Es ist eine Sache, ob man sich traut, seinen Noch-Ehemann bei der Polizei wegen körperlicher Übergriffe – sprich: Körperverletzung – anzuzeigen. Aber es ist eine andere Sache, die Anschuldigungen auch vor Gericht zu wiederholen. Und so zieht es die Noch-Ehefrau im Zeugenstand vor, von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch zu machen. Genauso wie ihre Schwester, die sie bei der Anzeige vor der Polizei noch unterstützt hat, weil sie angeblich alles mitbekommen hat.
Es sind schlimme Dinge, die dem Angeklagten vorgeworfen werden: Er soll seine Frau öfters geschlagen, zu Boden geworfen und getreten haben. Bei der Polizei hat sie Fotos von blauen Flecken vorgelegt. Leider geben die aber, wie Richterin Buchenberger jetzt in der Verhandlung feststellen muss, überhaupt nichts her, weil daraus weder die ganze Person noch ein Datum erkennbar ist.
Der junge Mann auf der Anklagebank schildert die Verhältnisse gänzlich anders. Mit der Frau ist er seit etwa einem Jahr vor der Ehe „zusammengewesen“, jeder noch bei seinen Eltern. Nach der Trauung sind die beiden dann zusammengezogen, aber „die Ehe war nur noch Horror“, sagt er. Er habe allein Geld verdient, die Miete und alles andere bezahlt, und sie habe den Rest mit vollen Händen ausgegeben. Den Haushalt hat er nach der Arbeit noch selber machen müssen, weil sie den ganzen Tag nur auf der Couch gelegen haben soll. Das hat natürlich zu Diskussionen und Streitigkeiten geführt. „Aber ich bin nie handgreiflich geworden“, beteuert er. Im Gegenteil: Sie hat ihn angeblich immer wieder geschlagen und getreten. Er gibt zu, dass ihm dabei „vielleicht schon mal die Hand ausgerutscht“ ist und er ihr zur Abwehr eine „Backpfeife“ gegeben hat, mehr aber nicht. An einem der Abende, an dem er sie angeblich besonders schwer verletzt haben soll, ist er überhaupt nicht zuhause, sondern mit Freunden einen trinken gewesen, was diese auch bezeugen könnten. „Als ich heimkam, war sie weg – ausgezogen“, sagt er. Auf die Frage der Richterin, weshalb sie ihn angezeigt haben könnte, entgegnet der Angeklagte: „Aus Rache, weil ich ihr in der letzten Woche den Geldhahn zugedreht habe.“
Weil die angeblich misshandelte Noch-Ehefrau vor Gericht die Aussage verweigert hat, kommt es, wie es kommen muss. Die Staatsanwältin sieht die Vorwürfe nach dem Ergebnis der Verhandlung nicht bestätigt und beantragt Freispruch, den Richterin Buchenberger auch bestätigt. Sie sagt, der Angeklagte habe eingeräumt, seiner Frau zweimal eine „Backpfeife“ gegeben zu haben, um sich zu wehren. Die Frau und ihre Schwester hätten jedoch vor Gericht keine Aussagen gemacht. Die Aussagen vor der Polizei müssten vor Gericht nicht verwertet werden und die Fotos von den Verletzungen seien auch nicht verwertbar. Die Kosten des Verfahrens fallen der Staatskasse zur Last.