Der zweite Teil des Jahresberichts des Caritasverbandes Offenbach/Main e.V. ist in dieser Ausgabe zu lesen. Der erste Teil erschien in der vergangenen Woche.
Die Corona-Pandemie machte es notwendig, die Erziehungs- und Eheberatung in den ersten beiden Pandemiejahren flexibel zu gestalten. Dazu zählten auch Online-Beratungen. Seit 2022 konnten diese fast vollständig wieder im Präsenz stattfinden. Auffällig ist die erstmalig große Zahl an zwölf bis 15-Jährigen, die 2021 bei zehn Prozent lag, 2022 jedoch schon bei 18 Prozent. Inhalte waren hier Entwicklungsauffälligkeiten und seelische Probleme, die verstärkt durch die Pandemie ausgelöst wurden. Auch familiäre Konflikte belasteten die Kinder und Jugendlichen verstärkt. Nicht zuletzt haben gestiegene Kosten die sozioökonomischen Bedingungen für viele Familien verschärft. Die Jugendlichen erleben Einschränkungen in ihrem Alltag bewusst und werden durch die aktuelle weltpolitische Lage verunsichert. Ebenfalls auffällig war 2023 die hohe Anmeldezahl an sechs bis zwölfjährigen Kindern von 49 Prozent. Der Altersschwerpunkt in der Beratung hat sich damit nach vorne verschoben. Neben der Pandemie waren auch Trennungen der Eltern ein Hauptberatungspunkt.
Die Zusammenarbeit mit Kitas und Schulen gestaltete sich ab 2022 wieder deutlich persönlicher, nachdem die strengen Pandemie-Regeln gelockert wurden. Besonders von den Schulsozialarbeitern und -arbeiterinnen der Grundschulen wurden viele Familien an die Caritas übermittelt. Die Kelsterbacher Schulen verzeichnen einen Belastungsanstieg durch die Integration von Kindern in den Schulalltag, vor allem von solchen mit Fluchterfahrung.
Die Themen der allgemeinen Lebensberatung (ALB) drehen sich um die materielle Existenzsicherung durch ausreichenden Lebensunterhalt sowie um Wohnung und Wohnungssuche. Die Nachfrage hat in den letzten zwei Jahren zugenommen, was zum einen in der Flucht vieler Menschen aus der Ukraine und der Türkei, zum anderen aber auch in der Preissteigerung begründet ist. Um den Menschen, die zum Teil seit langem ohne Einkommen sind, gerecht zu werden, wird bei Bedarf mit der Beratungsstelle Obdachlosigkeit der Diakonie kooperiert. Auch das Kooperationsangebot der monatlichen Sprechstunde der Familienkasse Hessen zu Kindergeld und Kinderzuschlag wird in Anspruch genommen.
Die Außenstelle der Rüsselsheimer Tafel wird ebenfalls vom Caritasverband Offenbach/Main organisiert. 2022 war die Möglichkeit, sich bei der Tafel anzumelden eingeschränkt. Durch die vielen Geflüchteten verzeichnete die Tafel einen großen Anstieg bei gleichzeitigem Rückgang der Lebensmittelspenden und Preisteuerungen. Dadurch musste für einige Monate ein Aufnahmestopp für Neukunden verhängt werden. Obwohl sich die Lage wieder entspannt hat, ist nach wie vor ein Rückgang in den Lebensmittelspenden zu verzeichnen.
Die Stadtteilarbeit bei der Caritas übernimmt das Mehrgenerationenhaus und das Familienzentrum. Nach der Corona-Pandemie konnten die Angebote im Mehrgenerationenhaus ab 2022 wieder stattfinden, wozu auch Feste wie das Solidaritätsessen oder das Nachbarschaftsfest gehören.
Das Nachbarschaftsfest war bereits für 2020 geplant, konnte aber erst 2022 seine Premiere feiern. Der Erfolg war nach Angaben der Caritas so groß, dass es im kommenden Jahr erneut ausgerichtet wurde. Beide Male nahmen viele Vereine sowie die Freiwillige Feuerwehr Kelsterbach und der Veritas Ambulanzdienst teil und unterstützten das Fest.
Das Solidaritätsessen wurde mit dem Arbeitskreis Soziales der katholischen Kirchengemeinde Herz Jesu organisiert. Mit pakistanischen Ehrenamtlichen wurde ein typisches pakistanisches Essen gekocht. Die Spenden gingen an eine pakistanische Pflegeschule, in der Männer und Frauen ausgebildet werden.
Auch die Familienfreizeit konnte wieder aufgenommen werden. Hier ging es für neun Familien über das Wochenende nach Westerhoe, wo man sich mit verschiedenen Themen wie Nachhaltigkeit beschäftigte. Auch für die Kleinen gab es Angebote wie die Pferdefreizeit und Krabbelgruppe auf der Sindlinger Glückwiese oder für die Größeren das Kinderkulturfest mit der Stadt- und Schulbibliothek sowie einen Erste-Hilfe-Kurs am Kind, einen dreitägigen Selbstbehauptungskurs für Kinder und erneut das Projekt „Rent-a-Huhn“.
Ein weiteres Urlaubsangebot von der kommunalen Sozialarbeit und der Caritas ist das Angebot „Urlaub ohne Koffer“, das Tagesausflüge für Familien mit geringem Einkommen im Rhein-Main-Gebiet anbietet.
Zur Weihnachtszeit finden regelmäßig die Nikolausaktion, bei der Einwohnerinnen und Einwohner kleine Nikolaussäckchen erwerben können, die Aktion „Weihnachten im Schuhkarton“, die Weihnachtsbäckerei, das Betreuungsangebot „Elternfreie Zeit“ sowie abschließend die Weihnachtswunschbaumaktion statt. Hierbei hat die Caritas unter anderem Unterstützung vom katholischen Familienzentrum St. Markus. Alle Aktionen erfreuen sich großer Beliebtheit und werden sehr gut angenommen. Allein für „Weihnachten im Schuhkarton“ kamen 35 Kartons zusammen.
Für junge Eltern gibt es den Welcome-Baby-Treff, das Eltern-Kind-Frühstück im Bürgertreff auf der Mainhöhe, die offene Stillgruppe in der Pfarrgasse und den Eltern-Kind-Treff im katholischen Familienzentrum St. Markus.
Neu im Angebot ist das Bildungsangebot für Grundschüler „Muttersprache erlernen“ für die Sprachen Spanisch und Arabisch, das mittwochs im Mehrgenerationenhaus stattfindet. Auch die Hausaufgabenhilfe, die von einer Grundschullehrerin angeboten wird, ist neu hinzugekommen. Hintergrund ist auch hier die Corona-Pandemie, die bei manchen Kindern Nachholbedarf verursacht hat.
Weiterhin im Angebot ist das Bastelangebot „Postgruß“, das in der Coronazeit entstand. Der generationenübergreifende Mittagstisch konnte nach dem Ende der Pandemieeinschränkungen wieder aufgenommen werden. Die Schüler der Karl-Krolopper-Schule kochen alle zwei Wochen mit den Mitarbeitern des Mehrgenerationenhaus und können auch Essenswünsche aufnehmen.
Um die Aktionen und Angebote des Mehrgenerationenhauses und Familienzentrums aufrechterhalten zu können, werden von Stiftungen, Verbänden und Lotterien Drittmittel akquiriert. Trotz der Fördermittel auf Landes- und Bundesebene sowie den kommunalen Zuschüssen reicht das Geld nicht aus und die Caritas muss auf Eigenmittel zurückgreifen. In den kommenden Jahren soll daher die Zusammenarbeit mit der kommunalen Sozialarbeit zwecks der Fördermittelakquise ausgebaut werden. Bisher beteiligen sich die Aktion Mensch, die Glücksspirale und die Ketteler-Stiftung als Fördermittelgeber.
Lange erwartet wurde das neue Stadtteilzentrum „Mandelhain“, das im Juni vergangenen Jahres in der Mönchbruchstraße 47 eröffnet wurde. Hierfür wurde ein ehemaliger Lebensmittelmarkt vom Hauseigentümer umgebaut. Die Stadt Kelsterbach sowie die Caritas sind Betreiber und bieten neben einem Café, ein Second-Hand-Geschäft und Beratungen in den angrenzenden Räumlichkeiten an. Das Café ist Mittelpunkt des Zentrums und lädt mit einer gemütlichen Atmosphäre zum Verweilen und Austauschen ein, bietet jedoch auch mit kostenfreiem WLAN-Möglichkeiten zum Hausaufgaben machen oder Arbeiten.