Der Landrat des Kreises Groß-Gerau, Thomas Will, hat sich in dieser Woche schriftlich an niemand geringeren als den Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) sowie den Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) gewandt. Inhalt des Brandbriefs ist die immer schwerer werdende Finanzierung der Kommunen aufgrund von Entscheidungen aus dem Bund.
So heißt es, dass „die wachsenden sozialen Transferleistungen“ der finanzielle Treiber seien, die die Landkreise und Kommunen in die wirtschaftliche Schieflage bringe.
Will gibt an, dass zwischen 2023 und 2024 die Mehrkosten um mehr als 28 Millionen Euro gestiegen seien, bei einer gleichzeitigen Reduzierung der Erträge aus den Schlüsselzuweisungen (zweckfreie Zuweisung zur allgemeinen Finanzierung der Ausgaben des Verwaltungshaushaltes) um 2,6 Millionen Euro. Dies führe zu einer verstärkten Haushaltsbelastung, die durch eine Kostenreduzierung allein nicht aufgefangen werden könne und letztlich eine Mehrbelastung der Bürger/-innen in Form einer Erhöhung des Grundsteuerhebesatzes bedeute.
Doch auch im Bereich der Hilfe zur Schulbegleitung seien steigende Fallzahlen und damit steigende Kosten zu verzeichnen. Allein in Rüsselsheim haben sich die Fallzahlen von 287 Fällen im Jahr 2020 auf 419 Fälle im Jahr 2024 erhöht, die Kostensteigerung jedoch fast verdreifacht auf 9,1 Millionen Euro. So zeige sich eine Entwicklung, die bundespolitisch gewollt sei, ohne eine entsprechende Gegenfinanzierung zu gewährleisten. Zwar sei ein Sondervermögen für Kommunen angekündigt worden. Bei 300 Millionen Euro kommunalem Finanzausgleich, entfielen jedoch nur 93 Millionen auf die Landkreise und davon kämen gerade einmal 5,58 Millionen Euro im Kreis Groß-Gerau an. Bei dem aktuellen Defizit in zweistelliger Millionenhöhe verpuffe diese Finanzhilfe.
Will bemängelt weiterhin, dass bei steigenden Standards die Mittel stagnierten. Dies sei in der Pflege zu verzeichnen, aber auch bei kostenlosen Kita-Plätzen mit Ganztagsanspruch bis hin zur Wohngeldreform. Unterm Strich erodiere so die kommunale Selbstverwaltung. „Berlin muss endlich liefern – nicht mit neuen Aufgaben, sondern mit fairer Finanzierung.“
Auch einen Lösungsvorschlag liefert der Landrat in seinem Brandbrief:
| 1) | Einführung einer Pflegevollversicherung |
| 2) | Gesetzliche Konnexität auch für Bundesgesetze (Gegenfinanzierung muss gegeben sein) |
| 3) | Neuordnung der Steuerverteilung mit höherem kommunalen Anteil an Umsatzsteuer |
| 4) | Verbindliche kommunale Ressourcenabschätzung bei allen Gesetzesvorhaben |
| 5) | Kompensation vergangener Unterfinanzierung durch Anpassung des kommunalen Umsatzsteueranteils |
| 6) | Nachhaltige Entlastung des Sozialetats durch strukturelle Reform der sozialen Transferfinanzierung |
| 7) | Faire Beteiligung der Landkreise am kommunalen Finanzausgleich. |
Will appellierte die Sorgen der Kommunen ernst zu nehmen. Denn ließen Bund und Länder die Kommunen weiter im Stich, treibe das die „Bürgerinnen und Bürger letztlich in die Hände derjenigen politischen Kräfte, die nichts weniger als die Zersetzung unserer Demokratie von innen heraus zum Ziel haben.“ (ana)