v.l. Fraktionsvorsitzender der SPD Kelsterbach Jürgen Zeller, Günter Schneider (DGB), Stadtverordnetenvorsteher Frank Wiegand, DGB Ortsverbandsvorsitzender Kelsterbach Georg Germann, Stefan Würzbach vom DGB Hessen-Thüringen, SPD-Landtagsabgeordnete Kerstin Geis und Bürgermeister Manfred Ockel bei der Kundgebung zum 1. Mai.
Am 1. Mai, dem Tag der Arbeit, lädt der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) bundesweit traditionell zu seinen Kundgebungen ein. Da es in Kelsterbach einen starken Ortsverband gibt, hält dieser jedes Jahr eine eigene Kundgebung ab. Als Gastredner war in diesem Jahr Stefan Würzbach von der Abteilung Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik des DGB Hessen-Thüringen eingeladen, der vom Vorsitzenden Georg Germann begrüßt würde.
Germann dankte in seiner einleitenden Rede ebenfalls der Landtagsabgeordneten Kerstin Geis, SPD, sowie dem Stadtverordnetenvorsteher Frank Wiegand, CDU, Bürgermeister Manfred Ockel, SPD, allen anwesenden Stadträten und Stadtverordneten sowie dem Vereinsringvorsitzenden Thorsten Schreiner.
Germann blickte auf das vergangene Jahr zurück, in dem man viele gute Tarifverhandlungen geführt habe, auf die man durchaus stolz sein könne. „Wir treten nach wie vor geschlossen solidarisch auf – als Stimme der Arbeiter in Unternehmen.“ 2024 gebe es zudem zwei Jubiläen, das Tarifvertragsgesetz sowie das Grundgesetz feierten beide ihr 75-jähriges Bestehen. Dies sei ein guter und wichtiger Anlass, um über Demokratie und Mitbestimmung zu sprechen, so Germann. Mitbestimmung sorge für die Einbeziehung der Mitarbeitenden in Betrieben und fördere den sozialen Frieden. Dennoch müsse das Mitbestimmungsrecht modernisiert werden, konstatiert der erste Vorsitzende. Dies betreffe Themen wie Umwelt und Klimaschutz, Digitalisierung, Personalentscheidungen, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie die Gleichbehandlung aller. Die Lösungen lägen im Miteinander, so Germann.
Gastredner Würzbach schloss an und freute sich, von einem so starken Ortsverband begrüßt zu werden. Der 1. Mai als Tag der Gewerkschaften habe eine lange Tradition. Alles fing an mit Demonstrationen für einen Acht-Stunden-Arbeitstag. Viele Jahre später brauche es nach wie vor gute Tarifabschlüsse, „gerade jetzt, wo die Inflation tiefe Löcher in die Taschen gerissen hat“. Viele Arbeitgeber sähen das naturgemäß anders, fuhr Würzbach fort, und viele rechneten mit „Taschenspielertricks“ die Verträge schön. „Tarifverträge sind deshalb grundlegend, um Gerechtigkeit zu erreichen. Doch in diesem Jahr erleben wir Angriffe auf das Streikrecht wie schon lange nicht mehr.“ Wie, wann und wo gestreikt werde, entschieden die Kolleginnen und Kollegen jedoch immer noch selbst. Ein Angriff auf das Streikrecht sei ein Angriff auf Menschenrechte, so Würzbach. Man lasse sich nicht spalten. Weiter ging der Gastredner auf das Sparpaket von Bundesfinanzminister Christian Lindner und die „Angriffe“ auf die Kampagne für das Bürgergeld ein. Die Schuldenbremse gehöre in seinen Augen abgeschafft. Und wer arbeite, habe immer mehr Geld als Menschen ohne Erwerbstätigkeit, dies sei ein Fakt. „In Wirklichkeit soll Druck auf die Niedriglöhne gemacht werden. Das werden wir uns nicht gefallen lassen.“ Besonders viel Applaus erhielt Würzbach für seine Aussage über eine faire Entlohnung: „Würde Leistung angemessen entlohnt werden, würde eine Krankenpflegekraft mehr verdienen als ein Investmentbanker“. Er beschloss seine Rede mit der DGB-Alternative zu den aktuellen Problemen, die lautet: Solidarität, Vielfalt und Gerechtigkeit.
Nach den offiziellen Reden schlossen die Grußworte an, die von Geis, Ockel und Wiegand gehalten wurden. Landtagsabgeordnete Geis hob hervor, dass die SPD bereits vor zehn Jahren mit der früheren Bundesministerin für Arbeit und Soziales, Andrea Nahles, angefangen habe für einen Mindestlohn einzustehen. Nach vielen Jahren zähen Verhandelns sei er endlich eingeführt worden. Bundeskanzler Olaf Scholz habe diesen dann kurzfristig auf einen Stundenlohn von zwölf Euro erhöht, wovon alleine in Hessen 130.000 Beschäftigte profitierten. Auch in der kostenfreien Bildung habe die SPD in einem ihrer Ziele einen großen Schritt nach vorne machen können. Die Partei stehe für eine kostenfreie Meisterausbildung und setze sich dafür bereits seit zehn Jahren ein. Von der schwarz-grünen hessischen Regierung sei das jedoch immer abgelehnt worden – bis Ministerpräsident Boris Rhein das Thema für sich entdeckt habe. Geis schloss mit einem großen Dank an die Organisatoren, speziell aus dem Bereich der Jusos.
Ihr schloss sich Bürgermeister Ockel an. Er betonte, das Thema „Mehr Lohn, Freizeit, Sicherheit“ sei vom DGB gut gewählt und gab einen Einblick in die Arbeit auf kommunaler Ebene. „Wir haben in den letzten Jahren unendlich große Aufgaben, die uns gesetzlich aufgedrückt wurden, ohne dass man uns Mittel der Gegenfinanzierung an die Hand gegeben hätte“, konstatierte Ockel. „Prinzipiell schaffen wir das, aber nur mit einem nötigen Rüstzeug, das wir nicht haben.“ Er sei nicht prinzipiell dafür, die Schuldenbremse abzuschaffen. Aber zweckgebundene Ausgaben sollten möglich sein, zum Beispiel im Klimaschutz. Mehr Freizeit wolle jeder. Man brauche aber auch mehr Arbeitskräfte. Ausländische Arbeitskräfte müssten schneller anerkannt werden. „Wir müssen dringend entbürokratisieren“, mahnte Ockel. „Denn die Konkurrenz im EU-Ausland schläft nicht.“ Genauso müsse man die Infastruktur erhalten. Das sichere den sozialen Frieden, denn ohne diesen nähmen Gewalt und Hass zu. „Auch dafür müssen wir am 1. Mai kämpfen.“
Den Abschluss bildete Stadtverordnetenvorsteher Wiegand, der betonte, dass Arbeitsgerechtigkeit keine Selbstverständlichkeit sei. Gewerkschaften seien noch immer sehr wichtig, da sie zur politischen Willensbildung beitragen. Angriffe auf das Streikrecht verurteilte Wiegand entschieden.
Nach den Wortbeiträgen ehrte der Vorsitzende Germann Jürgen Zeller für sein langjähriges Engagement. (Text und Bilder ana)