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Rund um Hermeskeil
Ausgabe 22/2025
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Baumeister Biber

Stefanie Venske, Hillu Pawlik und Johannes Heckel (von links) beobachten die Biberaktivitäten im Hochwald. Die neue Tafel am Angelweiher in Gusenburg informiert künftig Gäste über das besondere Nagetier.

Der unterschätzte Landschaftsarchitekt

Sie arbeiten nachts, sind extrem scheu und verändern ganze Landschaften: Biber sind zurück im Hochwald. Was für die einen ein Ärgernis ist, begeistert Naturschützer. "Diese Tiere sind wahre Ökosystem-Ingenieure", schwärmt Stefanie Venske, die Landes-Biberbeauftragte. Wir haben uns auf Expedition begeben und zwei völlig unterschiedliche Biberreviere besucht.

Gemeinsam mit Stefanie Venske, der Landes-Biberbeauftragten, und Johannes Heckel, dem Biberbetreuer des Landkreises, machten wir uns kürzlich auf Spurensuche. Hinter der Kita Rosa Flesch in Hermeskeil hat sich eine Biberfamilie niedergelassen und innerhalb der letzten Monate ein ganzes System aus Dämmen und einer Burg errichtet. "Die Tiere suchen sich gezielt Stellen aus, wo sie gut bauen können", erklärt Heckel. Der flache Bachlauf bot ideale Bedingungen für die emsigen Baumeister.

Gusenburgs tierische Attraktion

Am Angelweiher in Gusenburg präsentiert sich die Situation anders. Hier musste der Biber keine Dämme errichten, da der Weiher bereits die bevorzugte Wassertiefe von ein bis eineinhalb Metern bietet. Dafür lässt sich die Burg besonders gut beobachten. "Ab Juni kann man mit etwas Glück junge Biber beim Tauchen sehen", verrät die Biberbeauftragte. Anlässlich der regen Bautätigkeit wurde nun eine informative Tafel übergeben, die am Weiher installiert werden soll und die Spaziergänger über die Lebensweise der scheuen Nager aufklärt.

Natürliche Landschaftspfleger

Biber spielen eine wichtige Rolle im Ökosystem. Durch ihre Dammbauten schaffen sie wertvolle Biotope, die besonders in trockenen Sommern das Wasser in der Landschaft halten. Ihre Aktivitäten führen zu mehr Artenvielfalt, da durch gefällte Bäume neue Lichtungen entstehen und sich das Nahrungsangebot für viele Tierarten verbessert. "Ein Biberrevier kann die Artenvielfalt um ein Vielfaches erhöhen", betont Venske. Gleichzeitig weist sie darauf hin, dass der Biber streng geschützt ist und nicht bekämpft werden darf.

Herausforderungen und Lösungen

Nicht alle Bewohner der Region zeigen sich begeistert von den neuen Nachbarn. Besonders Landwirte und Obstbauern sehen die Aktivitäten der Nager mit Sorge. "Wir müssen lernen, mit dem Biber zu leben", sagt Pawlik. In Gusenburg hat man sich entschlossen, die Anwesenheit der Tiere positiv zu nutzen. Die neue Beobachtungsbank am Weiher lädt Besucher ein, die scheuen Tiere in der Dämmerung zu beobachten, ohne sie zu stören. Für Problemfälle gibt es praktische Lösungen wie Drahthosen zum Schutz wertvoller Bäume oder spezielle Drainagen für überstaute Wiesen.

Ein Tier mit Geschichte

Der Europäische Biber hat eine bewegte Vergangenheit. Wegen seines warmen Pelzes, seines als Fastenspeise begehrten Fleisches und des als Heilmittel genutzten Bibergeils wurde er fast ausgerottet. Erst strenge Schutzmaßnahmen ermöglichten die langsame Rückkehr des größten europäischen Nagetiers. Heute wissen Experten wie Heckel und Venske die ökologische Bedeutung der Tiere zu schätzen: "Der Biber ist kein Schädling, sondern ein Verbündeter für naturnahe Gewässer."

Zusammenleben lernen

Die Exkursion machte deutlich, dass ein friedliches Miteinander von Mensch und Biber möglich ist. Das Biberzentrum Rheinland-Pfalz steht Interessierten und Betroffenen für Beratungen zur Verfügung und bietet regelmäßig Informationsveranstaltungen an. Mehr Infos unter www.biber-rlp.de. (LeWe)