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Rund um Hermeskeil
Ausgabe 11/2024
Aus der Heimatgeschichte
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Hochwälder Pfarrer im Widerstand

Im Nachgang zu der vom Kulturgeschichtlichen Verein Hochwald organisierten Ausstellung über Pfarrer im Hochwald, die in ihren Gemeinden Widerstand gegen den Nationalsozialismus leisteten, stellen wir die Geistlichen nach und nach in RuH vor. Die Texte und Fotos hat uns der Kulturgeschichtliche Verein freundlicherweise zur Verfügung gestellt. Wir beginnen mit dem in Hermeskeil bekanntesten, Dechant Wilhelm Greff, der hier von 1912 bis 1944 wirkte.

Wilhelm Greff wurde am 14. Mai 1872 in Auersmacher – 15 km südlich von Saarbrücken in Nähe zur französischen Grenze – als Sohn der Eheleute Peter Greff und Margaretha Karst geboren. Sein Onkel und Taufpate Pfarrer Wilhelm Karst nahm den aufgeweckten Jungen in seine Obhut, ermöglichte den Besuch eines Gymnasiums zur Vorbereitung eines Theologiestudiums. Am 10. August 1895 wurde der 23-jährige Wilhelm Greff in der Hohen Domkirche zu Trier zum Priester geweiht. Anschließend drei Jahre als Kaplan in Münstermaifeld tätig, kam er im Jahr 1899 als Vikar nach Fischbach-Camphausen, wo er mit dem Neubau eines neuen Gotteshauses beschäftigt war. Im Jahr 1905 wurde Wilhelm Greff mit der Diasporapfarrei Kirchenbollenbach bei Idar-Oberstein betraut, um anschließend in den Jahren 1908-1912 als Definitor im Dekanat St. Wendel tätig zu sein.

Am 12. Juli 1912 trat Pfarrer Wilhelm Greff die Pfarrstelle St. Martinus in dem seinerzeit rund 2.500 Einwohner zählenden Hermeskeil an. In seiner neuen Pfarrei machte er sich sogleich an die bauliche Verbesserung und Ausschmückung der Pfarrkirche und kümmerte sich intensiv um die Wiederbelebung und Neugründung kirchlicher Vereine, Kongregationen und Bruderschaften wie Marianische Jungfrauenkongregation, Katholischer Gesellen- und Jünglingsverein, Katholischer Männerverein Constantin, Christlicher Mütterverein, Kolpingfamilie, DJK, Verein vom hl. Carl Borromäus, Katholische Missionsvereinigung, St. Agnes Kongregation, St. Stanislaus-Kongregation, Donatus-Bruderschaft, Erzbruderschaft vom hl. Herzen Jesu. Große Verdienste erwarb er sich durch die Förderung des Krankenhauses, die Gründung einer höheren Bildungsanstalt und die Ansiedlung eines Franziskaner-Klosters in Hermeskeil.

Dem aufkeimenden Nationalsozialismus im Hochwald und hier insbesondere der Gründung einer NSDAP Ortsgruppe in Hermeskeil stand Pfarrer Wilhelm Greff von Anfang an energisch entgegen. In der ersten großen Versammlung der Hermeskeiler NSDAP, in der der damalige Gauleiter Robert Ley zynischerweise „die Hitler-Partei als Retter und Verteidiger des Christentums“ bezeichnete, stellte sich Pfarrer Greff in einer couragierten Rede gegen die schamlosen Unterstellungen zur Wehr und nahm die Hermeskeiler Juden explizit in Schutz.

Für Pfarrer Wilhelm Greff waren die Nationalsozialisten alle gottlose Gesellen und insbesondere Hitler die Inkarnation des Bösen. Immer wieder wurden Verfahren wegen angeblich heimtückischer Predigtäußerungen und wegen Nichtbefragung z.B. am Heldengedenktag seitens der NSDAP-Kreisleitung angestrengt. Da der Pfarrer in einer Predigt das Verhältnis Deutschlands zu Polen mit dem Goliath zu David verglichen hatte, erhielt er durch den Bürgermeister Wilhelm Jager Predigtverbot. Kurz darauf wurde er in der gleichen Angelegenheit durch die Gestapo verhört. Vom 24. April 1940 an wurde ihm die staatliche Pfarrbesoldungsbeihilfe gesperrt, weil er seine „staatsfeindliche Einstellung über den Nationalsozialismus in den sieben Jahren des Aufbaus nicht geändert habe“.

Mit Ausbruch des Zweiten Weltkrieges belegte die Gestapo acht Räume im Pfarrhaus, wohl der einzige Fall im Reich, wo Gestapo in einem Pfarrhaus wohnte.

Dass Pfarrer Wilhelm Greff aufgrund seiner resoluten und konsequenten Gegnerschaft zu den Nationalsozialisten, seiner wortgewaltigen Reden gegen einen als missionarische Heilsfigur überhöhten Adolf Hitler und seine Epigonen verhaftet oder in Schutzhaft genommen worden oder sonstigen lebensbedrohenden Repressalien oder Vergeltungsmaßnahmen ausgesetzt gewesen wäre, ist nicht bekannt. Das ist insofern erstaunlich, als andere Widerstandspfarrer wegen weit geringerer Vergehen mit schweren Strafen, in Einzelfällen mit mehrjährigen Zuchthausstrafen belegt wurden.

Kurz vor Kriegsende – am 4. April 1944 – starb der Pfarrer, Dechant und Zentrumspolitiker Wilhelm Greff im Alter von 72 Jahren. Er fand seine letzte Ruhestätte auf dem Friedhof in Hermeskeil.

(Text und Foto: Kulturgeschichtlicher Verein Hochwald)