Titel Logo
Rund um Hermeskeil
Ausgabe 20/2024
Aus dem Gerichtssaal
Zurück zur vorigen Seite
Zurück zur ersten Seite der aktuellen Ausgabe

Der Staatsanwalt übt Kritik

Wenn das alles stimmt, was man dem jungen Mann, der vor einem Jahr aus Afghanistan nach Deutschland gekommen ist, vorwirft, ist er ein übler Bursche. In der Aufnahmeeinrichtung für Asylsuchende (kurz AfA) in der ehemaligen Hochwaldkaserne müssen viele junge Männer, wenn auch nur vorübergehend, auf engstem Raum zusammenleben. Da bleibt es nicht aus, dass es mal Streit gibt. Der Angeklagte soll bei solchen Gelegenheiten andere nicht nur geschlagen und mit einem Messer bedroht, sondern auch mehrere Personen verletzt haben, einen davon, indem er ihm „eine Flasche über den Kopf gezogen“ haben soll, wie der Staatsanwalt in seiner Anklageschrift verliest. Darüber hinaus soll er im Stadtpark zwei junge Mädchen im Alter von 14 und 15 Jahren angesprochen haben, um ihnen Drogen anzubieten. Eines davon soll er auch noch sexuell belästigt haben.

Doch der Mann, der neben seinem Verteidiger auf der Anklagebank sitzt, bestreitet außer dem Vorfall mit dem Messer, bei dem er einen anderen bedroht hat, weil dieser angeblich seine verstorbene Mutter beleidigt hat, alles. Dass - wie es in der Anklage steht - ein Dritter dabei war, der bei dem Versuch, ihm das Messer abzunehmen, verletzt wurde, stimmt nach den Behauptungen des Angeklagten nicht. Auch eine körperliche Auseinandersetzung, bei der er jemanden verletzt haben soll, hat nach seinen Angaben nicht stattgefunden. Man habe sich zwar mit Worten gestritten, „aber der war viel stärker als ich“, sagt er. Die Sache mit der Flasche sei frei erfunden. Er habe einen von zwei Streithähnen „mit der Faust weggestoßen“, mehr nicht. Die beiden hätten dann das mit der Flasche behauptet.

Bei der Begegnung mit den beiden jungen Frauen im Park sei er betrunken gewesen, weshalb er sich nicht ganz genau an den Vorfall erinnern könne. Er meint jetzt, die Frauen hätten ihn angesprochen und nach einem Joint gefragt. Ob es zu irgendeiner Art Berührung gekommen sei, will Richterin Buchenberger von ihm wissen. Da sagt er nun, es könnte sein, dass eine von ihm verlangt habe, sie zu küssen. Doch wegen seiner schlechten Deutschkenntnisse habe er nicht genau verstanden, was sie wollte. Dass er sie tatsächlich geküsst hat, gibt er jetzt zwar zu, aber sonst sei nichts gewesen, erklärt er. Gedanken über das Alter der Mädchen hat er sich nicht gemacht, gibt er zu.

Das Gericht sieht sich am Ende nicht imstande, heute eine Entscheidung zu treffen. Zeugen, die etwas zu den Vorfällen sagen könnten, sind nicht geladen. Das will die Richterin nun nachholen und legt einen Fortsetzungstermin Ende Mai fest, während der Staatsanwalt die aus seiner Sicht unzureichenden Ermittlungen der Polizei kritisiert. „Das ist nichts Neues, gerade bei Straftaten, die in der AfA geschehen“, erklärt Richterin Buchenberger. Die Polizei gehe davon aus, dass die Verfahren sowieso eingestellt würden und Zeugen seien, wenn es zu einer Verhandlung komme, häufig nicht mehr greifbar.