Titel Logo
Treburer Nachrichten
Ausgabe 51/2025
Trebur
Zurück zur vorigen Seite
Zurück zur ersten Seite der aktuellen Ausgabe

Gesellschaft Heimat und Geschichte

Ein großes Neubaugebiet verändert die Dorfstruktur von Astheim - letzter Teil

Wohngebiet „Vorm Hollerbusch“ in Astheim

Mit einer mehrteiligen Dokumentation „Vom Neubaugebiet zum Wohngebiet“ schilderten wir die Entstehung und Geschichte des heutigen Wohngebietes „Vorm Hollerbusch“, einer Wohnbaufläche angefangen vom Brückenweg am Schwarzbachdamm, vorbei am Bürgerhaus bis hin zur Chaussee nach Bauschheim.

Wir resümieren nochmal kurz:

Im Herbst 1964 starteten 35 Bauwillige unter schwierigsten Bedingungen ihren Traum vom eigenen Haus in den damals noch unbefestigten Straßen Brückenweg, Karlsbader Straße, Schlesierstraße und am Anfang der Ketteler Straße. Die Baugrundstücke ein teils noch mit Korn bewachsenes Feld, einzig 4 Grenzsteine als Eckpunkte zu den Grundstücken!

Die Häuser wurden vornehmlich in Eigenhilfe mit viel Handarbeit hochgezogen. Lieferbeton, Betonpumpe, eine Mörtelputzmaschine? Das alles gab es noch nicht. Nirgendwo stand ein Kran zur Transport- und Hubhilfe. An allem musste gespart werden, zumal auch die Hypothekenzinsen sich an die 8 % beliefen.

Ende 1965/Anfang 1966 – das ist vor heute 60 Jahren – zogen die Ersten in ihre neugebauten Häuser ein. Vieles war noch nicht fertig, aber „man war wenigstens mal drin“!

Doch immer noch keine befestigte Straße und kein Kanal. Alles Abwasser musste in einer Grube gesammelt und unter großem Gestank abgefahren werden.

Einkaufen im Ort? Bei Regen und über Winter auf den unbefestigten Straßen ein mühsames Stapfen mit erdverpapptem Schuhwerk durch Schlamm und Pfützen. Qualvolle Zumutungen für die nächsten 2 Jahre bis endlich Kanal und Straße gebaut waren.

Im heutigen 5. und letzten Teil unserer Dokumentation zu diesem ersten großen Neubaugebiet von Astheim geben wir einen Einblick über die bauliche Gesamtentwicklung von Astheim hin zu einer modernen Wohngemeinde.

Wir danken Walter Müller aus Astheim für die Erinnerungen, seinen Beiträgen und Mithilfe zur Ausarbeitung dieser Dokumentation. Walter Müller war mit seiner Familie einer von den ersten 35 Bauherren des damaligen Neubaugebietes „Vorm Hollerbusch“.

Vom nahezu reinen Bauerndorf zur modernen Wohngemeinde

Wie ging es nach diesem ersten Bauabschnitt mit 35 Bauwilligen weiter mit der Bebauung „Vorm Hollerbusch“?

Das mit ihren 197 ausgewiesenen Baugrundstücken zunächst als „sich übernommen“ erachtete Baufeld konnte von der Gemeinde Astheim nun doch recht schnell vermarktet werden. Die Schar der bauwilligen Bewerber stieg mit dem damals einsetzenden Wirtschaftsaufschwung rasant. In 1969 waren die letzten Grundstücke verkauft und die letzten neuen Wohnhäuser 1972/73 bezugsfertig. Doch wehe dem, wer vor 1969 baute, den erwarteten die gleichen infrastrukturellen Unbilden wie den Bewohnern des ersten Bauabschnitts!

Kaum waren die letzten Grundstücke im „Hollerbusch“ in 1969 verkauft, beschloss die Gemeindevertretung von Astheim noch im gleichen Jahr in ihrer letzten Sitzung vor Weihnachten am 23.12.1969 die Aufstellung eines weiteren Bebauungsplans.

Was in der Flur „Am Holzbrücker Weg“ jahrelang zuvor als Bauerwartungsland ausgewiesen war, sollte nun ein Baugebiet werden. 155 neue Baugrundstücke in Fortsetzung des Baugebietes „Vorm Hollerbusch“ in einem nördlichen Halbkreis um das bestehende Dorf Astheim, nämlich von der Bauschheimer Chaussee bis zur K 159, der Kreisstraße nach Rüsselsheim.

Doch Entwurf und Aufstellung des Bebauungsplans, das Genehmigungsverfahren, alles brauchte seine Zeit. Dazu gab es einige Probleme in der Frage der Entwässerung dieses Baugebietes. Wohin mit den Abwässern? Allein deren Lösung kostete mit vielem Hin und Her einiges an Zeit. Dann endlich im Herbst 1978 starteten nach und nach die ersten Bauwilligen und im Jahr 1985 war so gut wie alles eingezogen.

600 Bürgerinnen und Bürger hatten „Am Holzbrücker Weg“ ihr neues Zuhause gefunden.

Heute prägen die beiden Neubaugebiete „Vorm Hollerbusch“ und „Am Holzbrücker Weg“ als neue moderne Wohngebiete das Dorf Astheim in seiner baulichen Entwicklung. Aber auch der alte historische Dorfkern verzeichnete in den 1960er und 1970er Jahren einen strukturellen Umbruch.

Bis nach dem II. Weltkrieg war Astheim ein nahezu reines Bauerndorf. In der Hauptstraße (heute „Alt Astheim“) und in seinen Nebengassen reihten sich an die 25 landwirtschaftliche Vollerwerbs- und 15 Nebenerwerbsbetriebe fast aneinander und bestimmten so die Ortsstruktur und das Ortsbild.

Das sollte sich nach einer Flurbereinigung mit Besitzeinweisung in 1962 in die aus vielfältig zerstückelten, nun zusammengefassten, größeren und besser nutzbaren landwirtschaftlichen Flächen ändern, zumal mit der Besitzeinweisung auch ein Privileg zum Bauen von Hofstellen im Außenbereich eingeräumt war.

Im Wissen dieses Privilegs begann bei den Astheimer Landwirten ein regelrechter Run in die neue Freiheit eines Aussiedlerhofes mit neuem Wohnhaus, Ställen und Scheunen, sowie ausreichend Ackerflächen in Vereinfachung und Intensivierung ihrer landwirtschaftlichen Produktion.

14 Astheimer Landwirte nutzten diese bis heute einmalige Gelegenheit, der Enge des dicht bebauten Ortskerns von Astheim zu entweichen und sich ihr Leben und Arbeiten mit einem neuen Wohnhaus und einem neuen landwirtschaftlichen Betrieb zu verbessern.

9 Betriebe siedelten sich so in den Fluren im Norden von Astheim an, ein Betrieb nahe dem Friedhof und 4 Betriebe „In den Wiesen“, also fast an der südlichen Grenze von Astheim.

In Astheim selbst war mit „dem Auszug der Landwirte“ der Weg frei, aus den aufgegebenen Gehöften neuen Wohnraum zu generieren, was die Infrastruktur des Astheimer Dorfkerns heute positiv beeinflusst. Mit dem Umbruch des Dorfkerns und eingebunden mit den beiden neuen Wohngebieten „Vorm Hollerbusch und „Am Holzbrücker Weg“ hat sich in 25 Jahren die bauliche Struktur von Astheim aus einem nahezu reinen Bauerndorf in eine moderne Wohngemeinde gewandelt!