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Rund um Hermeskeil
Ausgabe 13/2023
Aus der Heimatgeschichte
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Mit dem „Königlichen Notar“ war nicht zu spaßen

Eine Geschichte aus dem Hermeskeil der 1870er Jahre

Folgende Anzeige findet sich Anfang Dezember 1872 an drei aufeinander folgenden Tagen in der Kölnischen Zeitung (Originaltext):

„Um allen ferneren Intriguen und Verdächtigungen zu begegnen, sieht sich der Unterzeichnete leider veranlaßt, öffentlich erklären zu müssen, daß er sich im Laufe dieses Jahres zu dem Schritte gezwungen sah, dem früheren Advocaten zu Aachen, jetzt Notar Aug. Velder hier, sein Hotel zu versagen. Die Gründe der Exmission kann jeder Interessirte beim Unterzeichneten erfahren.

Hermeskeil, 2. December 1872

Fr. Chr. Weber, Posthalter.“

Der Unterzeichnete ist Friedrich Christian Weber, geboren am 16. September 1832 in Züsch, Gastwirt und Posthalter in Hermeskeil. Der Familie gehört damals das „Hotel zur Post“, der spätere „Posthof“ in Hermeskeil. Schon sein Vater Johann Carl Weber, der mit Friderica Carolina Pasterts, einer Schwester von Maximilian Pasterts, verheiratet war, war Gastwirt in Hermeskeil gewesen. Friedrich Christian Weber ist ein Onkel des Erbauers der Hermeskeiler Brauerei, Hugo Weber (1858-1941).

Der spätere „Posthof“ ist das Haus in der Saarstraße 4, in dem sich u.a. die Arztpraxis Müller/Wagener befindet. Er ist bis spät in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts eines von mehreren Hotels in der Stadt. Eine Ansichtskarte von 1902 aus dem RuH-Archiv zeigt außer einer Gesamtansicht des Dorfes vom Berg aus das „Hotel zur Post“ von außen wie von innen. Wie man darauf erkennen kann, ist auch nach 120 Jahren die Fassade noch weitgehend im Original erhalten.

August Velder, der bis dahin als Anwalt in Aachen tätig war, ist zu Beginn des Jahres 1871 zum Notar für den Friedensgerichtsbezirk Hermeskeil im Landgerichtsbezirk Trier mit Dienstsitz in Hermeskeil ernannt worden (Amtliche Bekanntmachung in der Kölnischen Zeitung vom 6. Januar 1871). Sieben Jahre später wird er in den Friedensgerichtsbezirk Solingen im Landgerichtsbezirk Elberfeld mit Dienstsitz in Wald versetzt (Amtliche Bekanntmachung in der Kölnischen Zeitung vom 7. Juli 1877).

Leider geben die Quellen nicht her, was den Posthalter Weber im Jahr 1872 so sehr in Rage gebracht hat, dass er sich genötigt sieht, dem Notar Hausverbot zu erteilen und das in Form einer sicher nicht ganz billigen Anzeige mehrmals in einer überregionalen Zeitung zu veröffentlichen. Es muss schon einen heftigen Streit zwischen ihm und Velder gegeben haben.

Die Quittung...

...folgt auf dem Fuße: Auf die Klage „des öffentlichen Ministeriums und des Notars August Velder, Königlicher Notar“ hält die „Zuchtpolizeikammer des Königlichen Landgerichts“ in Trier Weber „für überführt, durch ein Inserat in den Nr. 337, 338 und 339 der Kölnischen Zeitung vom 4., 5. und 6. December 1872... sowie im Laufe des Jahres 1872 zu Hermeskeil den Civilkläger August Velder durch Worte öffentlich beleidigt zu haben“. Mit Urteil vom 14. Februar 1873 spricht die Kammer eine Gefängnisstrafe von zwei Monaten und eine an Notar Velder zu zahlenden Buße von 25 Talern aus. Letzterer darf zudem auf Webers Kosten das Urteil auszugsweise dreimal in der Kölnischen Zeitung und in der Trierischen Volkszeitung bekannt machen – müßig zu erwähnen, dass der Beklagte auch die Kosten des Verfahrens zu tragen hat.

Die von Weber gegen das Urteil eingelegte Berufung wird am 22. April 1873 von der „Zuchtpolizei-Appell-Kammer“ verworfen. Und so findet sich der Auszug aus der Entscheidung nach Rechtskraft an drei Tagen hintereinander - vom 11. bis 13. Mai 1873 - in der Kölnischen Zeitung wieder.

Man merke: Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus.

Aufgrund der Rechtskraft des Urteils ist davon auszugehen, dass Friedrich Christian Weber die Haftstrafe abgesessen und die 25 Taler an den Notar Velder gezahlt hat. Der Hermeskeiler Posthalter starb am 13. März 1887 im Alter von 54 Jahren an den Folgen eines Gehirnschlags, wie die trauernden Hinterbliebenen - wiederum mit einer Anzeige in der Kölnischen Zeitung - am 15. März mitteilen. (WIL-)