Angeführt vom Giggelsmädchen Anna-Lena Hofmann ziehen die Kerweborsch ins Festzelt ein.
Bürgermeister Manfred Ockel schwingt den Hammer beim Fassanstich.
Die Band Cherry Bomb Rocks begeisterte mit Glam- und Hardrock.
Mit vereinten Kräften bugsieren die Kerweborsch den Baum an die richtige Stelle.
Kein einfaches Unterfangen: Das Aufstellen des Kerwebaums.
Hoch oben, unter dem Baumwipfel, hat die Kerwepuppe das Treiben auf dem Festplatz im Blick.
Der Rummelplatz lockte mit vielen Fahrgeschäften und anderen Vergnügungen.
Bunte Lichter sorgten für stimmungsvolle Atmosphäre.
Die drei neuen Ehrenkerweborsch (v.l.n.r.): Agneta Becker, Daniel Rohn und Angelika Greiner.
Das Alan Best Orchestra spielte am Kerwesamstag im Festzelt.
Die Herrgottstaler Musikanten spielten zünftige Blasmusik.
Die Kerweborsch mit Giggelsmädchen und Kerwepräsident.
Bequeme Mitfahrgelegenheit: die Kleeblatt-Rikscha.
Besten Überblick hat man im traditionellen Bembelwagen.
Der Umzug zog an der Herz-Jesu-Kirche vorbei.
Die Jugend der Viktoria war mit von der Partie.
Auch die in Kelsterbach lebenden Ukrainerinnen und Ukrainer machten beim Kerwe-Umzug mit.
Bürgermeister Ockel (r.) und die Ehrenkerweborsch bildeten den Abschluss des Zuges.
Beim Giggelschlag wird das neue Giggelsmädchen bestimmt. Gleich die zweite Kandidatin traf den Tontopf.
Kerwepräsident Marc Mühlbauer freut sich über das neue Giggelsmädchen Alina Hardt.
„Endlich wieder Kerb!“ Das war wohl der Satz, der am vergangenen Wochenende am häufigsten zu hören war. Denn nach drei Jahren wurde jetzt vier Tage lang der Neustart der Kelsterbacher Kerb gefeiert. Bei angenehm spätsommerlichem Wetter kamen viele Menschen auf den Kerbeplatz am Schloss, um dort die zahlreichen Fahrgeschäfte und Vergnügungsangebote zu nutzen und einfach Spaß zu haben. Besonders gut war die Stimmung im Festzelt der Familie Diestelkamp, in dem am Freitagabend mit dem traditionellen Fassanstich durch Bürgermeister Manfred Ockel der Startschuss für die Kerb gegeben wurde. Doch bevor der Hammer in Richtung Anschlaghahn geschwungen werden durfte und so manche trockene Kehle im Festzelt mit dem von Binding gespendeten Bier benetzt werden konnte, stand erst einmal der traditionelle Einmarsch der aktiven Kerweborsch auf dem Programm. Angeführt von ihrem Präsidenten Marc Mühlbauer und Giggelsmädchen Anna-Lena Hofmann, ließen sich die Aktiven so richtig feiern, während das Festzelt von tosendem Applaus und dem gemeinsam lautstark gesungenen Kelsterbacher Kerwelied erfüllt wurde. Die Freude, nach der langen Pause wieder gemeinsam liebgewonnene Traditionen pflegen zu dürfen, war allen Anwesenden deutlich anzumerken.
Nach dem Marsch durchs Festzelt auf der Bühne angekommen, drückte Anna-Lena Hofman ihre Dankbarkeit darüber aus, dass sie drei Jahre lang Giggelsmädchen sein durfte – ein Rekord, der laut Ockel in die Kelsterbacher Geschichtsbücher eingehen werde. Nachdem sich Giggelsmädchen und Kerweborschpräsident noch bei allen bedankt hatten, die sie in den schwierigen Corona-Jahren unterstützt haben – besonders die Alt-Kerweborsch und das Team um Festwirt Markus Diestelkamp – konnte der Fassanstich zelebriert werden, den der Bürgermeister mit sicherem Schlag ausführte. Und mit dem Anstimmen der Volksfest-Hymne „Ein Prosit der Gemütlichkeit“ wurde dann auch schon der erste Stimmungshöhepunkt der Kerb erreicht.
Dass sich dieses Gute-Laune-Level noch steigern ließ, bewies anschließend die Band Cherry Bomb Rocks, die nicht nur manchen Rock-Klassiker, sondern auch an der Gitarre einen echten Kelsterbacher auf die Bühne brachte. Bei Hits von Bryan Adams, Journey oder Poison bebte das Festzelt und es zeigte sich, dass die Kelsterbacher trotz drei Jahren Kerbe-Auszeit das Feiern nicht verlernt haben.
Am Kerwesamstag konnten einige liebgewonnene Traditionen endlich wieder in gebührender Art gepflegt werden. Los ging es mit dem Aufstellen des Kerwebaums, der in diesem Jahr aus dem Frankfurter Stadtwald nach Kelsterbach gebracht wurde. Auch wenn der Weg aufgrund der stattlichen Größe des Baums nicht einfach war, kamen Baum und Kerweborsch pünktlich um 16 Uhr vor dem Kerbeplatz an. Doch hier war erst einmal Schluss, da sich der 26 Meter lange Baum nicht an den aus Sicherheitsgründen aufgestellten Betonklötzen vorbeimanövrieren ließ. Nun waren Geduld und Einfallsreichtum gefragt. Hier zeigte sich einmal mehr der enorme Gemeinschaftsgeist der Kerweborsch: Spontan konnte ein Radlader organisiert werden, der die Betonklötze zur Seite schob, so dass der Traktor, der den Kerwebaum bis nach Kelsterbach gezogen hat, auch noch die letzten Meter bis auf den Kerbeplatz zurücklegen konnte.
Doch bis der Baum dann an seinem Ziel aufgestellt werden konnte, verging noch einige Zeit. Denn seine Länge und Breite stellten die Verantwortlichen vor einige unerwartete Herausforderungen. Als dann auch noch eine Unwetterwarnung für zusätzlichen Zeitdruck sorgte, drohte das traditionelle Baumstellen im wahrsten Sinne des Wortes ins Wasser zu fallen. Doch bald gab es die erlösende Entwarnung: Petrus hatte ein Einsehen mit den Kerweborschen und hat mit seinem Unwetter Kelsterbach verschont. Kurz nach 18.30 Uhr konnte Bürgermeister Manfred Ockel dann freudig verkünden: „Der Baum steht – hiermit ist die Kelsterbacher Kerb offiziell eröffnet“!
Ein weiterer Höhepunkt am Samstag folgte um 20 Uhr im Festzelt: die Ernennung der Ehrenkerweborsch. Nachdem der Vereinsringsvorsitzende Thorsten Schreiner, der die Zeremonie moderierte, die Ehrengäste aus Politik – die Landtagsabgeordnete Sabine Bächle-Scholz, Europastaatssekretär Uwe Becker, Christine Breser aus dem Stadtparlament sowie Bürgermeister Manfred Ockel – begrüßt hatte, durften zunächst noch einmal die Kerweborsch auf die Bühne. Kerweborschpräsident und Giggelsmädchen nutzten die Gelegenheit, um neben Robin Schmalz und dem Team des Kelsterbacher Kulturamts auch noch einigen Menschen zu danken, die im Hintergrund dafür gesorgt haben, dass die Kerb stattfinden kann und die damit verbundenen Traditionen weiterhin gepflegt werden können. Denn ob die Schärpen der Kerweborsch, Puppe und Kranz für den Kerwebaum oder der Traktor, der den Baum zieht – all das bedarf Menschen, die dafür Zeit und Herzblut geben.
Zu guter Letzt stellte der Kerweborschpräsident dem Bürgermeister eine Aufgabe, die mittlerweile ebenfalls zu einer schönen Tradition geworden ist: Manfred Ockel sollte so viele Exemplare des Motto-Shirts der Kerb im Festzelt, das sich mittlerweile bis zum letzten Platz gefüllt hatte, verkaufen. Der Erlös kommt der Wiesbadener Bärenherz-Stiftung zugute. Eine Herausforderung, der sich der Bürgermeister gerne stellte – mit Erfolg: Schon nach rund einer halben Stunde konnte er den Kerweborsch stattliche 640 Euro Verkaufserlös übergeben.
Nun wurde es noch einmal spannend im Festzelt, als Thorsten Schreiner die Namen der drei Menschen verkünden durfte, die sich derart für die Kerb und die Stadt Kelsterbach verdient gemacht haben, dass sie zu Ehrenkerweborsch ernannt werden sollten. Die Vorschläge machten diesmal die aktiven Kerweborsch, die Altkerweborsch und die Stadt.
Auf Vorschlag der Aktiven wurde Angelika Greiner zum Ehrenkerweborsch ernannt. Sie ist eng mit der Kerb verbunden, selbst mit einem Ehrenkerweborsch verheiratet, ihre Söhne sind ebenfalls bei den Kerweborsch und einer von ihnen hat sogar ein ehemaliges Giggelsmädchen geheiratet. Greiner unterstützt die Aktiven, wo immer es geht: Sie hilft beim Blumenbinden, bastelt Deko oder stellt den Garten der Familie als Treffpunkt zur Einstimmung auf die Kerb zur Verfügung. Mehr Liebe zur Kerb geht eigentlich nicht!
Zum Vorschlag der Altkerweborsch sagte Thorsten Schreiner: „Gibt man bei Google die Worte Zuverlässigkeit und Kerb ein, dann erscheint sein Bild!“ Die Rede ist von Daniel Rohn, der nicht nur zu seiner Zeit als aktiver „Millennium-Kerweborsch“ stets vollen Einsatz gezeigt hat. Und auch heute ist er noch eine der „Zugmaschinen der Kerb“, weshalb der Titel des Ehrenkerweborsch auch für ihn geradezu wie gemacht ist.
Der dritte Vorschlag kam von der Stadt Kelsterbach, die Agneta Becker nominierte. Becker, vielen in der Stadt auch als die „Kümmerin“ bekannt, beweist in der Flüchtlingshilfe unvergleichliches Engagement. Auch mit 72 Jahren wird sie nie müde, Einsatz, Engagement und ganz viel Herz zu zeigen, was sie gerade in den letzten Monaten in Hinsicht auf die zahlreichen Geflüchteten, die aus der Ukraine nach Kelsterbach gekommen sind, eindrucksvoll unter Beweis gestellt hat.
Nach der feierlichen Zeremonie ging dieser zweite Kerwe-Abend mit einem Auftritt des Alan Best Orchestra munter weiter. Die Band sorgte mit einem bunten Musikmix, der von Joan Jett über Pur und Nena bis hin zu Melissa Etheridge und Bryan Adams reichte, für Partystimmung im Festzelt. Die Kerweborsch zeigten in den Band-Pausen zwar nicht das gewohnte Showprogramm, hielten aber mit Spielen, in die das Publikum eingebunden wurde, die Laune ganz weit oben. Wer besonders lange Bierkrüge stemmen oder besonders schnell bestimmte Gegenstände vom Publikum ergattern konnte, wurde mit Hochprozentigem belohnt. Bei der guten Stimmung war an Schlaf eigentlich nicht zu denken. Doch ein bisschen Erholung war gerade für die Kerweborsch nötig, denn schon tags darauf ging es mit dem nächsten Kerwe-Highlight weiter.
Bei bestem Wetter sammelten sich am Sonntagmittag hunderte Mitglieder von Kelsterbacher Vereinen, Verbänden und Organisationen im östlichen Teil der Mörfelder Straße, um sich für den Kerwe-Umzug aufzustellen. Insgesamt waren es 26 Zugnummern, die sich, angeführt von Polizei und Feuerwehr, ab 14 Uhr mit viel Tamtam vom Oberdorf in Richtung Unterdorf bewegten. Zahlreiche Anwohnerinnen und Anwohner hatten vor ihren Häusern Position bezogen, manche hatten sogar Gartenstühle und -tische aufgebaut und sich mit gekühlten Getränken versorgt, um den Umzug mit allen Annehmlichkeiten zu genießen. Neben den Kerweborsch, Alt- und Ehrenkerweborsch mit ihren Fahnenschwenkern und dem großen Bembelwagen waren die Herrgottstaler Musikanten mit dabei, die an der Spitze des Zuges zünftige Blasmusik spielten und die Zuschauer auf die folgenden Zugnummern einstimmten. Weitere Teilnehmer waren der Verein Kleeblatt mit seiner Seniorenrikscha, der Ball-Spiel-Club, der Karnevalverein Die „Feuerreiter“, die „Zappelfüße“ der Tanzsportgruppe Flair, die Country Company, die Kita der Christuskirchengemeinde, der Kegel- und Bowlingverein, der Freizeitsportclub, der 1. FC Viktoria, der Kanu-Club, die Gruppe „I love my Dorf“, die Schützengilde, die Schnaaken, der Griechisch-Byzantinische Kulturverein, der Tennis-Club, die DLRG, die Jugend der Freiwilligen Feuerwehr, der TUS, der Squaredance-Club Oakleaves, ukrainische Geflüchtete und der Heavy-Metal-Club „The Jolly Bangers“.
Einige Zugnummern hatten Beschallungsanlagen mit dabei, so dass für fetzige Partymusik bestens gesorgt war. Auch Bonbons wurden zur Freude der Kinder reichlich geworfen oder, wie im Falle des Wagens der Ehrenkerweborsch, es wurden rote Rosen herabgereicht. Wer sich am Rathaus eingefunden hatte, um der Parade zuzusehen, kam sogar in den Genuss einer kurzweiligen Moderation des Vereinsringsvorsitzenden Thorsten Schreiner, der dem Publikum die einzelnen Zugnummern vorstellte. Auf dem Weg ins Unterdorf warteten an einigen Stellen freundliche Anwohnerinnen und Anwohner den Kerweborsch mit einer belebenden Erfrischung aus dem Bembel auf, so dass der durch die schweißtreibende Umzugstätigkeit verursachte Elektrolytverlust umgehend ausgeglichen werden konnte. Natürlich musste dafür der ein oder andere Halt eingelegt werden, so dass der Zug schließlich gegen 17 Uhr am Kerweplatz ankam. Dort hieß es nun einmal durchschnaufen und sich stärken, ehe am frühen Abend im Festzelt das Programm weiterging und die Band Daddy-L dem Publikum mit Rock- und Pop-Hits ordentlich einheizte.
In Erfüllung traditioneller Kerwe-Bräuche stand am Montag der Giggelschlag als abschließender Höhepunkt auf der Agenda. Eingebettet in den inzwischen fest etablierten volkstümlichen Frühschoppen eröffnete sich bereits morgens im Festzelt eine zünftige Szenerie. Ihre sichtliche Freude daran hatten auch die Ehrengäste Kerstin Geis, Abgeordnete des hessischen Landtags, und der Landrat Thomas Will, beide SPD. Sie leisteten den politischen Vertretern der Stadt Kelsterbach freundlich Gesellschaft und wurden vom Stadtoberhaupt Manfred Ockel herzlich begrüßt. Dem voraus ging ein Einmarsch, bei dem „Nochgiggel“ Anna-Lena Hofmann letztmalig nach drei Jahren Amtszeit die Kerweborsch anführte. Die Atmosphäre im Festzelt war entsprechend, denn zum Klang des Kerwemarschs verzichteten die Gäste auf ihre Sitzgelegenheiten. Stattdessen wurden diese als erhöhte Stand-Ebene zur Stimmungsförderung zweckentfremdet. Singend und klatschend wurde die rotweiße Polonaise begleitet und der Weg für die Wachablösung beim Amt des Giggelsmädchen war geebnet.
Der Tradition verpflichtet verfolgte ein Hahn namens Henry vom Käfig aus, wie eine kleine Gruppe junger Kelsterbacher Damen, die Augen verbunden, versuchte, mit dem Dreschflegel eine Tonschale zu zerschmettern. Bereits Kandidatin Nummer zwei glückte dieser bedeutende Treffer. Dieses Kunststück und weitere Fakten qualifizierten Alina Hardt dafür, die kommende Kampagne als Frontfrau der Kerb zu bewältigen. Bei der 26-jährigen handelt es sich um ein waschechtes Kelsterbacher Mädchen, darüber hinaus sogar um eine Unterdörflerin. Herzliche Glückwünsche erhielt sie von Ihrer Vorgängerin Anna-Lena, die, der Corona-Pause geschuldet, mit dreijähriger Amtszeit als Rekord-Giggel in die Geschichte eingehen dürfte. Sichtlich gerührt von diesbezüglicher breiter Anerkennung, dankte sie ihren aktiven Kerweborsch und der rotweißen Familie für die Unterstützung und eine unvergessliche Zeit.
Vor und nach dem Giggelschlag lag die musikalische Unterhaltung in den Händen von Winfried Stark und seinen Steigerwäldern. Die Band ließ dabei keinen Klassiker der Volksmusik vermissen und lieferte, wie bereits in der Vergangenheit, ihren Beitrag für einen harmonischen Frühschoppen nach Maß. Die kulinarische Synergie dazu sicherte das Festwirtehepaar Tanja und Markus Distelkamp, die mit ihrem engagierten Team Versorgungs-Engpässe ausschließen konnten. Möglicherweise richtete sich eines von vielen Angeboten als Hommage an den Main als Weißwurst-Äquator, denn selbige Spezialität fand reißenden Absatz.
Nach vier Tagen in rotweißer Herrlichkeit konnte Kelsterbachs Volksfest Nummer eins seine Wiedergeburt im Resümee als geglückt einstufen, denn das, was das Format auszeichnet und beliebt machte, fand in der Wiederauflage seine breit akzeptierte Fortsetzung. Was gefällt, löst Gewöhnung aus, und mit Hilfe zeitgemäßer Stellschrauben sollte Kelsterbach um die Zukunft der Kerb nicht bange sein. Wie in vielen anderen Bereichen kommt es hier auf die Förderung des Nachwuchses und das generationsübergreifende Miteinander an. Ab heute Abend kann die Gelegenheit dazu erneut ergriffen werden, denn dann heißt es wieder in verbundener Einheit: „Wir sind Altstadtfest“. (Text sb, wö, gw/ana; Bilder sb, wö, privat)