Was passiert, wenn es nach 70 Jahren keine Zeitzeugen mehr gibt, die von antisemitischer Verfolgung während der NS-Zeit und Exil erzählen können? Wie wird sich unser Erinnern verändern?
Gemeinsam mit dem St. Matthias-Gymnasium Gerolstein veranstaltet das Forum Eine Welt e.V.
am Mittwoch, 8. März 2023 um 18 Uhr
im Rathaus Gerolstein, Sitzungssaal,
eine Gedenkveranstaltung zum Holocaust.
Im Mittelpunkt des gemeinsamen Projekts steht die interaktive 3-D-Befragung des Shoa-Zeitzeugen Kurt Salomon Maier. Die Frage-Antwort-Interaktion wird am Vormittag des 8. März den 10. Klassen des St. Matthias-Gymnasiums präsentiert. Alle am Schicksal der Gerolsteiner Juden Interessierten sind eingeladen, am Abend um 18 Uhr im Rathaus Gerolstein aktiv den virtuellen Zeitzeugen zu NS-Terror und Exil zu befragen.
Zum Hintergrund: Das Deutsche Exilarchiv 1933-1945 der Deutschen Nationalbibliothek hat gemeinsam mit der USC Shoah Foundation ein Zeitzeugen-Interview von Kurt Salomon Maier, der 1930 in Kippenheim (Baden) geboren wurde, erstellt. Seine Eltern betrieben dort ein kleines Geschäft für Stoffe, Schuhe und Kurzwaren. Nach den Novemberpogromen kam es auch in Kippenheim zu antisemitischen Ausschreitungen und Verwüstungen. 1940 wurde die Familie wie sämtliche badische Juden in das Lager Gurs in den Pyrenäen deportiert. Weil sie 1941 Ausreisepapiere für die USA erhielten, gehörte Familie Maier zu den wenigen Inhaftierten, die später nicht in die Vernichtungslager verschleppt wurden. Kurt S. Maier absolvierte in Amerika ein Studium der deutschen Literatur und Geschichte und arbeitet bis heute an der Library of Congress in Washington. Für sein Engagement als Zeitzeuge der Shoah wurde Dr. Maier 2010 der Verdienstorden des Landes Baden-Württemberg und 2019 das Bundesverdienstkreuz verliehen.
Was ist ein interaktives Zeitzeugnis? Das Interview für das Zeitzeugnis von Dr. Kurt S. Maier wurde im Juli 2021 an insgesamt 5 Tagen in Washington D.C. aufgezeichnet. Mit der interaktiven Technik wird der Eindruck einer realen Gesprächssituation erzeugt. Hierbei sitzen Zeitzeugen in einer Greenscreen-Umgebung vor Kameras und einem Mikrofon. Jede Antwort wird als separater Videoclip aufgezeichnet. So entsteht eine Datenbank, die durch mündlich gestellte Fragen der Endnutzer abgerufen werden kann. Mit Hilfe von Spracherkennungs-Technologie wandelt das System die gesprochenen Fragen in Suchbegriffe um. Das System ordnet die Suchbegriffe jeweils der Antwort des Zeitzeugen oder der Zeitzeugin zu, die am besten passt. Anschließend wird der zugehörige Videoclip abgespielt, sodass der Eindruck eines realen Gesprächs entstehen kann. Textinformationen und Bildmaterial: Deutsches Exilarchiv 1933-1945 der Deutschen Nationalbibliothek Frankfurt