anbei meine Rede zum Volkstrauertag 2022. Nach den 3 Gedenkfeiern gab es vereinzelt Kritik über den Ablauf und ob man nicht über eine zentrale Gedenkfeier nachdenken könne, welche dann rollierend in unseren drei Ortsteilen durchgeführt wird. Wir werden dies mit VdK, Evangelischen Kirchengemeinden und intern in der Gemeindeverwaltung besprechen.
Vielen Dank an dieser Stelle an die TSG Worfelden, Gesangverein Frohsinn, Blasorchester Büttelborn, Männergesangverein Liederkranz für die musikalische Begleitung und Danke auch an Jana Schäfer, Claudia Weller, Dirk Bölts und Frank Peter Niedling für den reibungslosen Ablauf und Bebilderung der Gedenkfeiern.
am vergangenen Mittwoch gedachten wir dem jüdischen Volk und den Gräueltaten der Nazis in der Reichsprognomnacht aus 1938 und 4 Tage später gedenken wir den unzähligen Opfern der 1. Und 2. Weltkriege am heutigen Volkstrauertag.
Seinen Ursprung hat der Volkstrauertag bereits in den 1920er-Jahren. Denn schon kurz nach Ende des Ersten Weltkrieges führte der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge den Volkstrauertag ein.
Die damalige Intention: Ein Gedenken an die gefallenen Soldaten des Ersten Weltkrieges zu schaffen.
Der Deutsche Reichstag - noch in der Weimarer Republik - übernahm die Idee anlässlich einer feierlichen Gedenkstunde im Jahr 1922 zum ersten Mal. Vier Jahre später, im Jahr 1926, traf man die Entscheidung, den Volkstrauertag jährlich auf den fünften Sonntag vor Ostern zu legen. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten im Jahr 1933 wurde aus dem Volkstrauertag der „Heldengedenktag“.
Die Gründung der Bundesrepublik Deutschland 1949 legte den Grundstein für den heutigen Volkstrauertag. So traf man Anfang der 1950er-Jahre die Entscheidung, den Volkstrauertag auf den zweiten Sonntag vor dem ersten Advent zu legen. Ziel war es, sich nicht nur inhaltlich, sondern auch terminlich vom „Heldengedenktag“ der Nationalsozialisten zu distanzieren.
Und Geschichte wiederholt sich leider, wie wir am 24. Februar diesen Jahres mit dem Einmarsch der Russischen Armee in die Ukraine schmerzhaft feststellen mussten. Dazu paßt auch der Wunsch einer Rechtsaußen positionierten Partei welche sich einen kalten Winter wünscht um damit auf Stimmenfang zu gehen und die Gesellschaft versucht zu spalten. Ein unwürdiger Wunsch und dem sollten wir entschieden entgegentreten und dieser perfiden Strategie nicht auf den Leim gehen.
In Zeiten, wo das Flüchtlingsthema nicht mehr allbeherrschend ist, sucht man sich halt andere Themen und startet Versuche die Bevölkerung zu manipulieren und zum Teil gelingt dies ja auch. Einer aktuellen Umfrage im Deutschlandtrend liegt diese Partei bei 15% in der Wählergunst und das ist für mich persönlich ein erschreckend hoher Prozentsatz! In dieser Partei tummeln sich zwar nicht „nur“ Faschisten, aber man sollte ganz genau darauf achten wie versucht wird Stimmung zu machen und Menschen gegeneinander aufzuwiegeln.
Aber das ist ja nicht nur ein deutsches Phänomen, auch in anderen Europäischen Nachbarländern wie Ungarn, Polen oder aktuell auch in Schweden, Frankreich und Italien erfahren rechts gerichtete Parteien einen enormen Zulauf und dies gipfelte vor kurzem mit der Ernennung von Giorgia Meloni zur ersten Ministerpräsidentin in Italien. Keine guten Entwicklungen in Europa und dem Rest der Welt wie man aktuell auch an der Irrfahrt der Ocean Viking im Mittelmeer bestaunen durfte. Nachdem die Odyssee nun in einem französischen Hafen ein glückliches Ende gefunden hat, konnte man daran erkennen wie hart um solche Flüchtlingsthemen / Flüchtlingsdramen gerungen wird, in diesem Fall zwischen Italien und Frankreich.
Deutschland zeigt seine Solidarität und übernimmt einen Teil der Afrikanischen Immigranten und wir brauchen dringend einen europäischen Verteilungsschlüssel um diese Problematik nicht alleine den südeuropäischen Staaten wie Spanien, Italien, Griechenland oder auch Malta zu überlassen die damit einfach überfordert sind. Einen Verteilungsschlüssel anhand der Bevölkerungszahl und des Bruttoinlandsproduktes wäre wahrscheinlich ein fairer Ansatz aber dazu müssen derzeit noch alle EU-Mitgliedsstaaten zustimmen. Auch diese Art von Demokratie gehört dringend reformiert, denn es ist utopisch zu glauben, dass bei solchen Brisanzthemen alle 27 Unionmitgliedsstaaten ihre Ja-Stimme abgeben. In Bezug auf Menschenrechte bekommt die Welt ab kommenden Sonntag auch ein Musterbeispiel in Form eines Fußballturniers präsentiert, wie alle Entscheider dem Geld erlegen sind und Menschenleben nichts mehr zählen.
Dazu passt auch der gestrige Kommentar im Darmstädter Echo von Florian Schlecht zu den Hilfen für WM-Arbeiter die teils unter ähnlichen Verhältnissen Zwangsarbeiten verrichten mussten die an die Zeit im 2. Weltkrieg in den Konzentrationslagern erinnern.
Unter welch furchtbaren Umständen viele Arbeitsmigranten in Qatar die Stadien für die Fußballweltmeisterschaft gebaut haben, ist Fußballfans seit Jahren hinlänglich bekannt. Die Qualen der Betroffenen in Sonntagsreden zu beklagen, ist redlich und deshalb tue ich dies auch heute. Sie zu entschädigen wäre aber sinnvoller. Umso mehr ist die Initiative „boycottQatar2022“ zu loben. Diese hat den Deutschen Fußballbund aufgefordert, das Preisgeld der bevorstehenden WM für die Menschen und Angehörigen einzusetzen, die beim Bau der riesigen WM-Arenen über Jahre so schamlos ausgebeutet wurden. Auch wenn der DFB - neben dem Dialog mit Fans - auf die Zuständigkeit der FIFA verweist, lässt sich nicht daran rütteln, dass damit ein guter Gedanke auf dem Markt ist. Denn mit einer Prämie, die sich bis auf 42 Million US-Dollar belaufen kann, ist nicht nur mancher Lotto Jackpot gut gefüllt, sondern auch viele Menschen in ärmeren Ländern unter die Arme gegriffen. Wer sich hier auf die FIFA verlässt die mit ihrem Fußball Wanderzirkus traditionell auf das große Geldscheffeln setzt, ist schnell verlassen trotz ihrer bestehenden Menschenrechtsstatuten, die - kein Witz, wirklich existieren. Den DFB hindert nichts daran, mit gutem Beispiel voranzugehen und zumindest einen Teil des Geldes an Betroffene des WM-Desasters zu spenden. Handfeste Hilfen nutzen Menschen mehr als blumige Worte und irgendwie fand ich den Kommentar von Herrn Schlecht passend für den heutigen Volkstrauertag.
Es kann doch in Zeiten wie diesen nicht angehen, dass rund 6000 Menschen ihr Leben lassen müssen nur damit eine Fußballweltmeisterschaft in Qatar stattfinden kann, dies ist mir einfach unbegreiflich. Aber scheinbar geht es nicht nur mir so, dass keine rechte Stimmung in Bezug auf die WM aufkommen will. Man muss nur beim Einkaufen die Augen offen halten denn auch im Einzelhandel nimmt man kaum Notiz auf dieses Event, auf welches man sich zuvor immer alle 4 Jahre gefreut hat.
Aber zurück zum heutigen Volkstrauertag, bei dem wir den Gefallenen der beiden Weltkriege gedenken und ich persönlich denke seit dem 24. Februar nicht nur an den Geburtstag meines Vaters, sondern auch daran, dass mit dem Krieg in der Ukraine es leider wieder Tatsache wurde, dass sich 2 Nationen auf europäischem Boden bekriegen. Meine Eltern, Geschwister und ich sind mit der Hoffnung groß geworden das sich dies nach dem Ende des 2. Weltkrieges nicht mehr wiederholt, aber wir sind eines Besseren belehrt worden. Derzeit hat man ab und an aber auch den Eindruck das der Krieg ein wenig aus den Schlagzeilen gerät obwohl weiterhin täglich Menschen ihr Leben in der Ukraine lassen. Und wenn man an Geflohene aus dem 2. Weltkrieg denkt, welche in die Ukraine gezogen sind und nun feststellen, dass sich Geschichte wiederholt, ist es ihnen nicht zu verübeln, wenn der Glaube an eine friedliche Menschheit und ein friedliches Miteinander abhandenkommt.
Nichtsdestotrotz stehen wir als Gemeinde Büttelborn an der Seite der Ukrainer und versuchen unseren Teil der Solidarität mit den Menschen zu zeigen, und zwar in Form der Aufnahme von Geflüchteten. Parallel zum Seniorennachmittag in der vergangenen Woche in Klein-Gerau hat mir Heinz Flauaus eine schöne Anekdote zur Flüchtlingssituation in unserem kleinsten Ortsteil berichtet. Er vermisse zwar seine Nachbarin, welche gegenüber von ihm gewohnt hat und nun zu ihrer Tochter gezogen ist, aber mit dem Einzug einer ukrainischen Großfamilie mit 8 Kindern ist nun Leben in der Straße. Die Menschen wären sehr zugänglich und würden sich bemühen sich zu integrieren und das ist doch ein schönes Beispiel bezüglich des gemeinsamen Miteinander. Aktuell haben 59 Menschen Zuflucht in verschiedenen Einrichtungen in unserer Großgemeinde gefunden - Tendenz steigend. Beim gestrigen Seniorennachmittag in Worfelden hat mir unser Landrat Thomas Will berichtet, dass rund 50 bis 60 Flüchtlinge wöchentlich in den Kreis Groß-Gerau kommen und es der Kreisverwaltung derzeit „noch“ gelingt diese auch unterzubringen. Wobei der Sozialdezernent des Kreises parallel alle Kommunen im Kreis GG nach weiteren Einrichtungen für die Aufnahme von Geflüchteten angefragt hat. Wir versuchen diese Menschen zu integrieren wobei die allermeisten von Ihnen ein schnelles Ende des Krieges erhoffen, um in ihr Heimatland zurückkehren zu können. Dieser Hoffnung schließe ich mich an und nun lassen sie uns kurz innehalten, um danach die Kränze ans Mahnmal der Gefallenen zu legen, vielen Dank.