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Kelsterbach aktuell
Ausgabe 12/2023
Seite 3
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Der lange Weg zur Gleichberechtigung

Meilensteine und Schreckmomente der Geschichte der Gleichberechtigung in Deutschland

19. März 1911 in Deutschland wird der erste Internationale Frauentag gefeiert. Ziel ist, die Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau voranzubringen und das Frauenwahlrecht einzuführen.

November 1918 Der Rat der Volksbeauftragten räumt das aktive und passive Frauenwahlrecht ein. Rund 17 Millionen wahlberechtigte Frauen dürfen am 19. Januar 1919 das erste Mal ihre Stimme abgeben, damals bei der Wahl der Weimarer Nationalversammlung.

1930 In Frankfurt gründet eine Bürgerin den ersten Deutschen Damen Fußball Club Frankfurt. Die interessierten Damen werden nicht nur schlimm beschimpft, sondern beim Training auch mit Steinen beworfen. Ein Jahr später ist der Damen Fußball Club aufgelöst.

1949 Die Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau wird auf Engagement von vier Politikerinnen in das Grundgesetz aufgenommen.

24. Januar 1952 Der Deutsche Bundestag verabschiedet das Gesetz zum Schutz der erwerbstätigen Mutter. Mütter dürfen nun sechs Wochen vor und nach der Geburt zu Hause bleiben, Nachtarbeit, Sonntagsarbeit und Kündigung bis zu vier Monate nach der Geburt sind fortan verboten.

18. Juni 1957 Der Gehorsamkeitsparagraph wird ersatzlos aus dem Grundgesetz gestrichen. Da er sich mit der 1949 im Grundgesetz verankerten Gleichberechtigung nicht vereinbaren lässt, wird der Paragraph, der dem Mann die Entscheidung in allen Angelegenheiten, die das gemeinschaftliche Leben betreffen, zugesteht, inklusive Wohnort sowie Wohnung, ersatzlos gestrichen.

1958 Finanzen: Frauen dürfen selbstständig über ihr Vermögen verfügen und ein eigenes Konto eröffnen.

Arbeit: Der Mann konnte bis 1958 über ein Dienstverhältnis seiner Frau entscheiden, also sagen ob und wo sie arbeitet. Ebenso konnte er es jederzeit ohne ihr Einverständnis kündigen. Seit 1958 dürfen Frauen arbeiten gehen ohne die Einverständniserklärung ihres Ehemannes. Aber: Bis 1977 durfte eine Frau in Westdeutschland nur dann berufstätig sein, wenn das “mit ihren Pflichten in Ehe und Familie vereinbar” war. Haushalt und Kindererziehung waren klar ihr zugeordnet.

1. Juni 1961 Die Antibabypille wird in Deutschland zugelassen - jedoch zunächst nur für verheiratete Frauen. Zwei Frauenrechtlerinnen kämpften zuvor in den USA für die Legalisierung der Antibabypille, um die illegalen Abtreibungen einzudämmen. Dort kam sie 1960 auf den Markt.

14. November 1961 Elisabeth Schwarzhaupt wird die erste Bundesministerin und ist für das Ministerium Gesundheitswesen zuständig.

1969 Der Paragraph 175 Strafgesetzbuch wird reformiert. Von nun an ist Homosexualität unter Erwachsenen straffrei. In Paragraf 175 wurden bis dahin explizit die sexuellen Handlungen zwischen Männern unter Strafe gestellt.

Weibliche Homosexualität war, insbesondere während der Entstehungszeit des Paragraphen 1871, in der Gesellschaft eine Grauzone. Vor allem weil Frauen insgesamt keine eigenständige Sexualität und eigenständiges Begehren zugestanden wurde.

1979 Bundesfamilienministerin Antje Huber führt den Mutterschaftsurlaub und das Muttergeld ein. Damit verbunden ist auch eine Arbeitsplatzgarantie sowie ein Kündigungsschutz.

6. Juni 1986 Rita Süßmuth wird erste Bundesministerin für Frauen. Erst ab diesem Jahr gibt es in der Bundesregierung ein Ministerium, das sich ausschließlich mit den Belangen der Frauen auseinandersetzt.

1989 Die Frauen-Fußballnationalmannschaft wird zum ersten Mal Europameister. Da für Frauenfußball trotz steigender Erfolge kein Budget eingeplant ist, bekommt die weibliche Nationalelf als Siegesprämie je ein 40-teiliges Kaffeservice.

19. Mai 1993 Heide Simonis wird Deutschlands erste Ministerpräsidentin eines Bundeslandes, in diesem Fall von Schleswig-Hollstein.

11. Juni 1994 Der Paragraph 175 im deutschen Strafgesetzbuch wird abgeschafft.

November 1994 Der Paragraph zur Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen wird im Grundgesetz intensiviert. Die soziale Wirklichkeit verändert sich nur sehr langsam, daher wird nun auf die „tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Mann und Frau“ hingewiesen. Stellenanzeigen müssen sich nun ausdrücklich an Frauen und Männer richten. Außerdem sollen Frauen durch das verschärfte Gesetz im Arbeitsleben vor sexueller Belästigung geschützt werden.

1. April 1994 Ungünstiges Datum, dennoch kein Aprilscherz: Das Familiennamensrechtsgesetz wird modernisiert. Fortan dürfen Eheleute getrennte Familiennamen führen und der Nachname des Mannes wird nicht mehr automatisch als Familienname vorgeschrieben.

15. Mai 1997 Nach 25 Jahren Protest wird 1997 im Deutschen Bundestag die Vergewaltigung in der Ehe künftig unter Strafe gestellt. Vergewaltigenden Ehemännern wird künftig kein Sonderrecht mehr eingeräumt. Mit einer eindeutigen Mehrheit der Bundestagsabgeordneten wird dafür gestimmt und das Gesetz 1998 in das Grundgesetz aufgenommen.

2001 Die Bundeswehr öffnet ihre militärischen Laufbahnen für Frauen. Bislang konnten Frauen nur im Sanitätsdienst und dem Musikkorps der Bundeswehr arbeiten. Zum Vergleich: In Israel besteht sogar eine Wehrdienstpflicht für Frauen seit 1949. Weitere Länder mit einer Wehrdienstpflicht für Frauen sind Eritrea, Finnland und Schweden.

22. November 2005 Angela Merkel wird Deutschlands erste Bundeskanzlerin. Nachdem der vorige Bundeskanzler Gerhard Schröder die Vertrauensfrage gestellt und verloren hatte, kam es zur Neuwahl für den Bundeskanzler, die er ebenfalls verlor.

1. Januar 2007 Das neue Gesetz zum Elterngeld und zur Elternzeit tritt in Kraft. Mit diesem können Mütter und Väter bis zu 14 Monate aus dem Berufsleben ausscheiden und bis zu 67 Prozent ihres Gehalts als Elterngeld erhalten.

1. Januar 2016 Die Geschlechterquote wird eingeführt. Mindestens 30 Prozent der neu zu besetzenden Stellen in Aufsichtsratsposten müssen an Frauen vergeben werden. Auch andere Unternehmen sind verpflichtet, sich Zielgrößen zur Erhöhung des Frauenanteils, zum Beispiel in Aufsichtsräten, zu setzen.

Oktober 2017 Die Ehe für alle, also auch für homosexuelle Paare, wird in Deutschland eingeführt.

(ana)