aus Kempenich, das einst „nach Amerika auswandern“ wollte – mit der Brohltalbahn zum Rhein, von dort weiter nach Hamburg. Doch die Reise begann holprig: In jedem Bahnhof wurde rangiert, Wagen abgehängt, Kartoffeln und Schweine verladen. Nach zwei Stunden am Rhein angekommen, soll die Frau entnervt gefragt haben: „Hein, sind wir bald in Amerika?“ Und der Mann habe geantwortet: „Noch nicht – aber das Schlimmste liegt hinter uns!“
1925 änderte sich alles: Der neue Triebwagen VT 50 halbierte die Fahrzeit auf rund 70 Minuten und brachte einen Hauch von Moderne ins Brohltal. Elektrisches Licht, gedämmte Wände, poliertes Holz – und wenn auch nur einfache Holzlattenbänke – machten das Reisen deutlich bequemer. Bis zu fünf Fahrten täglich wurden möglich.
Anfangs mit einem Benzolmotor ausgestattet, erhielt der Wagen später als einer der ersten in Europa einen Holzvergasermotor, der den Treibstoffverbrauch um ganze 75 Prozent senkte. Die Technik war allerdings störanfällig, und so wurde der VT 50 1937 zum Beiwagen VB 50 umgebaut.
Nach dem Ende des regulären Personenverkehrs 1961 blieb der Wagen erhalten – ein Glücksfall für Eisenbahnfans. Seit 1977 rollt der VB 50 wieder durch die Vulkanlandschaft der Osteifel, als Teil des „Vulkan-Expreß“. Eine aufwändige Restaurierung 2004 machte ihn fit für die Zukunft. Heute dient er als stilvoller Salonwagen für Sonderfahrten und Feste.
Seit Mai 2025 ist der VB 50 wieder regelmäßig unterwegs – zusammen mit der historischen Diesellok D 4 als „Vulkan-Expreß Classic“. Damit ist er der letzte originale Personenwagen der Brohltalbahn, der noch im Einsatz steht. Und wenn er durch das herbstliche Tal schnauft, scheint die Zeit für einen Moment stillzustehen.
„Es ist ein Stück lebendige Geschichte“, sagt Pauly zum Abschied. „Dieser Wagen hat Generationen bewegt – im wahrsten Sinne des Wortes.“