Titel Logo
Rund um Hermeskeil
Ausgabe 15/2023
Aus dem Gerichtssaal
Zurück zur vorigen Seite
Zurück zur ersten Seite der aktuellen Ausgabe

Hoffentlich hat sie das auch kapiert

Auf der Anklagebank sitzt eine Frau Anfang dreißig. Sie ist verheiratet, hat sechs Kinder, das siebte ist unterwegs. Einen Schulabschluss oder eine Ausbildung hat sie nicht. Die Familie lebt vom Bürger- und Kindergeld. Angeklagt ist die Frau, weil sie zum wiederholten Mal auf Ebay etwas zum Verkauf angeboten, den Kaufpreis von 75 Euro erhalten, aber die Ware nicht geliefert hat. Schon viermal ist sie deswegen bestraft worden, jedes Mal war es eine - in Anbetracht ihrer prekären Einkommensverhältnisse - geringe Geldstrafe, wobei allerdings die Anzahl der Tagessätze stetig gestiegen ist. Doch das hat anscheinend keinen Eindruck bei ihr hinterlassen.

Auf die Frage von Richterin Buchenberger, was denn der Grund dafür sei, dass sie das schon öfter gemacht hat, bricht sie in Tränen aus und klagt über finanzielle Probleme. Sie hat Schulden, aber überhaupt keine Vorstellung davon, wie hoch die sind, sagt sie. Immerhin hat sie mithilfe der Schuldnerberatung Privatinsolvenz angemeldet, das Verfahren ist aber noch nicht eingeleitet. Was die Tat, die man ihr vorwirft, betrifft, druckst sie zwar ein bisschen herum, doch der Staatsanwalt und das Gericht werten ihre Aussage zu ihren Gunsten als Geständnis. Der Ankläger sieht „Betrug immer nach demselben Muster“ und warnt: „Wenn sie so weiter macht, ist das gewerblich. Da beträgt die Mindeststrafe sechs Monate.“ Auch heute meint er, dass eine Freiheitsstrafe verhängt werden muss, weil die bisherigen Geldstrafen ohne Wirkung geblieben sind. Da es die erste Freiheitsstrafe sei, könne sie noch zur Bewährung ausgesetzt werden, wobei ein Bewährungshelfer die Angeklagte unterstützen solle.

Richterin Buchenberger schließt sich in ihrem Urteil dem Staatsanwalt an und legt die Bewährungsfrist auf drei Jahre fest. In dieser Zeit hat sich die Frau straffrei zu verhalten. Außerdem soll sie die Schuldnerberatung fortsetzen. „Ich gehe davon aus, dass Sie die Verhandlung heute beeindruckt hat“, richtet sie eine Mahnung an die Angeklagte und fährt mit einer deutlichen Warnung fort: „Aber wenn Sie innerhalb der drei Jahre neue, vor allem einschlägige Straftaten begehen, wird die Bewährung widerrufen und Sie müssen die Strafe absitzen.“ Dann könne auch keine Rücksicht mehr auf die Familie genommen werden, ergänzt sie. Man kann für die Frau, die das Urteil annimmt, nur hoffen, dass sie das auch kapiert hat.