Noch ist es ruhig an der Grundsteuerfront, doch das Grollen der Artillerie ist schon in der Ferne zu hören, auf den Geschützen steht „Hebesätze“. Noch gelten bei der Grundsteuer A und B die alten Einheitswerte (nach den Wertverhältnissen zum 1. Januar 1964) und die daraus resultierenden Grundsteuermessbeträge. So beträgt z.B. der Einheitswert für ein Haus, Baujahr 1981, 21.000 Euro (je nach Größe etwas mehr oder weniger) und der Grundsteuermessbetrag 55 Euro. Bei einem Hebesatz von z.B. 500 Prozentpunkten (Faktor 5) beträgt die jährliche Grundsteuer rd. 275 Euro.
In den vergangenen Monaten waren die Haus- und Grundbesitzer aufgefordert, eine Erklärung zur Feststellung des Grundsteuerwertes auf den 1. Januar 2022 abzugeben. Und hier ergeben sich ganz andere Werte. Für das vorgenannte Haus beträgt der Wert per 1.1.2022 jetzt rd. 156.000 Euro, der Grundsteuermessbetrag bleibt aber fast gleich.
Ganz anders sieht es bei Neubauten aus. So beträgt der Grundsteuerwert auf den 1.1.2022 z. B. für einen Neubau, Baujahr 2021, sage und schreibe 333.200 Euro, der Grundsteuermessbetrag beträgt 103 Euro, bei dem genannten Hebesatz von 500 Prozent sind dann 515 Euro Grundsteuer jährlich fällig. Und einige Gemeinden haben auf Anweisung der Kommunalaufsicht und im Zusammenhang mit dem Haushaltsplan 2023 die Hebesätze schon angehoben, weitere werden folgen.
Was ist der Hintergrund?
Hat eine Gemeinde hohe Liquiditätsschulden (überzogenes Girokonto), so ist sie nach dem neuen Landesfinanzausgleichsgesetz verpflichtet, diese binnen weniger Jahre zu tilgen. Das geht entweder dadurch, dass man hohe Einnahmen aus der Windkraft hat, oder man spart an allen Ecken und Enden. Eine weitere Möglichkeit ist: Man erhöht die Hebesätze bei der Grundsteuer und der Gewerbesteuer. Und ist eine Gemeinde aufgrund des genannten Gesetzes gezwungen, den Hebesatz z.B. für die Grundsteuer B drastisch anzuheben, wird das für die Hausbesitzer richtig teuer. Bei einem Grundsteuermessbetrag von 100 Euro beträgt die Grundsteuer bei einem Hebesatz von 700 Prozent 700 Euro. Der Hebesatz kann aber auch höher festgesetzt werden, mit entsprechenden Folgen.
Tragisch ist, dass die Gemeinden nicht frei entscheiden können, ob sie die Hebesätze erhöhen, nein, sie werden durch die Kommunalaufsicht gezwungen, dies zu tun, ansonsten wird der Haushalt nicht genehmigt oder es fließen keine Zuschüsse.
Nach Meinung des Innenministeriums in Mainz (Papier: Haushaltsausgleich und Kommunalaufsicht vom 2.5.2023) ist ein Hebesatz von 995 Prozentpunkte noch verfassungsgemäß und kann bis zu dieser Höhe beschlossen werden. In Gemeinden, die die Hebesätze stark anheben und die Menschen dann das Doppelte an Grundsteuer zahlen müssen, möchte ich nicht in der Haut des Bürgermeisters bzw. der Ratsmitglieder stecken. Sind die Entscheider in Mainz von allen guten Geistern verlassen, was wollen die Damen und Herren im Innenministerium den Menschen noch zumuten? So kann es nicht weitergehen, hier müssen die Kommunen oder der Gemeinde- und Städtebund lautstark protestieren und Innenminister Michael Ebling klar machen, dass man sich nicht alles gefallen lässt, denn die nächste Landtagswahl kommt bestimmt. Die kommunale Selbstverwaltung steht auf dem Spiel, wir nähern uns im Galopp einer Demokratur.
Aber wie gesagt, entscheidend werden die neuen Hebesätze sein. Und die werden in § 5 der Haushaltssatzung beschlossen, ganz am Rande, vermutlich ohne viel Beratung und wie bereits erwähnt nicht ganz freiwillig. Das böse Erwachen kommt, wenn die Menschen ihre geänderten Grundsteuerbescheide erhalten und aus allen Wolken fallen. Deshalb sollten die Bürger genau hinschauen, wenn die Haushaltspläne auf den Tagesordnungen der Ratssitzungen stehen. Wir von RuH werden das genau beobachten und darüber berichten!