Viertklässler lesen vor und die Kinder aus der Kita FarbenFroh lauschen gebannt.
Sultan Ardic (links) und Klassenlehrerin Ellen Bauer: Beide haben gemeinsam das Tandemprojekt zwischen Kita FarbenFroh und Pestalozzischule umgesetzt
Die beliebte Kita-Bücherei im Wellenläufer: Drei Kinder dürfen jeden Freitag jeweils ein Buch ausleihen.
Ein Junge sucht sich in einer Bücherei ein Buch aus: Für die Kinder der Kita Sterntaucher ist dies gelebter Alltag.
Mit zwei selbst ausgewählten Büchern und dem Mediathekausweis zum Ausleihschalter gehen: eine Selbstverständlichkeit für die Kinder der Kita Sterntaucher.
Lesen und schreiben lernen Kinder zumeist in der ersten Klasse. Die Jahre zuvor sind eine wichtige Vorbereitungszeit, um mit der Erzähl-, Sprach- und Schriftkultur vertraut zu werden. Kinder erwerben im vorschulischen Alter Wissen und Fähigkeiten, die der Entwicklung von Lese- und Schreibkompetenz vorausgehen.
In einem sprachanregendem Umfeld sammeln sie Erfahrungen mit Büchern und mit gesprochener Sprache. Neben der Familie als erstem und wichtigstem Bildungsort kommt hier den Kindertagesstätten eine große Bedeutung zu.
In der Kita FarbenFroh lief über rund viereinhalb Monate ein neues Projekt: Am 1. Februar war Sultan Ardic, Erzieherin und stellvertretende Leitung in der Kita FarbenFroh, zum ersten Mal mit einer Kleingruppe in einer vierten Klasse der Pestalozzischule zu Besuch. Die Idee zu diesem Tandemprojekt kam ihr, als ihre mittlere Tochter ihrer jüngsten vierjährigen Tochter vorgelesen hatte. Daraufhin hatte Ardic überlegt, wie sie solch eine Situation auch den in der Kita betreuten Kindern ermöglichen könne. Sie sprach die Klassenlehrerin ihrer Tochter, Ellen Bauer von der Pestalozzischule, an. Diese konnte sich für Ardics Vorschlag sofort begeistern.
Jeden Donnerstag ging Sultan Ardic mit sechs bis acht Kindern in der dritten Schulstunde in die Klasse von Ellen Bauer. Zwei bis drei Viertklässler sind mit dem Kita-Besuch in einen Nebenraum gegangen und haben den Kindern vorgelesen: einfache Geschichten, Bilderbücher, Kamishibai. „Wenn die Kinder Fragen gestellt haben, sind sie darauf eingegangen“, blickte Ardic auf diese Zeit zurück.
Zur Nachbereitung der Stunde für die Kita-Kinder hatte Ellen Bauer ihnen etwas mitgegeben: zum Beispiel ein Ausmalbild oder ein kleines Spiel.
Sultan Ardic hatte mit der Kleingruppe das Treffen im Bistro nachbereitet. „Im Rahmen des Projektes haben die Kita-Kinder regelmäßig die Mediathek besucht“, berichtet Sultan Ardic. Die Viertklässler hatten die Bücher, die sie vorgelesen haben, in ihrer eigenen Schulbibliothek ausgeliehen. Ellen Bauer hat die Vorleseeinheiten jeweils mit ihrer Klasse vorbereitet.
Aus dem Ü3-Bereich waren alle 44 Kinder der Kita FarbenFroh in das Projekt involviert. „Jedes Kind war mindestens einmal dabei“, sagte Sultan Ardic über das Projekt, das Mitte Juni endete.
Eine Fortführung findet voraussichtlich sogar in größerem Umfang als bisher statt: Im nächsten Schuljahr wird sich an der Pestalozzischule der komplette vierte Jahrgang beteiligen, die neue Grundschule wird das Angebot in Form einer AG durchführen.
Seit Anfang Juni haben die Kinder der Kita Wellenläufer die Möglichkeit, ihre Lieblingsbücher über das Wochenende mit nach Hause zu nehmen. Jeden Freitag ab 12.15 Uhr öffnet die kleine Bibliothek für zunächst drei Kinder. „Wir starten mit einem Kind pro Gruppe“, erklärt Seline Wilz, zusätzliche pädagogische Fachkraft im Landesprogramm Sprach-Kitas.
Reihum können so alle Mädchen und Jungen „Bücherei-Kind“ werden. „Sie suchen sich ein Buch aus, das sie mit ihren Familien am Wochenende lesen können. So fördern wir den Spaß an Büchern und gleichzeitig den Spracherwerb.“
Die Kinder nehmen das Programm gut an. „Oft sagen Kinder schon am Montag zu mir: Diese Woche möchte ich Bücherei-Kind werden“, erzählt Wilz. Ist die Lust auf das Vorlesen erst einmal geweckt, gibt es den Hinweis, dass man in der Mediathek der Stadt noch viel mehr ausleihen kann.
Für jede Gruppe gibt es eine Büchertasche mit dem Gruppensymbol. Darin wird das Buch transportiert. Am Montag bringen die Kinder Tasche und Buch wieder mit in die Kita. Die Kinder lernen so das System der Ausleihe kennen. Sie wissen auch, dass sie die Bücher gut behandeln müssen. Jedes Buch wird vor und nach der Ausleihe auf Schäden kontrolliert. „Nicht alle unserer Kinder sind geübt im Umgang mit den Büchern,“ weiß Wilz. Wenn man nicht mit Büchern aufwächst, ist schon das Umblättern der dünnen Seiten manchmal eine Herausforderung.
Die Bibliothek steht auch den Eltern zur Verfügung. „Wenn bestimmte familiäre Umbrüche anstehen, wie die Geburt eines Geschwisterchens, oder das Kind Fragen zu einem bestimmten Thema hat, berate ich die Eltern gerne“, sagt Seline Wilz. Die Eltern können aber auch aus Interesse stöbern.
Momentan ist die Ausleihe noch auf ein Buch beschränkt. Das liegt zum einen daran, dass sich das System erst einmal einspielen muss. Oft kommen Bücher nach dem Wochenende nicht zurück. Zum anderen ist die Kita Wellenläufer gerade dabei, den Bestand weiter auszubauen. Gerne nimmt Seline Wilz für die Kita-Bibliothek gut erhaltene Bücherspenden entgegen.
Die Kinder sprachlich zu begleiten und sprachanregende Situationen zu schaffen, ist ein wesentlicher Baustein der pädagogischen Arbeit in der Kita Sterntaucher. Darüber hinaus wird der Bilderbuchbetrachtung und dem Vorlesen viel Raum gegeben, denn hier finden auch erste Begegnungen mit der Schriftsprache statt. Die Vorlesezeiten genießen die Kinder sehr. Sie lauschen, stellen Fragen zu den Geschichten, den Bildern, mitunter sogar zu den Buchstaben. Sie spekulieren und diskutieren. An diese bereits verankerten Erfahrungen, an diese Lust an Schrift und Sprache, an diese Freude am gesprochenen und geschriebenen Wort wurde in der Kita Sterntaucher anknüpft und das Projekt „Wöchentlicher Besuch der Mediathek“ ins Leben gerufen.
Jeden Mittwoch besucht eine Kleingruppe mit einer Erzieherin die Mediathek. Die Gruppenzusammensetzung wechselt wöchentlich, denn Ziel ist es, dass jedes Kind diese öffentliche Einrichtung mindestens einmal im Kindergartenjahr besucht. Auch Eltern sind eingeladen mitzukommen. Bei diesem Besuch lernen die Kinder nicht nur die Mediathek mit ihrem Bücherbestand kennen, sie erwerben darüber hinaus Kenntnisse über den Ablauf der Ausleihe, werden mit den dort geltenden Regeln vertraut gemacht und üben sich im behutsamen und sorgfältigen Umgang mit Büchern.
Bevor die Gruppe sich auf den Weg zur Mediathek begibt, gehen die Kinder zur Kita-Leiterin, um den Ausweis zu holen. Viele Kinder wissen bereits, dass die Ausleihe nur mit einem Ausweis möglich ist. In der Mediathek angekommen, werden die in der Vorwoche ausgeliehenen Bücher zurückgegeben. Dabei achtet die Erzieherin darauf, dass jedes Kind an der Rückgabe beteiligt ist. Bevor die Gruppe sich in das Untergeschoss begibt, wo die Bücher für die Jüngsten platziert sind, wird noch ein Blick auf die vielen Bücher für Kinder ab 6 Jahren geworfen, die in den Regalen auf der Erdgeschossebene stehen.
Im Untergeschoss schauen sich die Kinder erst einmal um und machen sich mit dem großen Raum, den Regalen und Bücherkisten vertraut. Beim kleinen Rundgang lernen die Jungen und Mädchen, dass es hier zwei Gattungen von Büchern gibt: Sachbücher und Geschichten bzw. Bilderbücher. Die Erzieherin zeigt ihnen, wo die Sachbücher stehen und wo die Bilderbücher zu finden sind. Nun können die Kinder sich Bücher aus den Regalen herausholen. Sie nehmen auf dem großen grünen Teppich oder den kleinen Stühlen Platz und schauen sich allein oder zu zweit die Bücher an. Selbstverständlich liest die Erzieherin auch vor, wenn der Wunsch besteht. Nach der Lesephase wird jedes Kind aufgefordert, zwei Bücher für seine Kindergartengruppe auszuwählen. Das ist für manche Kinder eine Herausforderung, da sie am liebsten mehr Bücher mitnehmen würden. Ein Kind reicht dem Bibliothekar den Ausweis und danach leiht jedes Kind die von ihm ausgewählten Bücher aus. Nachdem sie eingescannt sind, werden sie in den großen Rucksack der Erzieherin gelegt. Auch die Ausleihe ist für die Kinder spannend. Aufmerksam beobachten sie diesen Bereich der Mediathek und natürlich jede Handbewegung des Bibliothekars, der geduldig jede Frage der Kinder beantwortet.