Liebe Bürgerinnen und Bürger,
in den vergangenen Wochen war das Thema des Ärztlichen Bereitschaftsdienstes (ÄBD) aufgrund der Aufkündigung der Kooperation der Marienhaus GmbH mit der KV in aller Munde.
Die Information über die angedachte Schließung erreichte mich und andere kommunalpolitische Vertreter im Oktober des letzten Jahres und wurde dann auch in den darauffolgenden Sitzungen des Stadtrates thematisiert.
Die vergangenen Jahre erfolgte der ärztliche Bereitschaftsdienst im Hermeskeiler Krankenhaus Dank des besonderen Engagements der hier niedergelassenen Ärzte und schließlich der Marienhaus GmbH – allerdings auf rein freiwilliger Basis. An dieser Stelle möchte ich allen Beteiligten dafür meinen größten Dank aussprechen. Dass die Kooperation nun endet, bedaure ich sehr. Ich hoffe jedoch, dass sich hier zeitnah eine Neuauflage – wie auch immer diese aussehen mag – finden lässt. Herr Thomas Büttner, der hierzu den ersten Leserbrief in RuH veröffentlichte, und ich haben uns dazu bereits vergangene Woche besprochen und eine gemeinsame Vorgehensweise, die auch die Gründung eines „Runden Tisches“ mit hiesigen VertreterInnen aus dem Gesundheitssektor vorsieht, definiert.
Seitens Marienhaus wurden für die Kündigung finanzielle Gründe einerseits und die zunehmend schwierigere Besetzung der Dienste andererseits angeführt. Ich hatte mich meinerseits gegenüber der KV in Mainz für eine Anerkennung der Hermeskeiler BDZ als „offizielle“ Bereitschaftsdienstzentrale einsetzen wollen – diesen Bestrebungen wurde mir gegenüber durch die Rückmeldung der KV mit dem Verweis auf die Bereitschaftsdienstreform von 2020/21 allerdings ein Riegel vorgeschoben. Eine schriftliche Rückmeldung seitens des Gesundheitsministeriums, das (auch wenn es hier erstmal keine „Aktien“ hat) darüber hinaus über unseren Landtagsabgeordneten Lothar Rommelfanger angefragt wurde, steht weiterhin aus.
Nun aber nochmal zur Erklärung seitens Kassenärztlicher Vereinigung:
Die zur Verfügung stehende ärztliche Arbeitszeit sinkt bundesweit kontinuierlich. Ein effizienterer Einsatz der ärztlichen Arbeitszeit ist erforderlich, um eine älter werdende Bevölkerung möglichst optimal versorgen zu können. Die im Vergleich zu anderen Bundesländern weit überdurchschnittlichen Bereitschaftsdienstangebote sind nicht länger aufrechtzuerhalten, ohne die Regelversorgung in den Praxen noch mehr zu gefährden.
Hierzu nun ein kleiner Blick auf die geänderten Rahmenbedingungen: Die überwiegende Zahl junger Ärztinnen und Ärzte präferiert heute ein Anstellungsverhältnis und häufig auch Teilzeitarbeit. Nach den Berechnungen des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi) stehen angestellte Ärztinnen und Ärzte der Versorgung im Durchschnitt nur mit etwa der Hälfte der Arbeitszeit im Vergleich zu traditionellen Selbstständigen zur Verfügung. Sind freiberuflich tätige Ãrztinnen und Ãrzte der ambulanten medizinischen Versorgung im Durchschnitt etwa 52 Stunden pro Woche im Einsatz, sind es bei Angestellten die tariflich vereinbarten 40 Stunden, bei Teilzeitmodellen (die dabei überwiegen) nochmal weniger.
In der Folge müssen mit immer weniger zur Verfügung stehender ärztlicher Arbeitszeit also erstens die Regelversorgung und zweitens der Ärztliche Bereitschaftsdienst sichergestellt werden.
Bei letzterem ist Folgendes zu berücksichtigen: Die junge Medizinergeneration legt vollkommen berechtigt Wert auf die Vereinbarkeit von Beruf mit Familie und Freizeit. Bereitschaftsdienste abends, nachts und an Wochenenden sind aber mit Familie und Freizeit schlecht vereinbar – vor allem dann, wenn wie im Fall der BDZ in Hermeskeil, das Angebot auf freiwilliger Basis fußt und die jeweiligen Medizinerinnen und Mediziner nicht von der Pflicht befreit, Dienste in Birkenfeld oder Idar-Oberstein zu besetzen.
Hinzu kommt, dass zur Finanzierung der ÄBP, der ärztlichen Honorare und Personalkosten des nichtärztlichen Personals der ÄBD zusammen mit dem Patientenservice 116117 trotz Zuschüssen der Krankenkassen ein jährliches Defizit von etwa 20 Millionen Euro verursacht. Diese Defizite müssen übrigens von den niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten in Rheinland-Pfalz finanziert werden. Sie werden derzeit mit rund 3.000 Euro pro Ärztin/Arzt und Jahr belastet.
Wenn es also mit einer BDZ in Hermeskeil weitergehen soll, geht das derzeit nur – wie gehabt – mit besonderem (zusätzlichen) Einsatz unserer niedergelassenen Ärzte.
Die neue finanzielle Mehrbelastung für Marienhaus, das noch zur Ergänzung an dieser Stelle, ist ein weiterer Baustein. Hier geht es vorrangig um die seit 1. Januar geltenden neuen Anforderungen in Bezug auf eAU (elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung) und eRezept (elektronisches Rezept). Auch hier muss sich, sollte es eine Neuauflage einer BDZ in Hermeskeil geben, eine Lösung für den nötigen Invest in Software und Co. finden.
Mir ist sehr wohl bewusst, dass meine Zusammenfassung eher ernüchternd und vor dem Hintergrund dessen, dass wir aktuell auf das Angebot einer BDZ in Hermeskeil verzichten müssen, unzufriedenstellend ist. Dass nun der ÄBD in Hermeskeil am Wochenende wegbricht, heißt aber nicht, dass die Bürgerinnen und Bürger hier nicht mehr versorgt werden können, ist doch die zentrale Notaufnahme im St. Josef Krankenhaus weiterhin vorhanden.
Die KV empfiehlt daher, dass bei auftretenden Beschwerden außerhalb der Praxis-Sprechzeiten zunächst der Patientenservice unter der 116117 kontaktiert werden soll. Hier wird nach einer Ersteinschätzung das weitere Vorgehen besprochen – also ob denn nun eine BDZ, die Notaufnahme oder aber der Rettungsdienst in Frage kommen.
Sollte es zu neuen Entwicklungen kommen, werde ich hierzu entsprechend informieren.
Bleiben Sie alle gesund,
Lena Weber
Stadtbürgermeisterin