Auf historischen Pfaden unterwegs
Groß-Gerau einmal aus einer anderen Perspektive erleben, konnten die Treburer LandFrauen bei einem Stadtspaziergang mit dem Leiter des Stadtmuseums, Herrn Dr. Jürgen Volkmann.
Auf heitere und sehr interessant Weise führte uns Herr Volkmann durch die Vergangenheit der Stadtgeschichte.
Gestartet wurde an dem am Marktplatz befindlichen Denkmal mit Löwen, welches darauf hinweist, dass schon die Römer in Groß-Gerau aktiv waren. Weiter führte der Weg zum Marktbrunnen. Er ist das Symbol für die Stadt- und Marktrechte, die die Grafen von Katzenelnbogen 1398 für den Ort erwirkt haben. Das dort befindliche Wappen zeigt im unteren Teil ein Kreuz mit Kohlköpfen und Zwiebeln, was auf die große Bedeutung der Landwirtschaft in der Region Groß-Gerau hinweist.
Nächste Station war das Ferkelbauer-Denkmal am alten Amtsgericht. Über die sieben Bronzeskulpturen sowie das frühere Markttreiben und deren Originale wusste Herr Volkmann viele lustige Begebenheiten zu erzählen, die sehr zum Schmunzeln anregten.
Entlang der Darmstädter Straße spazierten wir bis Ecke Kreissparkasse/Am Burggraben, dort befand sich ein Brückenkopf der römischen Provinzhauptstadt Mainz, denn die Römerstraße führte über Groß-Gerau. An dieser Stelle verlief auch die alte Stadtmauer mit einem von drei Stadttoren, dem Galgentor. Dieses weist auf den Gross-Gerauer Scharfrichter Hoffmann hin, dessen letzte größere Amtshandlung am 19.4.1791 im Überführen der Leiche der Gattenmöderin Schickedanz aus Trebur von Darmstadt nach Groß-Gerau bestand. Diese entzog sich der Verurteilung durch Selbstmord und wurde nach damaliger Auffassung unter dem Gerauer Galgen verscharrt.
Scharfrichter Hoffmann „betreute“ gleichzeitig den Frankfurter Scharfrichterbezirk und hat demzufolge auf dem Frankfurter Römer eine Kindsmöderin hingerichtet, was Goethe in seinem Drama „Faust“ verarbeitet hat. Die Hofreite in der Mainzer Straße 29 ist allgemein als das Scharfrichterhaus bekannt.
Weiter führte der Rundgang über den Sandböhl, vorbei an dem ältesten Fachwerkhaus der Stadt, zur evangelischen Stadtkirche. Erbaut voraussichtlich im 15. Jahrhundert und erstmals 1634 abgebrannt. Der Wiederaufbau erfolgte bis 1656, danach wurden immer wieder Erneuerungen und Umbauten vorgenommen. Bei einem Bombenangriff im August 1944 brannte die Kirche erneut bis auf die Grundmauern ab. Anfangs der 1950er Jahre erfolgte dann die Instandsetzung und in den 1990er Jahren wurden erneut Renovierungsarbeiten vorgenommen. Heute eine sehr imposante Kirche mit einer besonderen Anziehungskraft und Ausstrahlung auch durch die drei modern gestalteten, farbenkräftigen Kirchenfenstern, absolut sehenswert.
Der aufschlussreiche, teils spannende historische Stadtspaziergang mit Herrn Volkmann endete dann am Alten Rathaus. Mit seiner Errichtung wurde 1578 begonnen und in den Räumlichkeiten tagte früher das Schöffengericht und die landgräflich eingesetzten Schultheiße. Zum Glück blieb das Rathaus von Zerstörungen verschont und ist heute ein Schmuckstück der Fachwerkkunst und Blickfang der Stadt. Gegenüber befindet sich die Rathaus Apotheke, die bereits seit 1701 besteht und die älteste Apotheke der Obergrafschaft außerhalb von Darmstadt ist.
Abschluss dieses besonderen Kulturtages bildete dann noch eine unterhaltsame und schmackhafte Einkehr in der Weinstube „Halbtrocken“. (AFi)