(vlnr) Sven Wellinger (zweiter Vorsitzender der SPD Kelsterbach), Thorsten Siehr (Bürgermeister Ginsheim-Gustavsburg), Thomas Schell (Mitglied des Kreistages Groß-Gerau), Bernhard Daldrup (Bundestagsabgeordneter), Melanie Wegling (Bundestagsabgeordnete für den Kreis Groß-Gerau), Marcus Merkel (Bürgermeister Büttelborn), Landrat Thomas Will, Kerstin Geis (Abgeordnete des Hessischen Landtags) und Bürgermeister Manfred Ockel diskutierten über die Kommunalfinanzen.
Am vergangenen Freitag stattete der Bundestagsabgeordnete Bernhard Daldrup, seit 2014 kommunalpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Kelsterbach einen Besuch ab, um mit Bürgermeistern und anderen politischen Vertretern des Kreises Groß-Gerau über die Finanzsituation der Kommunen zu sprechen. Zu der Gesprächsrunde kamen neben Kelsterbachs Bürgermeister Manfred Ockel seine Amtskollegen Thorsten Siehr aus Ginsheim-Gustavsburg, Marcus Merkel aus Büttelborn sowie Jörg Rüddenklau aus Groß-Gerau. Ebenfalls anwesend waren Landrat Thomas Will, die Landtagsabgeordnete Kerstin Geis, die Bundestagsabgeordnete Melanie Wegling, Kreistagsmitglied Thomas Schell, Sven Wellinger von der Kelsterbacher SPD sowie Gunther Schneider, Geschäftsführer der SPD – Unterbezirk Groß-Gerau.
Wegling begrüßte Daldrup als eine Koryphäe der Kommunalfinanzen: „Wenn jemand in Berlin die Kommunen im Blick hat, dann bist Du es.“ Der Blick auf die momentane Lage sei allerdings kein guter, so Daldrup: „Die Situation der Kommunen wird nicht nur als sehr schlecht eingeschätzt, sie ist es auch.“ Eine Besserung der dramatischen Lage sei nicht in Sicht – im Gegenteil: „Die wirklich schwierige Zeit liegt noch vor uns“, so der Bundestagsabgeordnete. Denn Themen wie Digitalisierung, Klimawandel oder Zuwanderung bedürften zukünftig einer ganz anderen Finanzierung, als das derzeit noch der Fall sei.
Will zeigte auf, dass steigende Sozialausgaben eines der Hauptprobleme der Kommunen seien: „Die schneiden uns über kurz oder lang das Wasser ab“, so der Landrat. Die Hälfte der Kommunen im Kreis sei schon jetzt nicht mehr in der Lage, den Haushalt auszugleichen. Es müssten alle Verantwortlichen aus der Politik zur Einsicht kommen, dass alle demokratischen Parteien zusammenarbeiten müssten, um diese Probleme anzugehen. Ansonsten würden die Parteien an den Rändern immer stärker.
Schell gab diesbezüglich zu bedenken, dass man zwar an Stellschrauben drehen und beispielsweise Grund- und Gewerbesteuer erhöhen könne. Eine größere finanzielle Belastung der Bevölkerung würde diese aber verärgern. Da müsse man aufpassen, dass die Verbindung zwischen den Mitbürgern und den Kommunen nicht weiter auseinanderdrifte. Denn wenn das passiere, fänden sich immer weniger Menschen, die sich kommunalpolitisch engagierten.
Die Anwesenden waren sich darin einig, dass die Kommunen die gegenwärtigen und zukünftigen Herausforderungen nicht allein stemmen könnten. Auf Bundes- und Landesebene müsse mehr über die Lage der Kommunen gesprochen werden. Denn so, wie es jetzt läuft, gehe es nicht weiter. Sonst, da ist sich Will sicher, werde dieses System kollabieren.
Der Landrat führte als Beispiel die Situation der Schulen an. Zwar gebe es im Kreis Groß-Gerau keinen Investitionsrückstand, da fast alle Schulen saniert seien. Damit sei der Kreis ein sehr positives Beispiel in Hessen. Aber allein um die steigenden Bevölkerungszahlen und gut gemeinte, aber nicht durchfinanzierte Entscheidungen wie den Anspruch auf Ganztagsbetreuung durch einen qualitativen Ausbau der Schulen aufzufangen, benötige der Kreis in den nächsten Jahren eine Milliarde Euro. Bei solchen finanziellen Herausforderungen könne man nicht einfach so weitermachen wie bisher.
Als Resümee der angeregten Diskussion nahm Daldrup nach Berlin mit, dass für politische Stabilität und sozialen Frieden ein Miteinander der demokratischen Parteien nötig ist, sowie dass es Unterstützung von Seiten des Bundes und der Länder bedarf, damit die Kommunen gegenwärtige und zukünftige Herausforderungen bewältigen können. Bei den dafür notwendigen Diskussionen dürfe es keine Tabus geben, konstatierte Daldrup, denn die stetig steigenden Belastungen seien besonders für finanzschwache Kommunen bedrohlich. (sb)