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Rund um Hermeskeil
Ausgabe 22/2025
Aus dem Gerichtssaal
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Aus dem Gerichtssaal

Nach zehn Minuten ist die Verhandlung schon vorbei

Einer Frau wird vorgeworfen, letztes Jahr in ihrem Wohnort die Kontrolle über ihr Auto verloren und zwei parkende Fahrzeuge beschädigt zu haben. Laut Anklage ist sie zum Unfallzeitpunkt alkoholisiert gewesen. Gegen einen Strafbefehl des Amtsgerichts hat sie Einspruch eingelegt und erscheint nun mit ihrer Verteidigerin im Gerichtssaal – allerdings nur um zu erklären, dass sie von ihrem Schweigerecht Gebrauch machen will. Richter Dr. Zierden versucht vergeblich, sie davon abzubringen. Ein Geständnis könne strafmildernde Wirkung haben und das Verfahren abkürzen, sagt er. Anderenfalls sei eine Beweisaufnahme mit Vernehmung von bis zu sieben Zeugen notwendig. Doch die Angeklagte und ihre Verteidigerin bleiben dabei: Sie wolle es darauf ankommen lassen, erklärt die Anwältin. So endet die Verhandlung, kaum dass sie begonnen hat. Zum nächsten Termin werden sich alle Beteiligten mehr Zeit nehmen müssen.

Vertragt ihr euch noch…

… oder habt ihr schon geerbt? In diese Kategorie fällt die zweite Verhandlung an diesem Donnerstagvormittag. Eine Frau, von ihrem Vater als Testamentsvollstreckerin eingesetzt, ist von ihrer Schwester angezeigt worden, weil sie sich angeblich unrechtmäßig am Nachlass - wie der Volksmund sagen würde - „bedient“ haben soll. Es sind zwar keine großen Zahlen, aber die Anklage lautet auf Untreue. Es geht dabei um Beträge, die die Angeklagte für sich selbst aus dem Nachlass entnommen hat. Hintergrund für die Anzeige ist wohl, dass die Schwester nach den Worten der Frau „nicht erfreut“ darüber gewesen ist, dass der Vater sein Testament noch kurz vor seinem Tod zugunsten der Tochter der Angeklagten geändert hat.

Zusammen mit ihrer Verteidigerin bestreitet sie nun die Vorwürfe und sagt, sie habe sich nichts zuschulden kommen lassen. Sie habe den Vater in den letzten Tagen und Wochen seines Lebens gepflegt und sich intensiv um ihn gekümmert. Als er im Krankenhaus gelegen hat, ist sie häufig angerufen und gebeten worden, sofort zu ihm zu kommen. Sie habe dann alles stehen und liegen lassen und zahlreiche Termine in ihrer selbständigen Praxis kurzfristig absagen müssen. Dass ihr dadurch Einnahmen entgangen seien, habe der Vater gewusst und sie gebeten, sich das Geld zu überweisen. Das hat sie allerdings erst nach seinem Tod getan. Vor Gericht kann sie - auch mit Hilfe ihrer Tochter, die mehrmals im Krankenhaus dabei gewesen und heute als Zeugin anwesend ist - die Beträge anhand von Daten, Uhrzeiten und Stundensätzen, die sie zusammen mit dem Steuerberater ermittelt hat, belegen.

Von Richter Dr. Zierden auf das Verhältnis zu ihrer Schwester angesprochen berichtet die Angeklagte, das sei immer schwierig gewesen; auch der Vater hätte mit ihr Probleme gehabt. Mehr wolle man aber nicht sagen, erklärt ihre Verteidigerin, weil man nicht noch „Öl ins Feuer gießen“ wolle. Die Anwältin sieht den Tatbestand der Untreue nicht erfüllt. Ihre Mandantin habe das Testament nach dem Willen des Vaters verwaltet. Mit dem von ihr ins Gespräch gebrachten Freispruch mag sich Dr. Zierden aber nicht anfreunden und sagt, er sehe „gewisse Unregelmäßigkeiten“, ohne das jedoch zu konkretisieren. Er schlägt stattdessen die Einstellung des Verfahrens vor, womit die Angeklagte wiederum zunächst nicht einverstanden ist und sagt, sie habe aus ihrer Sicht nichts Unrechtes getan. Nachdem ihre Verteidigerin und das Gericht ihr versichert haben, dass bei der Einstellung auch ihre notwendigen Kosten von der Staatskasse getragen werden, stimmt sie letztlich - wenn auch widerstrebend - zu. Auch die Staatsanwältin ist damit einverstanden, sodass das Verfahren per Beschluss beendet wird.