Der Hausrotschwanz übernimmt das Amt von seinem Vorgänger dem Kiebitz. Er sammelte 30,2 Prozent der Stimmen ein und lag damit knapp vor der Waldohreule mit 28,2 Prozent. Etwas abgeschlagen folgten dann Schwarzspecht, Schwarzstorch und Kranich. Die fünf Vögel standen vom 3. September bis 10. Oktober letzten Jahres öffentlich zur Wahl, jeder mit seinen eigenen Forderungen zum Naturschutz.
Unsere Morgenstunden bereichert der Hausrotschwanz schon weit vor Sonnenaufgang. Mit seinem eigenwilligen Gesang ist er kaum zu überhören, und auf Hausdächern gut zu sehen. Einen Wettbewerb würde der Hausrotschwanz würde wohl nicht gewinnen. Bereits im 19. Jahrhundert fällte der Zoologe Alfred Brehm in seinem „Tierleben“ ein wenig erbauliches Urteil über seinen Gesang. Das ihm eigene Röcheln, das sich mit knirschenden, klappernden Tönen und flötenden Trillerlauten abwechselt, beschrieb er als „jede[n] Wohlklanges bar“. Immerhin seine Rufe, um beispielsweise Gefahr auszudrücken, klängen „angenehm, wie ‚Fid tek tek‘“. Doch egal wie eine Jury seinen Gesang bewerten würde, zweierlei könnte sie ihm nicht absprechen: Wiedererkennungswert und Ausdauer. Als einer der ersten Sänger beginnt er rund 70 Minuten vor Sonnenaufgang und ist bis nach der Abenddämmerung zu hören. Der damalige Vorsitzende des Naturwissenschaftlichen Vereins Bielefeld, Hermann Nesenhöner, zählte an einem warmen, sonnigen Apriltag im Jahre 1950 rund 5.650 Strophen – oder sechs Stunden – Singen.
Früher war der Vogel als „Gebirgsrotschwanz“ bekannt, der ursprünglich und ausschließlich in steil abfallenden Felswänden in den Gebirgen Mittel- und Südeuropas zu Hause war, wo er auch heute noch in Felsspalten und Höhlen nistet. Doch seit gut 250 Jahren erweitern sie ihren Lebensraum stetig. Die durchschnittlich wärmeren Temperaturen im 19. Jahrhundert könnten dem wärmeliebenden Vogel bei seinem Weg nach Mittel- und Nordeuropa geholfen haben. Damit ist der Hausrotschwanz wie Klatschmohn, Klee, Eichelhäher oder Eichhörnchen einer von vielen sogenannten Kulturfolgern. So bezeichnet man Pflanzen- und Tierarten, die dem Menschen in von ihm nutzbar gemachte, also kultivierte, Landschaften folgen. Als Halbhöhlenbrüter findet er in Siedlungsbereichen zudem Nistmöglichkeiten. Statt an Felswänden baut er seine Nester in Spalten und Löcher an Häuserfassaden, unter Dachvorsprüngen und Brücken, in Holzstapeln oder Schuppen. Er stellt keine hohen Ansprüche an seine Brutgebiete. Steinig, trocken und warm sollten sie sein.
Der Hausrotschwanz ist aktuell nicht gefährdet, er gehört vielmehr zu den häufigen Brutvögeln. Dennoch oder gerade deshalb hat Deutschland eine besondere Verantwortung, dass das auch so bleibt. Im europäischen Vergleich siedeln hier rund 30 Prozent der Brutvogelbestände, man geht von 800.000 bis zu einer Million Paaren aus. Neben Nistmöglichkeiten an Häusern können wir ihm vor allem mit naturnahen Gärten helfen, in denen er Insekten finden kann – seine Hauptnahrungsquelle. Die besten Chancen, ihn zu beobachten hat man zur Balzzeit im März und April, wenn die Hausrotschwanzmännchen laut singend den Weibchen imponieren – und mit wilden Flugattacken ihre Rivalen durch Garten und Co. verfolgen, um ihr Revier abzustecken.
Von den sogenannten Warten, die sie auch zum Singen nutzen, stürzen sich Hausrotschwänze blitzschnell auf ihre Beute. Als geschickte Flieger fangen sie teilweise kleine Schmetterlinge oder Fliegen direkt in der Luft. Meist aber stürmen sie Richtung Boden und erwischen dort kleine bis mittelgroße Insekten und Spinnen. Einmal auf der Erde hüpfen und picken sie munter herum, richten sich immer wieder schnell auf, um Gefahren (darunter beispielsweise Katzen) frühzeitig zu entdecken.Gesellige Typen sind Hausrotschwänze nicht. Im Spätherbst machen sich die Mittelstreckenzieher allein auf und halten sogar an Sammelstellen wie Gewässern, Feldern oder Klippen einen angemessenen Abstand zueinander. Wenn sie überhaupt noch in Richtung europäischer Mittelmeerraum, Nordafrika oder Naher Osten ziehen. (BäR)
Quelle: Internet NABU