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Treburer Nachrichten
Ausgabe 48/2025
Trebur
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Gesellschaft Heimat und Geschichte - Ein großes Neubaugebiet verändert die Dorfstruktur von Astheim - Teil 2

Außer der Anordnung, die Firstlinien der Häuser parallel der Straße auszurichten, gab es keine weiteren Bebauungsplan-Anordnungen und so konnte jeder sein Haus nach seinen individuellen Wünschen gestalten.

Planerisch befreit von der Enge in den alten Häusern und Wohnungen konnten für die Bauwilligen die Fenster in den nunmehr auch größeren Zimmern gar nicht groß genug sein.

Wohnzimmerfenster in Breiten von 3 bis 4 m waren die Regel. Dazu waren große Glasbausteinfenster in den Treppenhäusern beliebte Gestaltungselemente.

Ein großes Wohnzimmer, das nicht mehr ausgeräumt werden muss, wenn eine Familienfeier ansteht, dazu eine eigenständige Küche mit Einbaumöbeln und einem eigenständigem Essraum waren die Standardwünsche.

Endlich ein Badezimmer mit Wanne und/oder auch mit einer Dusche. Vorbei mit den eintönig elfenbeinfarbenen Fliesen. Die Bäder erstrahlen in den gerade neu aufkommenden farbigen Fliesen. Das Abort mit Plumpsgrube nicht mehr hinterm Haus im Garten, jetzt im Haus ein integriertes Klo mit Wasserspülung. Warmes Wasser nicht mehr auf dem Herd zubereiten müssen, jetzt aus dem Wasserhahn soviel man will. Im ganzen Haus eine wärmende zentrale Ölheizung, untergebracht im Keller ohne Staub und Dreck.

Alles Einrichtungen und Ausstattungen, die zuvor nur Wunschdenken waren, nun konnten sie dankbare Wirklichkeit werden!

Doch bevor es soweit war bis zum ersten Spatenstich, floss sprichwörtlich noch viel Wasser den Rhein hinunter.

Die Baupläne fertigen, den Bauantrag stellen und warten, warten, warten auf die Baugenehmigung. Endlich, ausgangs Sommer 1964 konnten die Ersten loslegen.

Doch unter welchen Umständen?

Keine zielführende befestigte Baustraße zu den Grundstücken, die Baugrundstücke ein noch teils mit Korn bestelltes Feld, einzig 4 Grenzsteine als Eckpunkte zu den Grundstücken.

Erst nach und nach spurten sich durch die Anfuhr der Baumaterialien die Flächen für die späteren Straßen heraus.

Zum Glück war es ein relativ trockener Sommer. Doch wehe dem es regnete, dann war es bei dem im Baufeld anstehenden Boden aus Schluff und Ton ein glitschiges und rutschiges Desaster. Die zukünftigen, noch unbefestigten Straßenflächen versanken in Matsch, Pfützen und tiefen Fahrrillen. So mancher von seinen Baumaterialien entladener Lkw. kämpfte im unbeladenen Zustand mit durchdrehenden Rädern und musste von einem freundlichen Ast-heimer Landwirt mit Traktorenhilfe wieder auf festen Untergrund gezogen werden.

Mit Eifer legten die 35 Bauherren los, meist in Selbsthilfe mit Familie, Verwandten und Freunden. 35 Baugrundstücke, nirgendwo ein Kran zur Transport- und Hubhilfe!

Der Aushub der Baugrube und der Fundamente, alles wurde gebuddelt mit Spaten, Schaufel und Schubkarre. Zum Glück begrenzte sich die Aushubtiefe für den Keller auf rund 60 cm, dank der späteren Auffüllung der geplant höher gelegenen Straße.

Betonieren der Fundamente und Bodenplatte per 100-ltr.-Mischmaschine, ein zeitlich endloses und kräftezehrendes Schaufeln und nochmals Schaufeln von Kies und Zement in die Mischmaschine, dann das Verbringen des Betons mit Schubkarre an die Einbaustelle und wieder schaufeln, verteilen und verdichten.

Lieferbeton und Betonpumpe, das gab es noch nicht.

Gebaut wurde nach den einfachsten Regeln der Baukunst. An allem musste gespart werden. Kaum jemand hatte genug Kapital zur Verfügung und die Hypothekenkredite beliefen sich auf heute kaum vorstellbare 7 bis 8% Zinsen plus 2% Tilgung, macht 10 % Belastung und Verbindlichkeiten. Viel Geld für die kaum betuchten Bauherren.

Die Keller wurden herausgemauert mit 30 cm dicken Betonsteinen, sogenannte Kellersteine von der Fa. Rheinbau in Bischofsheim. Das Geschossmauerwerk erfolgte mit Bims-Hohlblocksteinen, geliefert aus dem Neuwieder Becken bei Andernach. Das Mauerwerk kostensparend in nur 24 cm Dicke. Nur wenige mauerten in 30 cm Dicke. Warum auch?

Heizöl kostete pro ltr. 7 Pfennige. Wer dachte schon damals an Wärmeeffizienz?

Die Baumaterialien fürs Erd- und Obergeschoss, alles wurde über eine Seilrolle per Hand hochgehievt. Die Hohlblocksteine am Seilhaken eingehängt, der Mörtel in Eimer gefüllt.

Die Geschossdecken wurden hergestellt in einfacher Art als Hohlkörperdecken, kaum jemand betonierte eine Massivdecke in Vollbeton. Doch so oder so, beim Deckenbau war ein erhöhter Helferkreis von Nöten. Alle, die man nur ansprechen durfte, wurden zusammen getrommelt zum Helfen beim Einschalen, Verlegen der Gitterträger, Einlegen der Leichtbeton-Füllkörper und dann war Betonieren angesagt. Die Gitterträger wurden ausbetoniert und ein Druckausgleichsbeton in ca. 6 cm Dicke über die gesamte Deckenfläche aufgezogen. Alles mit Mischmaschine, Seilzug, Eimer und in Handarbeit. Kein Lieferbeton, keine Betonpumpe, dazu war die Zeit noch nicht reif. Einige schafften es noch vor Jahresende 1964 das Dach einzudecken.

Nun war das Haus, der Rohbau vor Regen und Schnee geschützt. Ein erstes Aufatmen.

Der Innenausbau begann ...

Fortsetzung folgt.