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Rund um Hermeskeil
Ausgabe 10/2024
Aus dem Gerichtssaal
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Wenn ein Streit unter Mietparteien eskaliert

In vielen Mietshäusern ist es üblich, dass die Mieter abwechselnd das Treppenhaus reinigen müssen. Hin und wieder gibt es da auch schon mal Unstimmigkeiten, z.B. wenn zu dem Begriff „Sauberkeit“ unterschiedliche Vorstellungen bestehen. Manchmal ergibt dann ein Wort das andere und am Ende kommt es sogar zu Tätlichkeiten - so geschehen vor nicht ganz einem Jahr irgendwo in Hermeskeil. Der Mann auf der Anklagebank um die 30 soll einem anderen „ohne Anlass“ ins Gesicht geschlagen haben. Als dieser in die Wohnung flüchtet, soll der Angeklagte gegen die Tür geschlagen und getreten haben; irgendjemand hat die Polizei gerufen, die auch schnell vor Ort ist.

Der Mann ist wohl ziemlich in Rage, denn als die Beamten seine Personalien feststellen wollen, weigert er sich und will weg. Gegen die Versuche der Polizisten, ihn daran zu hindern, setzt er sich so heftig zur Wehr, dass diese Verstärkung anfordern. Die trifft ein, als die Kollegen den Wüterich vor dem Haus gerade zu Boden gebracht haben. Erst zu viert gelingt es ihnen, den Mann, der wild um sich tritt und sich windet, zu fixieren. Eine junge Polizistin, die bei der Aktion seine Beine festgehalten und ihm auch die Handschellen angelegt hat, wundert sich später über einen verfärbten und geschwollenen Finger. Im Krankenhaus erfährt sie, dass er gebrochen ist. Ob das beim Festhalten der Beine oder beim Fesseln passiert ist, kann sie nicht sagen, als Richterin Buchenberger sie als Zeugin befragt. Vorher hat ihr Kollege schon den Vorfall geschildert.

Als der dritte Zeuge – der Mann, den der Angeklagte geschlagen haben soll – aufgerufen wird, erscheint niemand. „Das hätte mich auch gewundert“, entfährt es der Richterin, die berichtet, dass gegen diesen Zeugen mehrere Strafverfahren laufen und sein Aufenthalt nicht bekannt ist; die Ladung ist ihm aber laut Zustellungsurkunde zugegangen. „Schwein gehabt“ bedeutet das für den Angeklagten, denn niemand sonst hat die Backpfeife mitbekommen. Und er selbst bestreitet sie natürlich. So wird das Verfahren in diesem Punkt eingestellt. Verantworten muss er sich aber wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte und fahrlässiger Körperverletzung, denn dass sein heftiger Körpereinsatz ursächlich für den gebrochenen Finger der Polizeibeamtin gewesen ist, kann er nicht in Abrede stellen. Immerhin hat er sich bei ihr schon vor längerer Zeit dafür entschuldigt.

Für die Justiz ist er kein unbeschriebenes Blatt: Er ist wegen Betrugs (zweimal) und Sachbeschädigung vorbestraft; in diesen Fällen ist er mit Geldstrafen davongekommen. Das ist jetzt der Grund dafür, dass der Staatsanwalt meint, diesmal müsse es eine Freiheitsstrafe sein. Dabei wertet er noch zugunsten des Angeklagten, dass er bei der Sache leicht alkoholisiert und in der Verhandlung geständig gewesen ist. Außerdem, so der Ankläger, hat er die Polizistin nicht mit Absicht verletzt. Er fordert sechs Monate Freiheitsstrafe, die zur Bewährung ausgesetzt werden kann, weil es die erste ist und der Mann in geregelten Verhältnissen lebt. Außerdem soll er 500 Euro an die Polizistin zahlen. Der Verteidiger „kann dem Staatsanwalt größtenteils folgen“, wie er sagt. Aber weil aus seiner Sicht die Vorstrafen „nicht einschlägig“ gewesen sind, hält er eine Haftstrafe für unangemessen und beantragt, es auch diesmal bei einer Geldstrafe zu belassen.

Doch Richterin Buchenberger sieht die Sache anders. Sie kommt dem Angeklagten nur insoweit entgegen, dass sie einen Monat weniger verhängt als vom Staatsanwalt gefordert. „Man muss damit rechnen, dass körperliche Gegenwehr gegenüber Polizeibeamten zu Verletzungen führen“, sagt sie. Und die früher begangene Sachbeschädigung sei ebenso wie die Körperverletzung ein Rohheitsdelikt und damit einschlägig. Da die Geldstrafen bei dem Angeklagten offenbar keinen Eindruck hinterließen, sei eine Freiheitsstrafe erforderlich. Außerdem muss er 500 Euro Schmerzensgeld an die Polizistin zahlen. In der Frage der Bewährung folgt sie den Argumenten des Staatsanwalts. Dem Mann wird ein Bewährungshelfer zugeordnet, mit dem er regelmäßig Kontakt halten muss. Drei Jahre lang muss er sich straffrei verhalten, sonst könnte ihm – so Richterin Buchenberger - der Widerruf der Bewährung blühen. Dann müsste er die Haft antreten.