Anlässlich des Gedenktags am 9. November gedenken die Wittlicher Bürgerinnen und Bürger der verfolgten und ermordeten Juden, die durch die nationalsozialistische Verfolgung ums Leben kamen. In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 wurden im gesamten deutschen Gebiet hunderte Synagogen verwüstet und in Brand gesteckt, jüdische Friedhöfe geschändet und Geschäfte jüdischer Inhaber zerstört - der Tag wird heute als ‚Reichspogromnacht‘ bezeichnet. Hunderte Menschen kamen dabei ums Leben, tausende Juden wurden verhaftet und inhaftiert. In mahnender Erinnerung daran, dass Antisemitismus und Gewalt nicht toleriert werden dürfen, findet jedes Jahr eine Mahnwache von 17 bis 18 Uhr statt. Eine Stunde versammeln sich die freiwilligen Teilnehmer am Marktplatz vor dem Alten Rathaus und gedenken der Opfer schweigend, unterbrochen wird die Stille alle 15 Minuten von Schülerinnen und Schülern, die ausgewählte Texte vortragen, die sich auf die jüdische Geschichte Wittlichs beziehen. In diesem Jahr wurden Textbeiträge vorgebracht, die auf die Geschichte der Familie Albert und Rosa Ermann Bezug nehmen. Ursprünglich lebte die Familie in der Himmeroderstraße – Albert war Schneidermeister, seine Frau Rosa führte den Verkaufsladen im Erdgeschoss. Ihre Kinder flüchteten im Jahr 1933 aus Deutschland; Alberts und Rosa Ermann starben an den Folgen der Lagerbedingungen 1942 und 1943 in Theresienstadt.
Im Anschluss an die einstündige Mahnwache folgte der Gang zur Synagoge und die Kranzniederlegung. Beigeordnete der Stadt Elfriede Meurer richtete einige Worte an die Teilnehmenden. In der ehemaligen Synagoge begrüßte René Richtscheid vom städtischen Emil-Frank-Institut Gäste und Regisseur Andreas Berg, dessen Film ‚Verfolgt und umworben – Zweitausend Jahre jüdisches Erbe am Rhein‘ (SWR 2021) öffentlich gezeigt wurde. Andreas Berg (*1959) stammt gebürtig aus Wiesbaden, studierte Germanistik, Philosophie und Kunstgeschichte in Mainz und war von 1987 bis 2022 als Fernsehjournalist beim SWF – heute SWR – beschäftigt. Themengebiete der Jüdischen Religionsgeschichte und der Jüdischen Geschichte im Allgemeinen gehören zu den Schwerpunkten seiner Arbeit.