Bürgermeister Manfred Ockel, Veritasgeschäftsführer Michael Görbing und Erster Kreisbeigeordneter Adil Oyan durchschneiden symbolisch das Band zur Eröffnung der neuen Rettungswache
Die Flotte der Einsatzwagen
Einer der Veritas-Rettungswagen von innen
Kein Sack Flöhe sondern die Rettungshundestaffel der Veritas.
Ausgediehnt aber anschaulich - so sahen in der 1950er und 60er Jahren die Einsatzfahrzeuge aus.
Am vergangenen Samstag war der große Tag des Veritas Ambulanzservice in Kelsterbach, denn nach vielen Mühen konnte endlich die neu gebaute Rettungswache in der Fujiallee 2 eingeweiht werden. Der Neubau kann sich sehen lassen. Er bietet viel Platz für Rettungswagen und die Belegschaft sowie den Verwaltungstrakt und ist vor allem eins – auf dem neuesten Stand der technischen Anforderungen.
Zur Einweihung waren daher auch viele Interessierte aus Kelsterbach und der Politik gekommen, um sich die neue Wache anzusehen. Aber auch Gäste aus dem italienischen Mailand waren da. Mit dem italienischen Rettungsdienst aus der Lombardei pflegt die Veritas seit Jahren eine freundschaftliche Partnerschaft. Diese waren mit einem italienischen Rettungswagen angereist, um zu demonstrieren, wie in Italien gerettet wird.
Nachdem Jennifer Fiersbach, Personalreferentin bei Veritas, alle Anwesende begrüßt hatte, übergab sie das Wort an den Geschäftsführer Michael Görbing. Dieser freute sich sichtlich über die gelungene Kraftanstrengung und begrüßte Familie, Freunde, Mitarbeitende, Politiker/-innen sowie die italienischen Kollegen herzlich. Seit 25 Jahren sei er nun selbstständiger Unternehmer, so Görbing. Dies sei Fluch und Segen gleichermaßen, denn es gebe gute und magere Jahre – doch in der Branche zähle nicht, ob man genügend Mitarbeiter habe, sondern wie schnell man bei den Verletzten sein könne. „Mittlerweile engagieren sich in der Veritas rund 120 Menschen und ebenso viele Hundebeine. Ehrenamtlich und hauptamtlich für Verlässlichkeit, für Empathie, Respekt und Innovation, Tatkraft, Aufrichtigkeit und Sympathie. Diese Werte prägen unser tägliches Handeln und ermöglichen uns jederzeit dort Hilfe zu leisten, wo sie benötigt wird“, so Görbing.
Der Neubau sei nicht nur notwendig geworden, weil der bisherige Standort am Europort, der 2017 gerade erst bezogen worden war, abgerissen wurde. Die Wache war auch nicht mehr den Anforderungen genügend. Nachdem man in den letzten 25 Jahren Mieter war, habe man genug davon gehabt. Engagierte Politiker/-innen, allen voran Bürgermeister Manfred Ockel, hätten es ihm leicht gemacht, den Schritt für den Neubau zu wagen, sagte Görbing. „Ich kann mich glücklich schätzen, ein Grundstück dieser Größe gefunden zu haben. Mein Ziel war, wenn ich baue, dann schaffe ich nicht nur einen Arbeitsplatz, sondern einen Wohlfühlort.“ Er betonte zudem, wie wichtig auch die zehn Auszubildenden pro Jahr im eigenen Betrieb seien. Diese seien zusammen mit ihren Ausbilderinnen und Ausbildern der Garant gegen den Fachkräftemangel. „Unsere Anstrengungen, Personal zu gewinnen sind sehr vielfältig. Als Unternehmer muss man eben auch mal kreativ sein.“
Ihm schloss sich mit Grußworten der Erste Keisbeigeordnete Adil Oyan an, der unter anderem die Guerilla-Werbeangebote der Veritas lobte, mit denen sie auf sich aufmerksam mache. Er betonte, wie wichtig die Veritas als verlässlicher Partner im Kreis sei. Auch die Hessischen Landtagsabgeordneten Kerstin Geis und Sabine Bächle-Scholz richteten Worte an die Versammelten sowie ebenfalls Bürgermeister Ockel, der betonte, dass „wir gerade den Gesundheitsschutz in einer Stadt wie Kelsterbach ganz besonders hochhalten“ müssten. Daher freue man sich sehr, dass Veritas entschieden habe, auch mit dem neuen Standort in Kelsterbach zu bleiben. „Diese ehrenamtliche Arbeit ist nicht hoch genug einzuschätzen, daher auch von meiner Seite aus, ein großes Lob für Ihr Engagement und für Ihr ganzes Team und Ihrer wirklich außergewöhnlichen Aufstellung in der ganzen Welt. Sie helfen allen Menschen, die es wirklich nötig haben. Ich kann mich gut an die Zeit erinnern, als viele Menschen aus der Ukraine kamen und sie uneigennützig geholfen haben, diese Menschen zu versorgen. Auch dafür noch einmal meinen ganz persönlichen, herzlichen Dank.“
Die Aufgaben im Rettungsdienst sind vielfältig. So kann ein Sanitätsdienst auch auf dem Weihnachtsmarkt stattfinden und vier Wochen dauern. Dieser bindet unheimlich viel Zeit und Kräfte, stellt aber auch eine Abwechslung dar. Zumal dort nicht nur Hauptamtliche, sondern auch Ehrenamtliche eingesetzt werden. Auch die medizinische Flugbegleitung gehört zu den Aufgaben und kann schon einmal nach Mauritius zur Personenrückbringung führen. Mit den Langstreckenkrankenwagen ging es jedoch auch schon nach London oder nach Portugal. Die Medical Task Force greift immer dann ein, wenn irgendwo auf der Welt ein Unglück passiert und medizinische Hilfe gebraucht wird. So hat die Veritas unter anderem in der Türkei, in Nepal oder auf Haiti geholfen. Auch ein Kinderheim auf Sri Lanka wird unterstützt, in dem rund 20 Waisen leben, und das damals für Kinder errichtet wurde, deren Eltern vor 20 Jahren während des Tsunamis ums Leben kamen. Heute leben dort Kinder, die aus anderen Gründen keine Familie mehr haben. Ein großer Teil der Veritas arbeitet in der Suche nach vermissten Personen. Hierzu gehört auch die Rettungshundestaffel, die ehrenamtlich arbeitet und zu jeder Tages- und Nachtzeit bereit ist, nach Vermissten zu suchen. Allein 2023 kam die Rettungshundestaffel 170-mal zum Einsatz. Zu Beginn des Ukrainekriegs verschenkte die Veritas ihren Ambulanzbus und brachte ihn eigens über die Grenze ins Kriegsgebiet. Ebenso wurden über ein Dutzend Rettungswagen in die Ukraine gespendet und Generatoren, die in Krankenhäusern ihren Dienst tun. Allein für die Ukraine kamen so zweieinhalb Millionen Euro Spendengelder zusammen.
All diese Einsätze ließen sich in der neuen Rettungswache besser planen, so Görbing. Das Gelände der neuen Rettungswache umfasst rund 4000 Quadratmeter, die nicht komplett bebaut sind. Es sind vier Fahrzeuge untergebracht, die für die Regelrettung vorgehalten werden. Diese müssen eine Minute nach Eingang des Alarms ausrücken können und sind deshalb entsprechend in der Wagenhalle angeordnet. Daneben gibt es eine Multifunktionshalle, in der Fahrzeuge für den Sanitätsdienst und den Katastrophenschutz untergebracht sind. Zusammen mit der Rettungswache in Büttelborn, die vor einem knappen Jahr eingeweiht wurde, ist die Veritas der zweitgrößte Leistungserbringer im Kreis Groß-Gerau. Beide Standorte dürften laut Görbing derzeit die grünste Rettungswache im Rhein-Main-Gebiet sein. Am Kelsterbacher Standort befindet sich auf dem Dach eine Solaranlage, die selbst an bewölkten Tagen eine autarke Versorgung ermöglicht. Überschüssige Energie wird in das Netz eingespeist, in Nachtzeiten wird auf den Energieversorger zurückgegriffen. Auch eine Einspeisung für Notstrom ist vorhanden. Zudem gibt es einen Frischwasserbrunnen und das Gebäude ist mit Geothermie ausgestattet, die es im Sommer kühlt und im Winter wärmt. Dies wird durch das begrünte Dach unterstützt, das ebenso zur Regulierung der Temperatur im Gebäude beiträgt. Insgesamt erreiche man durch all diese Maßnahmen fast die Energieeffizienzklasse 55, erklärt Görbing. Manko seien hier die Fahrzeughallen, die aus Kostengründen nicht ebenso energieeffizient hätten gebaut werden können. Hervorzuheben ist, dass die Veritas die Kosten für den Neubau ohne Förderung des Bundes oder Landes oder andere dritte Seite gestemmt hat. „Das ist alles von uns selbst hart erarbeitet und gespart worden“, so Görbing. (Text und Bilder ana)