Mit einer mehrteiligen Dokumentation „Vom Neubaugebiet zum Wohngebiet“ schildern wir die Entstehung und Geschichte des heutigen Wohngebietes „Vorm Hollerbusch“, einer Wohnbaufläche um das heutige Astheimer Bürgerhaus, angefangen vom Brückenweg am Schwarzbachdamm, vorbei am Bürgerhaus bis hin zur Chaussee nach Bauschheim.
Der heutige 3. Teil unserer Dokumentation setzt sich fort mit den baulichen und bitteren Umständen des Wohnhausbaus der ersten 35 Bauwilligen.
Ein Problem! Wohin mit dem häuslichen Abwasser?
Einige der Bauwilligen schafften es noch vor Jahresende 1964 das Dach einzudecken. Nun war das Haus, der Rohbau vor Regen und Schnee geschützt. Ein erstes Aufatmen!
Der Innenausbau begann. Nach Heizung, Sanitär- und Elektroarbeiten war wieder Mischmaschinenarbeit für die Verputzarbeiten angesagt. Aller Putzmörtel wurde per Hand auf die Wände aufgeworfen und wieder musste alles Material mühselig über eine Seilrolle per Hand hochgehievt werden, eine Mörtelputzmaschine gab es noch nicht!
Ende 1965/Anfang 1966 zogen die ersten Familien in ihr neu gebautes Haus ein. Groß war die Freude beim Einzug, nun im eigenen Haus mit großzügigem und modernen Räumen wohnen zu dürfen. Fertig war das Haus allerdings bei Keinem. Nur mal drin sein, war aller Wunsch. Da fehlten beispielsweise die letzten Fliesen im Bad, in dem einen oder anderen Zimmer war der Fußboden noch nicht verlegt. Vorhangschienen, Vorhänge auf später verschoben, das Obergeschoss noch nicht vermietungsreif und die Hauseingangstreppe vom Hof oder der Straße war auch nur ein Notbehelf. Im Keller ein 100-Liter-Waschkessel, beheizt mit Holz- und Kohlefeuer. Eine Waschmaschine? Kaufreif erst 3 oder 4 Jahre später für rund 1.000 DM! Das waren zwei Monatsverdienste im Netto!
Einkaufen im Ort? Läden für den alltäglichen Lebensbedarf waren in Astheim seinerzeit genug vorhanden. Doch der Weg dorthin? Im Sommer bei Trockenheit erträglich. Aber ab November, über Winter und ins Frühjahr mit Regen, durchweichten Böden voller Matsch und Pfützen, man kann es mit Worten kaum beschreiben. Jeder Schritt ein Stapfen mit erdverapptem Schuhwerk bis man endlich den Damm am Sportplatz mit befestigtem Feldweg erreichte. Auf dem Heimweg dazu die Last des Einkaufs, meist noch ein Kleinkind an der Hand, für das jeder Schritt mit kleinen Füßen eine Tortur war. Aber alleine zu Hause konnte man die Kleinen ja auch nicht lassen. Manchmal halfen die Nachbarn, nahmen das Kind in Obhut, was dankbar angenommen wurde.
Die Männer abends nach Feierabend mit dem Auto bis ans neu gebaute Haus vorfahren und parken? In der regnerisch nassen Jahreszeit unmöglich. Da hieß es in Höhe des heutigen Kerweplatzes das Auto abstellen, Gummistiefel an und bis ans Haus durch Matsch und Schlamm latschen. Qualvolle Zumutungen, denen sich die ersten 35 neuen Hausbesitzer nach Einzug unterziehen mussten, mehr als 2 Jahre lang!
Ein großes Manko war, die Gemeinde hatte bei Einzug ins neue Haus noch keinen öffentlichen Entwässerungskanal in der Straße gebaut. Wohin also mit dem Abwasser?
Jeder musste auf seinem Grundstück eine Drei-Kammer-Grube errichten, in die er seine häuslichen Abwässer einzuleiten hatte.
War die Grube voll, und das ging mitunter ganz schnell, hieß es, das stinkende Abwasser von einem Entsorgungsunternehmen mit Saugwagen abholen zu lassen. Aber das kostete. Also hieß es im Haushalt, Wasser zu sparen wo immer es ging und auf Baden und Duschen, auf das man sich vor Einzug so gefreut hatte, weitgehendst zu verzichten.
Endlich Mitte 1967 wurden die Straßen auf ihre geplante Höhe aufgefüllt und anschließend der öffentliche Kanal gebaut. Im darauffolgenden Jahr war es dann wenigstens möglich, das in der 3-Kammer-Grube vorgereinigte häusliche Abwasser und auch das Regenwasser aus dem Grundstück in das öffentliche Kanalnetz abzuleiten.
Das vorgereinigte häusliche Abwasser und das Regenwasser aus Grundstücken und Straßen wurden damals gemeinsam an der Astheimer Schwarzbachbrücke dem Schwarzbach zugeführt. Heute nach dem Bau einer Kläranlage wird an diesem Einlauf in den Schwarzbach nur noch das Regenwasser aus Astheim eingeleitet.
Mit der Freigabe der Einleitung der Grundstücksentwässerung in die öffentliche Kanalisation im Jahr 1968 mussten sich die Bewohnerinnen und Bewohner des Baugebietes und darüber hinaus von ganz Astheim nun nicht mehr in ihrem Wasserverbrauch, damit die 3-Kammer-Grube nicht gleich wieder voll war, zurückhalten.
Von nun an konnte endlich auch einmal mit einer randvollen Badewanne ein wohlig gewärmtes Bad genossen werden. Ein Stück neuer Wohn- und Lebenskultur war angebrochen.
Doch immer noch war es kommunale Auflage, mit Vorhaltung einer 3-Kammer-Grube das häusliche Abwasser vorzureinigen und die Grube mindestens ein- bis zweimal im Jahr, zum Himmel stinkend mit einem Saugwagen auspumpen zu lassen.
Noch viele Jahre sollte dieser Zustand andauern, bis dann endlich eine Kläranlage gebaut war.... Fortsetzung folgt.