„Die Aufstellung des diesjährigen Haushalts war das reinste Chaos, besonders in den letzten drei Wochen“ stimmte Stadtbürgermeisterin Lena Weber den Rat in der Sitzung am Dienstag letzter Woche ein. Und wer noch die Zahlen aus der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses (HFA) zwei Wochen zuvor in Erinnerung hatte (siehe RuH 10/2023), wird sich verwundert die Augen gerieben haben. Wies der Ergebnishaushalt damals noch ein dickes Minus von rund 190.000 Euro aus, wurde daraus plötzlich ein noch dickeres Plus von über 320.000 Euro. Und der Finanzhaushalt steht statt mit über 500.000 Euro mit einem Mini-Defizit von knapp 1.500 Euro auch ganz passabel da. Wer aber mit einer Reduzierung der Steuersätze gerechnet hatte wurde enttäuscht. Bei der Gewerbe- und der Grundsteuer B bleiben sie wie im HFA vorgeschlagen, der für die Grundsteuer A wurde auch an die Grundsteuer B angepasst.
Ausschlaggebend für die positive Entwicklung sind vor allem zwei Entscheidungen des Landes Rheinland-Pfalz. Zunächst gab sie ihren Widerstand gegen die teilweise Weiterleitung von Schlüsselzuweisungen, die der Landkreis wegen der Aufnahmeeinrichtung für Asylbegehrende (AfA) auf dem Gelände der ehemaligen Hochwald-Kaserne erhält auf, 150.000 Euro mehr für die Stadt. Dann soll die Stadt, wieder wegen der AfA und der dortigen exponentiell hohen Belegung, eine Einmalzahlung des Landes von ebenfalls 150.000 Euro erhalten.
Auch bei den zu erwartenden Steuereinnahmen wurden die Ansätze nach oben korrigiert: Gewerbesteuer und Einkommensteuer jeweils um rund 70.000 Euro, Grundsteuern um rund 7.000 Euro. Mit einer LEADER-Förderung für eine umsetzungsorientierte Tourismus-Strategie von 14.000 Euro ergeben sich damit Mehreinnahmen gegenüber dem Ansatz im HFA in Höhe von knapp über 460.000 Euro.
Die Änderungen auf der Ausgabenseite halten sich dagegen in Grenzen, sind aber positiv für den Haushalt. Zwar wurden 20.000 Euro für die Tourismus-Strategie neu in den Haushalt eingestellt und die Gewerbesteuerumlage leicht angepasst. Dafür mindern sich die Personal- und Sachkostenanteile für die Kindertagesstätten um mehr als 50.000 Euro. Insgesamt eine Senkung der Ausgaben um rund 27.000´Euro.
Und so wurde quasi über Nacht aus einem Minus von 189.000 Euro ein Plus von 320.000 Euro. Denn wie Stefan Gorges von der Verbandsgemeindeverwaltung, der dem Rat den Haushalt präsentierte, klarstellte: „Die letzten beiden Tage waren sehr ereignisreich und das mit fast ausschließlich guten Nachrichten.“
Dabei betonte er, dass trotz der nun vorliegenden positiven Zahlen an eine Senkung der Hebesätze gegenüber der Planung im HFA nicht zu denken sei. Grund ist, dass der Finanzhaushalt, wenn auch leicht, immer noch ein Defizit aufweise. Damit steigen die Hebesätze für die Gewerbesteuer auf 380 % (bisher 365 % - + 4,1 %), die Grundsteuer B auf 545 % (bisher 480 %, + 13,5 %) und die Grundsteuer A, deren Anhebung erst im Stadtrat beschlossen wurde, auf ebenfalls 545 % (bisher 400 %, + 36,3 %).
Nach einer kurzen Sitzungsunterbrechung, in der sich die Fraktionen auch untereinander berieten, gaben dann die Stadtbürgermeisterin und die Fraktionsvorsitzenden ihre Stellungnahmen ab. Weber betonte, dass mit einer enormen Kraftanstrengung noch eine 180 Gradwende im Haushalt der Stadt erreicht werden konnte. Die Steuererhöhung mit den Auswirkungen auf alle Bürger trage sie nicht gerne mit, doch habe auch die Stadt mit Kostenerhöhungen zu kämpfen.
Hagen Wiehle erklärte für die BfB, dass seine Fraktion dem Haushaltsplan 2023 zustimmen werde, man müsse schließlich ja handlungsfähig bleiben. „Wir müssen allerdings zukünftig bei den Kosten genauer hinsehen!“ „Wir müssen den Bürgerinnen und Bürgern die Steuererhöhungen zumuten“, erklärte Berthold Grenz, FWG. Angesichts der stetig steigenden Kosten bleibe aber die kommunale Selbstverwaltung auf der Strecke. Sigurd Hein, SPD, möchte, dass in Zukunft die Haushalte der Stadt im HFA detaillierter beraten werden. „Die Vorlage eines reinen Zahlenwerks reicht nicht aus!“, so Hein. Probleme für die Stadt sieht er vor allem rund um den Neuen Markt, der Gastronomie am Feuerwehrmuseum, dem Heimatmuseum und den stadteigenen Garagen in der Kunickerstraße. Für Stefan ding, CDU, wirft das Verhalten des Landes bezüglich der Weiterleitung der Einnahmen des Kreises aus der AfA Fragen auf. „Das war ein unwürdiges Schauspiel“ betonte er. Weil das Land den Kommunen hinsichtlich deren Finanzausstattung die kalte Schulter zeige, müsse die Stadt alles auf den Prüfstand stellen, wolle sie ihre finanzielle Handlungsfähigkeit erhalten.
Bei drei Neinstimmen aus der CDU-Fraktion wurde der Stadthaushalt 2023 angenommen. (PaGe)