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Kelsterbach aktuell
Ausgabe 17/2024
Seite 2
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Kelsterbach beschließt Vereinbarung zur Regionaltangente West

Seit über 15 Jahren ist die Regionaltangente West (RTW) – ein Vorhaben des Landes Hessen, dreier hessischer Landkreise und sieben hessischer Kommunen – in der Planung. Die Trasse soll neue Direktverbindungen zwischen dem Hochtaunuskreis, dem Main-Taunus-Kreis, Frankfurt-Höchst, dem Frankfurter Flughafen und dem Kreis Offenbach ermöglichen und somit den Frankfurter Hauptbahnhof entlasten und neue Kapazitäten für Pendler und Reisende schaffen. „Ein wichtiger Beitrag für die nachhaltige Entwicklung des ÖPNV und für das gesamte Verkehrsnetz der Region“, so Bürgermeister Manfred Ockel in der vergangenen Sitzung des Bauausschusses. Daher sei er auch der Meinung, dass dem Projekt RTW grundlegend zugestimmt werden solle. Allerdings müsse darauf geachtet werden, dass Kelsterbach, das in dem in der Planfeststellung befindlichen Abschnitt Mitte des Bauvorhabens liegt, von dem Projekt profitieren könne, wenn schon ein eigener Haltepunkt nicht möglich sei. Dessen Planung sei bereits vor neun Jahren verworfen worden, da eine Kelsterbacher Haltestelle nur im Waldgebiet hinter der Reichenberger Straße möglich gewesen wäre.

Mit Unterstützung eines Fachbüros hatte die Stadt im Februar 2022 beim Regierungspräsidium Darmstadt Einwände vorgebracht und sich für eine alternative Ostvariante ausgesprochen. Dabei werde der Streckenverlauf von Höchst aus zum Halt Gateway Gardens auf Frankfurter Seite bleiben und Kelsterbach wäre von den Baumaßnahmen nicht betroffen. Diesem Vorschlag erteilte die Straßenbauverwaltung Hessen Mobil allerdings eine Absage, wie Ockel erklärte. Zum einen aufgrund des zu geringen Abstands zur B 40, zum anderen, da die Trasse dann durch ein Fauna-Flora-Habitat und ein Wasserschutzgebiet führen würde. Daher werde an der Vorzugsvariante festgehalten, die über den Schwanheimer Knoten auf Kelsterbacher Gemarkung führt und dann etwa an den Tennisplätzen über eine Querung zurück auf Frankfurter Gebiet in Richtung Gateway Gardens geleitet wird.

Die Stadt habe nun zwei Möglichkeiten gehabt, so Ockel: An den Bedenken festhalten und sich rechtliche Schritte vorbehalten, oder mit der RTW-Planungsgesellschaft eine Vereinbarung schließen, die Punkte beinhaltet, die für Kelsterbach von Nutzen seien. Man sei weiterhin überzeugt, dass die vorgeschlagene Ostvariante nicht nur für Kelsterbach die bessere und vor allem die günstigere Variante sei. „Die Trasse über den Schwanheimer Knoten zu führen, wird eine gewaltige Ingenieurleistung werden und ich wage zu bezweifeln, dass das in den nächsten fünf Jahren realisiert wird“, so Ockel. Dennoch plädiere er für die Vereinbarung mit der Planungsgesellschaft. Diese besagt, dass es während der Baumaßnahmen keinen Baustellenverkehr durch Wohngebiete der Stadt geben soll. Zudem soll der Damm, der auf Kelsterbacher Gemarkung für die Trasse aufgeschüttet wird, von der Stadt für Photovoltaikanlagen genutzt werden können. Dies betreffe eine Fläche von 2500 Quadratmetern, auf denen jährlich etwa 300.000 Kilowatt Solarenergie erzeugt werden könne, so der Bürgermeister. Die Nutzungsvereinbarung gelte zunächst für 25 Jahre, verlängere sich danach jeweils um drei Jahre, sofern die Stadt die Gestattung nicht fristgerecht kündige.

Ein weiterer Punkt der Vereinbarung betrifft den Ausgleich, den die RTW-Planungsgesellschaft aufgrund der Eingriffe in Natur und Landschaft leisten muss. Diese Ausgleichspunkte könnten für eine Renaturierung der Kelster genutzt werden. Der derzeit schmale Kanal könne dabei in ein natürliches Bett verbreitert werden, es würden zudem Bereiche geschaffen, in denen größere Wassermengen versickern können und das Ganze könne zu einem Naherholungsgebiet umgewandelt werden, konstatiert Ockel. Einen großen Teil der Renaturierungsmaßnahme würde das Land Hessen bezuschussen, wodurch die Finanzierung weitgehend abgedeckt wäre.

Die RTW-Planungsgesellschaft verpflichtet sich in der Vereinbarung zudem zur Wiederherstellung von Wegen und Flächen, die während der Baumaßnahmen genutzt werden, sowie zur Herstellung von Alternativen für in Anspruch genommene Wirtschaftswege.

Auch in der vergangenen Stadtverordnetenversammlung war die Vereinbarung Thema. SPD-Fraktionsvorsitzender Jürgen Zeller sagte, es sei sinnvoller, in einer Zusammenarbeit Vorteile für Kelsterbach zu schaffen, als den Weg einer Klage zu gehen. Christian Hufgard von der WIK sagte bezüglich einer Haltestelle: „Wir sprechen hier nicht von einem großen Bahnhof, sondern von einem kleinen Haltepunkt. Das wäre möglich gewesen.“ Auch Tanja Mohr von der Linken äußerte sich ähnlich: „Ich begrüße jeden Ausbau von öffentlichen Verkehrsmitteln, da das echter Klimaschutz ist. Das mit der Haltestelle ärgert mich aber extrem.“ Man müsse schließlich nicht jeden Halteplatz mit Parkplätzen ausstatten.

Dem widersprach Christine Breser von der CDU. Sie gab zu bedenken, dass ein Haltepunkt gewissen Mindeststandards entsprechen muss. Eine Haltestelle ohne Parkplätze und Busanbindung sei unrealistisch. Zudem würde ein Haltepunkt bedeuten, dass sich Kelsterbach an der Finanzierung der RTW beteiligen müsste. Da müsse man überlegen, ob es sich wirklich rechne, einen Haltepunkt zu fordern, so Breser.

Von der Stadtverordnetenversammlung wurde die Vereinbarung schließlich mit 19 Ja-Stimmen, einer Nein-Stimme und fünf Enthaltungen mehrheitlich angenommen. (sb)