Blick in die gut gefüllte Kultur- und Tagungsstätte Synagoge (Foto: Alois Schäfer).
Manuel Klein mit der „Singenden Säge“ (Foto: Alois Schäfer).
„Es gibt zwar kein Bier auf Hawaii, doch in Wittlich muss niemand verdursten“ vl.n.r.: Elisabeth und Albert Klein, Joachim und Theresia Rodenkirch (Foto: Alfons von der Lahr).
Bürgermeister Joachim Rodenkirch und Kurator Albert Klein in der Ausstellung (Foto: Alfons von der Lahr).
Dr. Barbara Mikuda-Hüttel, Annette Eiden und Dr. Richard Hüttel (Foto: Alfons von der Lahr).
„Willkommen, Ihr geselligen Säubrenner.“ Mit diesen launigen Worten begrüßte Bürgermeister Joachim Rodenkirch die vielen Besucherinnen und Besucher, die am letzten Sonntag zur Eröffnung der Ausstellung „Gesellige Säubrenner – Alte Wittlicher Kneipen und Lokale“ in die Ehemalige Synagoge gekommen waren.
Die schrecklichen Ereignisse der vergangenen Kirmes dürfen nie vergessen werden, so der Bürgermeister weiter, und doch habe man sich heute getroffen, um eine kulturhistorische Ausstellung gemeinsam zu eröffnen. Zahlreiche Lokale existierten in den letzten 500 Jahren in Wittlich, Orte der Kommunikation in Zeiten ohne Internet, Social Media, Fernsehen, Radio, Telefon und nur wenigen kostspieligen Zeitungen. Dort traf man sich, und zwar wohl wirklich hauptsächlich Mann, um Informationen auszutauschen. Was hatten Reisende berichtet, was wussten die Markthändler Neues aus der Welt? Und was hatte sich alles in Wittlich ereignet?
Die kleine Dorfkneipe mit der Musikbox beschrieb Rodenkirch ausführlich, eine Erinnerung, die Manuel Klein, der mit Alexander Konrad die musikalische Umrahmung der Vernissage gestaltete, aufgriff. Was hörte man, wenn man die Musikbox bediente? Den Einwurf der Groschen, die Auswahl der Schallplatte, das Aufsetzen der Nadel und das Kratzgeräusch der bereits leicht lädierten Single.
Das Publikum wurde aufgefordert, diese Geräusche zu imitieren, bevor Akkordeon und Singende Säge den nächsten Schlager der 1950er Jahre spielten, und so manch ein Besucher zu „Ganz Paris träumt von der Liebe“ oder „Tanze mit mir in den Morgen“ mitsingen musste.
Albert Klein, der die Ausstellung kuratierte und auch ein sehr informatives Buch zu der Geschichte der Wittlicher Lokale schrieb, erläuterte schließlich die Präsentation. Von den ältesten Lokalen mit so hübschen Namen wie „Zum Eber“, „Zum Bock“ oder zum „Weißen Roß“ bis zum legendären „Letzten Groschen“, „Stummen“ oder „Einarmigen Wirt“. „Bei W seht Ihr Wittlich, die liebliche Stadt, die Wein, genug Wirtshäuser und Tabak auch hat“ zitierte Klein das Rheinische Städtealphabet aus dem Jahre 1848. Die Statistik des Jahres 1796 berichtet von 1.236 Einwohnern und 38 Wirten; somit stand rein rechnerisch 33 Bürgern – da es eigentlich nur Männer gewesen sein werden, also die Hälfte – ein Lokal zur Verfügung. 2020 hingen mussten sich knapp 300 Bürgerinnen und Bürger eine gastronomische Einrichtung teilen.
Die Ausstellung im Alten Rathaus ist nach Örtlichkeiten gegliedert. Der Marktplatz als Zentrum hatte einst fünf Lokale vorzuzeigen, auch Neu- und Burgstraße müssen Einkehrmeilen gewesen sein. Und in der Oberstadt, bei der heutigen Stadtbücherei, befanden sich dicht an dicht gleich drei größere Hotels. Der sich dort damals befindliche Bahnhof brachte Gäste nach Wittlich. Aber auch die Einwohner von Bombogen, Dorf, Lüxem, Neuerburg und Wengerohr waren keine humorlosen Einzelgänger bevor sie Säubrenner wurden, wie die historischen Abbildungen der Lokale in den Stadtteilen belegen.
Im Alten Rathaus betrachteten die zahlreichen Gäste schließlich die Ausstellung, erinnerten sich an so manche Anekdote und bewiesen ausdauernd ihre Liebe zur Geselligkeit.
Am Donnerstag, dem 21. September 2023, um 18 Uhr, bietet das Kulturamt der Stadt Wittlich eine Kuratorenführung an. Eintritt: 5 Euro, verbindliche Anmeldung bitte unter 06571/1466-0 oder info@kulturamt.wittlich.de.