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Treburer Nachrichten
Ausgabe 46/2022
Trebur
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75 Jahre Friedhofskapelle - Halle Trebur 1947 erbaut

Die Geschichte der Friedhofskapelle knüpft an die Friedhofsgeschichte von Trebur an. Schon im frühen Mittelalter gab es in Trebur Friedhöfe, in der Astheimer Straße hinter dem alten Rathaus und auf dem Platz davor. Ein weiterer Friedhof befand sich bei der Pfarrkirche St. Alban auf der Flur Vogtei und im späten Mittelalter bei der heutigen evangelischen Laurentiuskirche und Marienkirche an der Oberen Pforte.

Der Friedhof an der Laurentiuskirche wurde Anfang des 19. Jh. aufgegeben, da er sehr beengt war. Dadurch war die Totenruhe wegen Platzmangel nach christlichem Brauch nicht garantiert. Um der Enge auf dem Kirchhof entgegenzukommen, vor allem in Pestzeiten, wurden schon im 15. Jh. die Gebeine aus den Gräbern herausgenommen und in einen Karner am Friedhof, ein geweihten Raum, eingelagert. Dadurch konnten die geräumten Gräber wieder neu belegt werden. Im 18. Jh. wurde diese Tradition nach und nach aufgegeben.

1786 wurde der Friedhof auf der außerhalb gelegenen Vogtei, bei der schon 1578 aufgegebenen St. Albanskirche geräumt und zu Acker umgepflügt. Die Gemeinde war nun in Bedrängnis und entschied sich deshalb für eine neue Friedhofsanlage in der heutigen Friedhofsstraße außerhalb des Burggrabens am Bessheimer Weg, im 19. Jh. noch Kerchhofsgass genannt. Die Feldflur nannte sich die Preißgewann.

Der neue Friedhof wurde 1818 mit der Bestattung zweier Mädchen, die an Diphterie gestorben waren, geweiht. Die Mädchen waren die Töchter von Gottfried Schüssler, Schultheiß von Trebur und Oberschultheiß des Amtes Rüsselsheim.

Diese Anlage außerhalb des Burggrabens wurde mit einer Mauer aus rauen Natursteinen ummauert damit wilde Tiere nicht eindringen und Schaden anrichten konnten. Ein Teil dieser alten Mauer ist heute noch an der Lahnstraße vorhanden. 1891 wurde dann eine kleine Halle an der Friedhofsstraße mit Leichenkammer erbaut, außerdem befand sich dort ein Raum für den Leichenwagen sowie Geräte für die Bestattung. Hier ist zu bemerken, dass sich in der Zeit des 19. Jh. nicht alle einen Sarg für seine Angehörigen leisten konnten.

Die Toten wurden auf Totenbretter damals noch zuhause aufgebahrt für eine dreitägige Totenwache, die in den Familien mit Gebeten zelebriert wurde. Am Tag der Beisetzung wurden die Verstorbenen in die Kirche gebracht, um die Totenfeier abzuhalten und anschließend mit einem Leichenzug zum Friedhof begleitet. Die Toten wurden noch teils mit den hergestellten Totenbrettern in Leinentücher eingewickelt in das ausgehobene Grab gleiten lassen oder mit einem Sarg beigesetzt.

In Trebur gab es schon seit dem späten Mittelalter eine Beerdigungssitte, wo das alte Trebur in Vierviertel aufgeteilt war. Gewählte Viertelmeister sorgten dafür, dass die Verstorbenen ordnungsgemäß beerdigt und die Rituale eingehalten wurden. Einäscherung war nicht erlaubt, das verstieß gegen die christlichen Werte. Um 1830 hatte Trebur 1500 Einwohner. Die vermögenden Bürger von Trebur ließen für ihre Verstorbenen trotz Sargbestattung traditionell ein Totenbrett herstellen, das dann im Anwesen der Verstorbenen aufgestellt wurde. Darauf stand der Name des Verstorbenen, Geburtsjahr und Sterbedatum, wahrscheinlich auch der Beruf. Das Grab wurde, mit dem in Trebur vorgeschriebenen Kreuz versehen. Die es sich leisten konnten, stellten kunstvolle Grabsteine auf, auf denen außer dem Namen, Psalmen oder Gedichte über die Verstorbenen in Schrift eingemeißelt wurden. Die Totenbretter wurden aufgegeben und seit Mitte des 19. Jh. wurde die Bestattung in Särgen allgemeine Vorschrift.

Die 1891 erbaute Friedhofshalle am neuen Friedhof diente mit der Leichenkammer für die Bürger, die ihre Angehörigen zuhause aus Platzgründen nicht aufbahren konnten.

Diese alte Halle wurde 1946 abgerissen und 1947 durch einen Neubau ersetzt und der Friedhof musste wegen der, auf 3500 Einwohner anwachsenden Bevölkerung erweitert werden.

Die Wohnungsnot führte, durch die mit Bomben zerstörten, Großstädte der Region und dadurch wohnungslosen Menschen zu Zwangseinweisungen. Der verantwortliche Bürgermeister hatte große Sorgen mit der Unterbringung in dem geringen und teilweise provisorischen Wohnraum vor Ort. Es waren dann hunderte Vertriebene und Flüchtlinge, die aus ihrer Heimat teils gewaltsam aus dem deutschen Osten, Sudetenland und anderen fernen Länder kamen. Peter Feutner wurde 1945 von der amerikanischen Besatzung zum Bürgermeister ernannt.

Bevor die alte Friedhofshalle abgebrochen wurde, ist Architekt Höfler aus Stockstadt beauftragt worden einen Neubauplan zu entwerfen. Dieser Plan scheint durch die Neubürger, hauptsächlich aus dem Sudetenland, beeinflusst worden zu sein. Das erkennt man an dem süddeutsch beeinflussten Baustil im barocken Kapellencharakter mit Schwibbogen an Sandstein behauenen Fenstern und Türen, sowie das Dachtürmchen mit einer Zwiebelhaube und Turmspitze. Leider ist das Wetterfähnchen auf der Turmspitze mit dem Baujahr 1947, 2008 verrostet heruntergefallen.

Das Gebäude selbst ist unter großem Materialmangel erbaut worden. Peter Feutner musste der amerikanischen Militärbesatzung das Baumaterial abringen. Besonders Holz war knapp und die Bürger konnten das Holz aus ihrem eigenen Gemeindewald nur mit Genehmigung der amerikanischen Besatzungsbehörden beschaffen. Die Mauern bestehen noch heute aus rauen Sandsteinen verputzt, Eckverquaderung, Fenster und Türgewände wurden aus Mainsandstein geschaffen. Die hölzernen Dachsparren bestehen noch heute aus Notsparren, die sich trotzdem 75 Jahre bewährt haben.

Im Inneren im Westteil wurden Kammern zur Aufbahrung der Verstorbenen in würdiger Weise geschaffen, eine erste Kühlkammer wurde eingerichtet. Ein großer Raum wurde am Boden und Wänden gefliest, und ein Tisch für Beschauung von Leichen für Polizei und Gerichtsbehörde eingerichtet. Außerdem wurde eine Remise für den gemeindlichen Pferdegezogenen Leichenwagen vorgesehen, dort wurden auch Geräte zur Bestattung gelagert.

Eine Trauerhalle mit Apsis und Kreuz im Osten und ein Aufenthaltsraum für den Pfarrer und eine Außentoilette ist entstanden. Bis heute hat die Friedhofskapelle ihren ursprünglichen Charakter behalten, außer dass die Zugänge zur Trauerhalle früher nicht verschlossen waren und dieser Raum noch ungeheizt war. Dafür wurde in den 70. Jahren, nachdem man den Soldatenfriedhof abräumte, die Zugänge mit Vorbauten der Halle zum Friedhof und Friedhofstraße geschlossen.

Kurz nach dem 2. Weltkrieg wurde vor der Kapelle ein Soldatenfriedhof für die bis dahin unbekannten Soldaten angelegt. Es waren die am Ende des zweiten Weltkrieges bei der Rheinverteidigung Gefallenen, die auf der Hohenaue bestattet und vor die Kapelle in Trebur umgebettet wurden. Die Gräber erinnerten mit Birkenholzkreuzen und darauf befestigten Soldatenhelmen an den Wahnsinn des totalen Krieges. Auf dem Gefallenenfriedhof stand auch die Stele, ein Monolith, wo die Namen der im Krieg Gefallenen Soldaten aus Trebur eingemeißelt wurden. 1971 wurde die Stele auf das Friedhofsinnere versetzt. Dabei wurde der schöne beschauliche Gedenkplatz, mit Buchsbaum umgeben, beseitigt und die neue breitere Friedhofstraße darüber angelegt.

Gesellschaft Heimat und Geschichte Trebur
Wolfgang Kraft