Der Verbandsgemeinderat hatte sich zuletzt in seiner Sitzung am 14.08.2024 mit der drohenden Schließung des Klinikums Mittelmosel bzw. dem Wegfall des Krankenhausstandortes in Zell (Mosel) befasst.
Aufgrund der wichtigen Funktion des Krankenhausstandortes Zell (Sicherung der stationären Versorgung, insbesondere der Notfallversorgung der Mittelmoselregion und Teile des Hunsrücks und der Eifel) hatte der Verbandsgemeinderat die Bedeutung des Klinikums in einer Resolution zum Erhalt des Mittelmoselklinikums zu Ausdruck gebracht. Die Resolution wurde zwischenzeitlich an zahlreiche politische Entscheidungsträger und Institutionen weitergeleitet. Den Adress-Verteiler sowie die hierauf eingegangen Rückantworten sind der Anlage zu entnehmen. Die Antworten auf ein zuvor an politische Entscheidungsträger in Bund und Land versandtes Unterstützungsersuchen des Bürgermeisters sind der Beschlussvorlage ebenfalls als Anlage beigefügt.
Nachdem sich die Pläne zur Umstrukturierung der stationären medizinischen Versorgung im Landkreis Cochem-Zell immer weiter verdichteten, fanden auf Initiative der Fraktionen im Verbandsgemeinde- und Stadtrat Zell und mit Unterstützung ehrenamtlich engagierter BürgerInnen und Bürger verschiedene Protestaktionen (Demonstrationen, Mahnwachen, und Übergabe einer gemeinsamen Petition mit mehr als 10.000 Unterstützungsunterschriften an Vertreter des Gesundheitsministeriums des Landes) statt.
Ungeachtet dessen, verfolgen die für die stationäre und ambulante Versorgung zuständigen Stellen, und zwar
1. das Gesundheitsministerium Rheinland-Pfalz,
(Hinweis: Gem. § 2 Landeskrankenhausgesetz (LKG) ist die Gewährleistung der Versorgung der Bevölkerung mit leistungsfähigen Krankenhäusern eine öffentliche Aufgabe des Landes, der Landkreise und der kreisfreien Städte (Sicherstellungsauftrag).
Das Land erfüllt seine Aufgabe besonders durch die Aufstellung des Landeskrankenhausplanes und des Investitionsprogramms und durch die öffentliche Förderung der Krankenhäuser (§ 2 Abs. 2 LKG)).
2. der Landkreis Cochem-Zell, als Träger der stationären Versorgung
(Hinweis: Gem. § 2 Abs 2 Landeskrankenhausgesetz erfüllen die Landkreise ihre Aufgabe als Pflichtaufgabe der Selbstverwaltung, indem sie Krankenhäuser errichten und unterhalten, soweit diese nicht von freigemeinnützigen, privaten oder anderen geeigneten Trägern errichtet und unterhalten werden können)
3. die Krankenhausträger,
Katharina Kasper ViaSalus GmbH, Dernbach / Alexianer Gruppe, Münster (für das Mittelmosel-Klinikum Zell)
die Marienhausgruppe, Berlin (für das Marienhauskrankenhaus Cochem)
(Hinweis: Gem. § 2 Abs. 2 LKG ist den freigemeinnützigen Trägern das vorrangige Recht eingeräumt, Krankenhäuser zu betreiben (Versorgungsauftrag))
4. die Krankenkassen
(Hinweis: Den gesetzlichen und privaten Krankenkassen obliegt die Mitfinanzierung der stationären medizinischen Versorgung (lfd. Betriebskosten), orientiert am Versorgungsauftrag und auf der Basis von Budgetvereinbarungen. Die Finanzierung erfolgt aktuell über Fallpauschalen und Sicherstellungszuschläge)
5. die Kassenärztliche Vereinigung (KV)
(Hinweis: Der Kassenärztlichen Vereinigung obliegt die Sicherstellung der ambulanten medizinischen Versorgung durch niedergelassene Ärzte)
weiterhin das in der Kreistagssitzung am 10.09.2024 vorgestellte „Konzept zur künftigen Sicherstellung der medizinischen Versorgung im Landkreis Cochem-Zell“.
Dieses Konzept beinhaltet folgende Eckpunkte:
Nicht beinhaltet, aber von Landrätin Beilstein als begleitende Maßnahme für erforderlich erachtet, ist ein Ausbau des Rettungsdienstes für den Bereich Zell.
Allgemeine Anmerkungen der Verwaltung:
Wie von Frau Landrätin Beilstein mitgeteilt, wurde das Konzept in einem 10-monatigen Verhandlungsprozess mit den zuständigen Finanzierungs- und Entscheidungsträgern ausgearbeitet.
Bürgermeister Hoffmann sowie weitere Vertreter der Verwaltung wurden im Detail erst in den Gesprächsprozess eingebunden, als die Bausteine des Konzepts aus Kosten- und Zeitgründen bereits als nicht mehr „verhandelbar“ eingestuft wurden. In allen Gesprächen unter Beteiligung der Verwaltung wurde von Bürgermeister Hoffmann vehement die Forderung vertreten, dass am Standort Zell auch in Zukunft im notwendigen Umfang eine stationäre Notfallversorgung und zwar zu jeder Zeit gewährleistet bleiben müsse. Im Verlauf der Gespräche wurde von den Kostenträgern darauf hingewiesen, dass eine stationäre Versorgung von Notfällen (z.B. Herzkatheterlabor, Traumazentrum) neben den ärztlichen Qualifikationen weitere Versorgungsangebote (Chirurgie, Innere Medizin, Anästhesie) voraussetze, was einem Angebot, wie es in Krankenhäusern der Grundversorgung vorgehalten werde, nahezu gleichkäme. Eine dahingehende Lösung mit zwei Krankenhausstandorten wurde abgelehnt.
Die Kreisverwaltung hat auf ihrer Internetseite zu den wichtigsten Fragen, Hintergründen und Inhalten des Konzeptes wie nachstehend wiedergegeben Stellung genommen (s. FAQs Internetseite des Landkreises www.zell.de).
Den Stellungnahmen sind im Folgenden jeweils Anmerkungen der Verwaltung beigefügt. Da die Verwaltung – wie erwähnt - an den entscheidenden, vorhergehenden Verhandlungsgesprächen nicht beteiligt war, und ihr somit die Beweggründe nicht unmittelbar und vollumfänglich bekannt sind, handelt es sich dabei um Einschätzungen und Bewertungen aufgrund der aktuellen Informationslage.
1. Gründe für die Einstellung der stationären Versorgung?
Stellungnahme der Kreisverwaltung:
„Sie ist das Ergebnis mehrerer Faktoren, darunter wirtschaftliche Herausforderungen, rückläufige Patientenzahlen, ein zunehmender Trend zur Ambulantisierung und der steigende Fachkräftemangel. Auch die unklare Perspektive des Standortes Zell im Rahmen der bevorstehenden Krankenhausreform trägt ihren Teil dazu bei.“
Anmerkung der Verwaltung:
Die Gründe sind zutreffend, aus Sicht der Verwaltung aber möglicherweise nicht vollständig wiedergegeben. Der Verwaltung ist bekannt, dass der Träger des Mittelmoselklinikums bereits seit einigen Jahren an einer engeren Abstimmung und Zusammenarbeit mit dem Krankenhausträger in Cochem interessiert war. Offenbar wurden mögliche Kooperationen aber aufgrund der dortigen fehlenden Bereitschaft, betriebswirtschaftliche Kennzahlen zur Verfügung zu stellen, nicht weiterverfolgt. Vor diesem Hintergrund ist aus Sicht der Verwaltung eine optimierte Verbundlösung der beiden Träger nie ernsthaft geprüft worden. Aufgrund einer fehlenden objektiven (ggf. externen) Analyse konnte auch ein gemeinsames Trägerkonzept, ggf. unter kommunaler Beteiligung nicht näher erörtert werden.
2. Welche medizinischen Angebote wird es im neuen Gesundheitszentrum Zell geben?
Stellungnahme der Kreisverwaltung:
„Anästhesie, Allgemeinmedizin, Allgemeinchirurgie, Gefäßchirurgie, Gynäkologie, HNO-Heilkunde, Gastroenterologie, Kardiologie, Neurologie, Psychotherapie / Psychiatrie, Radiologie, Pädiatrie (Kinderheilkunde), Unfallchirurgie, ein ambulantes Physiotherapie-Zentrum, eine spezialisierte ambulante Palliativversorgung (SAPV), Kurzeitpflegeplätze, ein Hospiz, ein ambulantes OP-Zentrum sowie über die Einbindung externer Partner Dialyse, Urologie, Augenheilkunde, Kinderheilkunde und Ergotherapie.“
Anmerkung der Verwaltung:
Ein Teil der ambulanten Angebote sind bereits heute am Standort etabliert (z.B. Gastroenterologie, Kinderheilkunde, Gynäkologie, HNO-Heilkunde, Radiologie) und ergänzen dort bereits das stationäre Angebot. Weitere Angebote (z.B. Kardiologie, Unfallchirurgie) werden bis dato stationär angeboten; eine Ambulantisierung bedingt die Zuweisung von Arztsitzen durch die Kassenärztliche Vereinigung. Die Vertreterin der KV hatte in der Sitzung des Kreistages erklärt, dass die Entscheidung über die Zuweisung von Arztsitzen einem Zulassungsausschuss obliegt, der die Entscheidung nach Beteiligung der vor Ort niedergelassenen Ärzte trifft.
Auch die Etablierung von Kurzzeitpflegeplätzen und weiterer Angebote sind - trotz 10-monatiger Verhandlungsphase - aktuell noch als „Konzeptbausteine“, deren Umsetzung noch der Letztentscheidung bedürfen, anzusehen.
3. Warum kann es nicht auch zukünftig zwei Krankenhäuser im Landkreis Cochem-Zell geben?
Stellungnahme der Kreisverwaltung:
„Beide Krankenhäuser sind nur zur Hälfte ausgelastet. Es herrscht zudem ein akuter Fachkräftemangel, da das Fachkräftepotenzial in der Region für zwei Krankenhäuser nicht ausreicht und daher bereits das Leistungsangebot reduziert wurde. Cochem-Zell hatte bisher, bezogen auf die Einwohnerzahl und unter Berücksichtigung der Einzugsbereiche benachbarter Krankenhausstandorte, eine überdurchschnittlich hohes stationäres Versorgungsangebot. Der Trend zur Ambulantisierung verstärkt den bereits eingetretenen Rückgang bei den Patientenzahlen. In der Konsequenz reicht das System zur Krankenhausfinanzierung, trotz der Gewährung von Sicherstellungszuschlägen, nicht aus, um zwei Krankenhäuser zu finanzieren. Die Kostenträger wollen daher zukünftig nur noch ein Krankenhaus finanzieren.“
Anmerkung der Verwaltung:
Wie zu Frage 1 ausgeführt, hat eine objektive Analyse, ob es eine Verbundlösung in reduzierter Form (mit einem Standortschwerpunkt „Stationäre Notfallversorgung“) an zwei Standorten und ggf. unter kommunaler Beteiligung nicht stattgefunden. In diesem Punkt ist die Informationslage aus Sicht der Verwaltung unvollständig.
4. Gibt es seitens des Landkreises eine Priorisierung des Standortes?
Stellungnahme der Kreisverwaltung:
„Nein.“
Anmerkung der Verwaltung:
Eine Priorisierung durch aktuellen Beschluss des Kreistages ist der Verwaltung nicht bekannt.
In der Vergangenheit hat sich der Landkreis Cochem-Zell allerdings mit einem Betrag von rd. 16.000.000 DM an den Investitionskosten zum damaligen Neubau des Krankenhauses in Cochem beteiligt.
Ob und von wem in den Verhandlungsgesprächen eine Priorisierung (ohne Beschluss des Kreistages) stattgefunden hat, ist ebenfalls nicht bekannt. In diesem Zusammenhang stellt sich allerdings die Frage, ob bei den Krankenhausträgern selbst auf eine objektive Analyse aller Möglichkeiten der Zusammenarbeit gedrungen wurde (s. Anmerkungen zu Frage 1. und 3.).
5. Warum wird das Klinikum Mittelmosel und nicht das Marienhaus Cochem geschlossen?
Stellungnahme der Kreisverwaltung:
„Das Klinikum in Zell verfügt bereits über eine bessere ambulante Struktur, die sich gut für den Ausbau und die zukünftige Entwicklung anbietet. Im Gegensatz dazu ist die bauliche Infrastruktur in Cochem besser auf die stationäre Versorgung ausgelegt. Zudem besteht im Klinikum Mittelmosel ein hoher Sanierungsstau. Dringend notwendige Investitionen können nicht getätigt werden, da das Land als zuständiger Kostenträger hierzu aufgrund der stationären Überkapazitäten im Landkreis Cochem-Zell nicht bereit ist. Deshalb ist es sinnvoller, die stationären Leistungen am Standort Cochem zu bündeln, während Zell auf die Stärkung und den Ausbau der ambulanten Versorgung zu einem ambulanten Gesundheitszentrum setzt. So werden die vorhandenen Ressourcen optimal genutzt und es erfolgt gleichzeitig eine Anpassung an die Anforderungen einer zukunftsfähigen Gesundheitsversorgung.“
Anmerkung der Verwaltung:
Vor dem Hintergrund, dass sich Patienten bei planbaren stationären Krankenhausaufenthalten verstärkt für größere, spezialisierte Zentren entscheiden, ist aus Sicht der Verwaltung für die Zukunft sowohl in Cochem als auch in Zell neben den Angeboten der Grundversorgung ein Hauptaugenmerk auf die Stationäre Notfallversorgung zu legen. In diesem Punkt ist das Klinikum Mittelmosel deutlich besser aufgestellt, als das Krankenhaus in Cochem. In dieser Hinsicht ist der Krankenhausstandort in Zell für einen deutlich größeren Teil der Bevölkerung von herausragender Bedeutung als der Standort Cochem. Aus dem von den Krankenkassen veröffentlichten „Klinik - Simulator“ (s. www.gkv-kliniksimulator) wird deutlich, dass im Falle der Schließung des Standortes in Cochem ca. 7.447 BürgerInnen in dem Sinne unterversorgt wären, als sie Fahrzeiten von mehr als einer halben Stunde in Kauf nehmen müssten. Im Falle der Schließung des Standortes in Zell tritt hingegen in diesem Sinne eine Unterversorgung für ca. 18.463 Menschen ein!
Die Höhe der Investitionskosten kann nicht der maßgebliche Faktor für Standortentscheidungen sein, die für einen langfristigen Planungszeitraum getroffen werden. Andernfalls besteht die Gefahr, dass strategisch besser geeignete Standorte, also Standorte die ein maximal mögliches Versorgungsangebot vorhalten und für eine maximal mögliche Zahl an Patienten besser erreichbar sind, geschlossen werden, strategisch ungünstig gelegene Einrichtungen hingegen allein aufgrund temporär niedrigerer Investitionskosten erhalten werden.
Abgesehen von den Sanierungs- bzw. Investitionskosten sprechen aus Sicht der Verwaltung alle anderen Entscheidungsparameter für den Standort Zell. Auch in dieser Hinsicht wäre eine (bislang nicht vorhandene) objektive Analyse der Situation im Landkreis Cochem-Zell für die Entscheidungsfindung äußerst hilfreich.
6. Welche Veränderungen sind am Marienkrankenhaus Cochem geplant, um die stationäre Versorgung dauerhaft sicherzustellen?
Stellungnahme der Kreisverwaltung:
„Geplant sind u. a. telemedizinische Angebote zur Anbindung des Marienkrankenhauses an eine höhere oder spezialisiertere Versorgungsstufe. Digitale Patientenüberleitung, eine elektronische Patientenvisite und eine telemedizinische Delegation sollen das Angebot ergänzen. Darüber hinaus soll das Leistungsspektrum noch weiter an die Bedürfnisse einer alternden Bevölkerung angepasst und ausgebaut werden. Nach Auswertung der Patientenströme wird mit einem Patientenzuwachs im Umfang von rd. 10% aus dem bisherigen Einzugsbereich des Klinikums Mittelmosel gerechnet.“
Anmerkung der Verwaltung:
Die Ausführungen gehen auf die Einlassungen des Krankenhausträgers in der Sitzung des Kreistages zurück. Es erscheint mehr als fraglich, ob durch telemedizinische Angebote und einen erhofften Zuwachs im Patientenzustrom von 10 v.H. der Krankenhausstandort dauerhaft wirtschaftlich betrieben werden kann. Die Ausführungen enthalten keine fundierten Aussagen dazu, welche Versorgungsangebote, die auch für Menschen aus der Mittelmoselregion sowie Teilen des Hunsrücks und der Eifel von Bedeutung sind, wie ausgebaut werden sollen. Insbesondere werden keine Aussagen zu Notfallangeboten getroffen. Die Ausführungen des Trägers in der Kreistagssitzung vermitteln denselben passiven und unverbindlichen Eindruck, der aus den Verhandlungsgesprächen über mögliche Kooperationen mit dem Krankenhausstandort Zell berichtet wurde. Aufgrund der vielen noch offenen Fragen kann objektiv betrachtet derzeit jedenfalls nicht von einem belastbaren „Medizinischen Versorgungskonzept“ für den Landkreis gesprochen werden.
7. Ist die stationäre Versorgung im Landkreis Cochem-Zell weiterhin ausreichend sichergestellt?
Stellungnahme der Kreisverwaltung
„Durch das Marienkrankenhaus Cochem und eine Kooperation mit umliegenden Krankenhäusern (z. B. Wittlich, Simmern) wird die stationäre Versorgung sichergestellt. Bereits heute suchen Patienten für planbare Operationen überwiegend entsprechende Fachkliniken auf. Zudem gibt es bereits jetzt viele Fälle, die in einem Krankenhaus auflaufen, eigentlich aber eine ambulante Behandlung erfordern. Durch verbesserte Patientensteuerung sollen diese zukünftig im Gesundheitszentrum Zell behandelt werden, sodass der stationäre Versorgungsbedarf, verstärkt durch zunehmende Ambulantisierung, insgesamt sinken soll.“
Anmerkung der Verwaltung:
Nach Ansicht der Verwaltung kann die stationäre Versorgung im Landkreis Cochem-Zell und insbesondere in der Region Mittelmosel nur dann als „sichergestellt“ angesehen werden, wenn die Bürgerinnen und Bürger die Leistungen in „zumutbarer“ Entfernung in Anspruch nehmen können. Insofern zeigt der GKV Klinik-Simulator, dass dies nach einer Schließung des Standortes in Zell für über 18000 Menschen nicht der Fall sein wird. Ein Großteil der Betroffenen wird zukünftig Anfahrtswege von sogar 40 Minuten und länger in Kauf nehmen müssen. Gerade für die Versorgung in Notfällen, bei denen es auf jede Minute ankommt, sind derart lange Fahrzeiten unzumutbar.
8. Ist die Notfallversorgung, insbesondere in der Verbandsgemeinde Zell weiterhin sichergestellt?
Stellungnahme der Kreisverwaltung:
„Die Landrätin hat sich bis zuletzt in den Gesprächen mit den Beteiligten für eine 24/7 Notfallversorgung eingesetzt. Dies war nicht umsetzbar. Daher ist nach Auffassung des Landkreises in diesem Punkt noch eine weitere Betrachtung und eine Nachjustierung erforderlich. Die Strukturen im Bereich Notfallversorgung / Rettungswesen werden überprüft und ggf. angepasst. Hierzu wird die Landrätin nun unter Einbeziehung hiesiger Notärzte in Gespräche mit dem Ministerium und der zuständigen Rettungsdienstbehörde gehen. Darüber hinaus hat Gesundheitsminister Hoch in der Kreistagssitzung am 10.09.2024 angekündigt, kurzfristig ein zusätzliches Rettungsmittel in Form eines Rettungswagens zur Verfügung zu stellen.“
Anmerkung der Verwaltung:
Für die Menschen in der Region Mittelmosel wird es in Zukunft eine Notfallversorgung geben. Allerdings werden sich die Rettungszeiten in vielen Fällen erheblich verlängern.
Die aktuelle Versorgungssituation und die Auswirkungen der Standortschließung in Zell wurde von aktiven Notärzten in einem Artikel der Rheinzeitung vom 09.09.2024 sehr klar geschildert (s. Anlage).
Bei einem Wegfall der Behandlungsmöglichkeiten am Standort Zell, insbesondere von Herzinfarkt- und Schlaganfallpatienten, werden sich durch die längeren Anfahrtswege zu den stationären Notfalleinrichtungen in Wittlich, Bad Kreuznach, Trier oder Koblenz für die Menschen an der Mittelmosel und Teilen des Hunsrücks und der Eifel erhebliche Nachteile und Risiken ergeben. Aufgrund der sich abzeichnenden demographischen Entwicklung sind diese Risiken zukünftig noch deutlich höher zu gewichten.
Ob eine Notfallversorgung in Zukunft ausschließlich durch den verstärkten Einsatz von Rettungsmitteln sichergestellt werden kann, wird – in Ermangelung von Erfahrungswerten – die Praxis zeigen müssen.
9. Wäre es mit finanzieller Unterstützung des Landkreises möglich, weiterhin an beiden Standorten eine stationäre Versorgung vorzuhalten?
Stellungnahme der Kreisverwaltung:
„Dies haben die Träger abgelehnt, da sie keine Zukunft in der aktuellen Struktur sehen. Auch eine gemeinsame Trägerschaft mit beispielsweise zwei Krankenhausstandorten und finanzieller Unterstützung seitens des Landkreises bot keine Option und wurde abgelehnt.“
Anmerkungen der Verwaltung:
Die Ausführungen sind aus Sicht der Verwaltung fraglich. Siehe hierzu Ausführungen zu Fragen 1., 3. und 4. In Besprechungen der Verwaltung mit dem Krankenhausträger Zell wurde jedenfalls immer wieder betont, dass man auch weiterhin bereit sei, ein Krankenhaus zu betreiben, wenn eine auskömmliche Finanzierung sichergestellt sei.
10. Warum wurde nicht zuerst die bevorstehende Krankenhausreform abgewartet?
Stellungnahme der Kreisverwaltung:
„Derzeit ist offen, wann die Umsetzung der geplanten Reform erfolgt. Nach Einschätzung der Beteiligten wird die Reform keine Verbesserungen für kleine Krankenhäuser im ländlichen Raum bringen. Es werden vielmehr die Anforderungen an zu erbringende Leistungen steigen. Insofern war ein Zuwarten auf die Reform keine Option und hätte zudem die Gefahr erhöht, dass beide Krankenhäuser im Landkreis kurzfristig schließen müssen.“
Anmerkung der Verwaltung:
Aus den Ausführungen ist nicht zu entnehmen, ob gemeinsam mit den Finanzierungs- und den Betriebsträgern etwa über eine Brückenfinanzierung ggf. unter Beteiligung der Kommunen gesprochen wurde, wie dies in anderen Landkreisen praktiziert wird. Dies hätte in mehrerlei Hinsicht Vorteile:
| (1) | Keine vorschnelle Schließung von Standorten und Zerschlagung von bestehenden Infrastrukturen |
| (2) | Der Zeitgewinn hätte genutzt werden können, um |
|
| a) die Zusammenarbeit beider Krankenhäuser und ggf. Umstrukturierungsmaßnahmen unter Berücksichtigung der bevorstehenden Krankenhausreform objektiv zu analysieren und |
|
| b) ggf. belastbare Konzepte für eine alternative Notfallversorgung zu erarbeiten unter Berücksichtigung der realen Bedingungen (u.a. tatsächliche Anfahrtszeiten, Versorgungsangebote, Kapazitäten Ausbauplanungen der benachbarten Krankenhäuser). |
11. Welche Entscheidungskompetenz hat der Landkreis?
Stellungnahme der Kreisverwaltung:
„Die Entscheidung, ob und in welcher Form die Versorgung an den Standorten in Zell und Cochem weitergeführt wird, liegt ausschließlich bei den jeweiligen Trägern.“
Anmerkung der Verwaltung:
Die Antwort ist unvollständig. Die Aufgabe der stationären Versorgung liegt im Falle der Rückgabe des Versorgungsauftrages durch freigemeinnützige Träger beim Landkreis (Sicherstellungsauftrag gem. § 2 LKG). Die Landkreise stehen danach ggf. in der Pflicht ggf. eigene Krankenhäuser zu betreiben, wenn eine bedarfsgerechte Versorgung nicht durch andere Träger gewährleistet ist.
12. Wer hat die Entscheidung getroffen, die stationäre Versorgung am Standort Zell aufzugeben?
Stellungnahme der Kreisverwaltung:
„Im Rahmen der Umsetzung des gemeinsam erarbeiteten Konzeptes zur Sicherstellung der zukünftigen medizinischen Versorgung hat der Träger des Klinikum Mittelmosel in Zell, die Dernbacher Gruppe Katharina Kasper, die Entscheidung getroffen, die stationäre Versorgung einzustellen.“
Anmerkung der Verwaltung:
Die Antwort ist unvollständig, da aus Sicht der Verwaltung nicht alle Handlungsoptionen nachvollziehbar geprüft und auf ihre Auswirkungen hin analysiert wurden. Ein gemeinsames Trägerkonzept unter grundlegenden Umstrukturierungsmaßnahmen und eventueller kommunaler Beteiligung mit dem Ziel einer auskömmlichen Finanzierung des Krankenhausbetriebes in Zell wurde nicht tiefergehend geprüft.
Es ist offensichtlich, dass der Träger des Mittelmoselklinikums unter den gegebenen Rahmenbedingungen und bei einer gleichzeitig (im Falle der Schließung) in Aussicht gestellten finanziellen Unterstützung aus dem Krankenhaustrukturfonds / Transformationsfonds keine andere Entscheidungsalternative gesehen hat.
Zusammenfassende Einschätzung der Verwaltung:
Die stationäre Gesundheitsversorgung in der Mittelmoselregion kann im Falle einer Schließung des Krankenhauses in Zell nur durch Inanspruchnahme von Versorgungsangeboten in benachbarten Landkreisen sichergestellt werden. Aufgrund der deutlich längeren Anfahrtswege dorthin wird sich die Situation für die Menschen in den betroffenen Regionen deutlich verschlechtern. Dies insbesondere in zeitkritischen Notfallsituationen. In dieser Hinsicht sind nach den Auswertungen des „GKV Klinik-Simulators“ in der Region Mittelmosel / Hunsrück und Teilen der Eifel über 18.000 Menschen unterversorgt! In den Verhandlungsrunden mit dem Gesundheitsministerium sowie den Betriebs- und Kostenträgern sowie der KV wurde aus Sicht der Verwaltung nicht die für die Mehrzahl der betroffenen Bürgerinnen und Bürger aus medizinischer Sicht beste Lösung gesucht, sondern die für die beteiligten Parteien schnellste und (unter Ausblendung des Kosten-Nutzen-Verhältnisses) vermeintlich kostengünstigste Lösung.
Vor diesem Hintergrund hält die Verwaltung es für unabdingbar, dass der Landkreis in Abstimmung mit dem Gesundheitsministerium, den Krankenkassen und der Kassenärztlichen Vereinigung - dem Sicherstellungsauftrag folgend -,
| b) | bis zum Abschluss der damit einhergehenden Untersuchungen und Verhandlungen auf eine Zwischenfinanzierung ohne Vorbehalte hinwirkt und |
| c) | die so gewonnene Zeit nutzt, um offensichtliche Unklarheiten zu auszuräumen und unter Einbindung des Innenministeriums und der Rettungsdienste ein belastbares Rettungskonzept für den Fall einer Schließung des Standortes in Zell ausarbeitet. |
Beschluss:
Der Verbandsgemeinderat fordert den Landkreis Cochem-Zell sowie das Gesundheitsministerium, die Krankenkassen und die Kassenärztlichen Vereinigung auf, dem Sicherstellungsauftrag gem. § 2 Landeskrankenhausgesetz folgend, weitergehend
| (1) | die Möglichkeiten eines gemeinsamen Versorgungskonzeptes auf der Grundlage objektiver Analysen und unter Einbeziehung alternativer stationärer Konzepte und Pilotprojekte (Bildung von Schwerpunkten der stationären Notfallversorgung) zu prüfen und dabei auch die Möglichkeit zu berücksichtigen, dass der Standort Cochem dauerhaft nicht wirtschaftlich betrieben werden kann, |
| (2) | bis zum Abschluss der damit einhergehenden Untersuchungen und Verhandlungen auf eine Zwischenfinanzierung ohne Vorbehalte hinzuwirken und |
| (3) | die so gewonnene Zeit zu nutzen, um offensichtliche Unklarheiten auszuräumen und unter Einbindung des Innenministeriums und der Rettungsdienste ein belastbares Rettungskonzept für den Fall einer Schließung des Standortes in Zell auszuarbeiten. |
| (4) | Zugleich wird die Verwaltung ermächtigt, im Weiteren Verfahren eine fachliche Beratung sowie eine rechtliche Überprüfung möglicher Ansprüche auf Sicherstellung der medizinischen Versorgung in Abstimmung mit dem Ältestenrat zu beauftragen |
Die Verwaltung wird gebeten, sich in den dahingehenden Verhandlungsprozess konstruktiv einzubringen.
Abstimmungsergebnis:
Einstimmig angenommen