Die Ausstellung wurde in Anwesenheit von (vl.) Pfarrer Joachim Bundschuh, Stadträtin Helga Oehne, Claudia Battistella, Museumsleiterin aus Mörfelden-Walldorf, sowie Stadtarchivar und Museumsleiter Christian Schönstein eröffnet.
Seit dem vergangenen Sonntag ist im Stadtmuseum eine neue Ausstellung zu sehen. „Wurzeln schlagen. Menschen und Pflanzen im Exil“ ist eine Wanderausstellung, die seit anderthalb Jahren durch Deutschland tourt und nun auch für vier Wochen Station in Kelsterbach macht. Die Schau des Hugenotten- und Waldenserpfad e.V. ist ein trinationales Projekt zwischen Deutschland, Frankreich und der Schweiz, wobei jedes Land einen anderen Themenschwerpunkt bei seiner Wanderausstellung hat. Schwerpunkt der Ausstellung sind die Beiträge der Glaubensflüchtlinge Hugenotten und Waldenser zur Kulturgeschichte von Acker- und Gartenbau, Ernährung und Kochkultur in Deutschland. Auf Stelen, Fließen, Themenwürfeln, großen Hängeregister-Karten, Stoff-Bannern und auf einem Kartoffelsack finden sich zahlreiche Informationen über Gartenbau der Hugenotten, Weinbau, hugenottische Bierbrauer in Berlin, die Verbreitung der Kartoffel oder über den Erfinder des Dampfdrucktopfs.
Christian Schönstein, Stadtarchivar und Leiter des Museums, dankte in seinen Grußworten Karl Schmiedt und Thomas Börner von der Museumsgruppe, die alle Ausstellungsstücke mit den bescheidenen Mitteln, die dem Stadtmuseum zur Verfügung stünden, wieder einmal sehr ansprechend aufgebaut hätten. Claudia Battistella, Museumsleiterin aus Mörfelden-Walldorf, wies auf die vielen spannenden Anekdoten hin, die in der Ausstellung zu finden seien, etwa über die kleine Waldenserkolonie Walldorf, die mit Hilfe von Spargelanbau Geld für dringend notwendige Renovierungsarbeiten an ihrer Kirche erwirtschaften konnte. Weitere Grußworte sprach Pfarrer Joachim Bundschuh, der mit den Remonstranten eine Gemeinde repräsentiere, deren Wurzeln ebenfalls im Exil lägen. Für ihn sei dies eine sehr aktuelle Ausstellung, die sehr anschaulich zeige, wie wichtig es schon immer gewesen sei und bis heute ist, Brücken zu schlagen und Gemeinsamkeiten zu erkennen.
Hartmut Blaum, Vorsitzender des Volksbildungswerks Kelsterbach, erinnerte daran, dass in Kelsterbach das Projekt der Aufnahme von Hugenotten kläglich gescheitert sei. Nur wenige Jahre, nachdem die Glaubensflüchtigen mit Neu-Kelsterbach eine eigene Kolonie gegründet hatten, verließen sie die Gegend wieder. Die „Hundert Morgen“, die ihnen für Landwirtschaft zur Verfügung gestellt worden waren, erwiesen sich aufgrund der Bodenbeschaffenheit für den Ackerbau als ungeeignet. So konnte keine neue Lebensgrundlage aufgebaut werden. Auch hier lasse sich ein Bezug zur heutigen Situation herstellen: „Die Menschen hatten einen schweren Start, haben Anfeindung, Ausgrenzung und eine nicht ausgebaute Infrastruktur vorgefunden, da sind viele von ihnen schnell wieder weggegangen.“ Dies ginge auch heute vielen geflüchteten Menschen so.
Somit sei die Ausstellung nicht nur ein spannender Ausflug in die Geschichte, sondern rege auch zum Nachdenken über gegenwärtige Probleme an. Besucht werden kann „Wurzeln schlagen. Menschen und Pflanzen im Exil“ noch bis zum 13. April, immer sonntags von 15 Uhr bis 17 Uhr. Der Eintritt ist frei. (sb)