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Rund um Hermeskeil
Ausgabe 15/2024
Aus der Heimatgeschichte
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Hochwälder Pfarrer im Widerstand

Franz-Josef Nussbaum, Pfarrer in Schillingen von 1929 bis 1936

Franz Josef Nussbaum wurde am 20. Juni 1872 als Sohn des Schreinermeisters Joseph Nussbaum und seiner Ehefrau Anna Haag in Saarburg geboren. Sein Onkel Tilmann Haag, Pfarrer in Daleiden in der Eifel, unterrichtete den 14-Jährigen in Latein. Am 7. April 1905 in der Hohen Domkirche zu Trier zum Priester geweiht, war er zunächst Kaplan in St. Sebastian in Püttlingen (1905-1910), dann ein Jahr lang Pfarrer in Preischeid und anschließend in Ringhuscheid – beide Pfarreien im heutigen Eifelkreis Bitburg-Prüm. Am 3. November 1929 wurde er als Pfarrer in St. Albanus Schillingen eingeführt.

In der Chronik der Schillinger Marianischen Jungfrauenkongregation wird Pfarrer Nussbaum als „unerschrockener Kämpfer gegen Nationalsozialismus“ beschrieben. In seinen Sonntagspredigten habe er „teils in offener, teils in versteckter Form gegen den Staat Stellung“ genommen, so die Aussage des Schillinger NS-Ortsgruppenleiters Johann Thommes, bezeugt von zwei regimetreuen SA-Männern, Matthias Gubernator und Matthias Theis.

Bei der Verlesung eines bischöflichen Hirtenbriefes, der sich gegen das vom NSDAP-Parteiideologen Alfred Rosenberg verfasste antisemitische Buch „Der Mythos des 20. Jahrhunderts“ wandte und das „Handbuch der Judenfrage“, herausgegeben von dem antisemitischen Buchhändler und Verleger Theodor Fritsch, kritisierte Pfarrer Nussbaum diese „nationalsozialistischen Machwerke“ aufs heftigste.

Aufgrund der Predigten von Pfarrer Nussbaum – „er hetzte in der Kirche gegen das Trierer Nationalblatt“ – seien schon mehrere Leser der Parteizeitung von ihrem Abonnement zurückgetreten und nun sei es für die örtlichen NSDAP-Leute schwer, weitere Abbestellungen zu verhindern.

Der Propagandawart der Schillinger NSDAP-Ortsgruppe, Nikolaus Schuh, informierte den Kreisleiter Peter Schmitt in Hermeskeil: „Nach dem Ermessen jedes vernünftig denkenden Menschen (sic!) suche der Pfarrer von Schillingen durch dergleichen Äußerungen Unruhen und Misstrauen in die Bevölkerung von Schillingen und Heddert zu pflanzen.“ Die Religion sei „in großer Gefahr mehr denn je“, predigte Pfarrer Nussbaum weiterhin und: „Liebe Katholiken, es steht furchtbar in Deutschland, aber ich darf ja nicht sagen, was ich weiß. Wir müssen beten und nur beten.“

In einem hektographierten Flugblatt beschwerte sich der Schillinger NS-Ortsgruppenleiter darüber, dass Pfarrer Nussbaum keinen Nationalsozialisten als Taufpaten zulasse und dass es eine Todsünde sei, Adolf Hitler zu wählen. Der Vorgang wurde beim Preußischen Justizministerium anhängig und an den Trierer Oberstaatsanwalt Dr. Hofmann weitergeleitet, der ein Ermittlungsverfahren gegen den Schillinger Pfarrer Nussbaum wegen Kanzelmissbrauchs in Gang setzte.

Nach einer Kreuzwegandacht erhielt Pfarrer Nussbaum eine Mitteilung, dass seine Verhaftung durch die Trierer Gestapo unmittelbar bevorstehe und er „in ein Konzentrationslager geschleppt“ werden solle. Als der Pfarrer anderntags nicht zur hl. Messe in der Kirche erschien, „brach man die Tür seines Schlafzimmers auf und fand ihn angekleidet tot auf dem Bett liegend.“ Pfarrer Franz-Josef Nussbaum starb am 3. März 1936 und fand auf dem Schillinger Friedhof seine letzte Ruhestätte.

(Text und Foto: Kulturgeschichtlicher Verein Hochwald)