Titel Logo
Rund um Hermeskeil
Ausgabe 24/2023
Aus dem Gerichtssaal
Zurück zur vorigen Seite
Zurück zur ersten Seite der aktuellen Ausgabe

„Ich dachte, das ist wie im Fernsehen“

Ist es Unsicherheit oder hat er die Pubertät noch nicht so ganz hinter sich gelassen? Der Junge Mann hat zwei Bekannte mit in den Gerichtssaal gebracht, die im Zuschauerraum Platz nehmen. Es sieht so aus als wolle er ihnen zeigen, wie cool er ist, als er fröhlich lächelnd auf dem Zeugenstuhl Platz nimmt, bis ihn Richterin Buchenberger darauf hinweist, dass sein Platz als Angeklagter woanders ist. „Ach so“, sagt er weiter lächelnd, „ich dachte, das ist so wie im Fernsehen.“

Anfang März hat man ihn mit einem gestohlenen Versicherungskennzeichen auf seinem Roller erwischt. Das hat zum Roller des Hausmeisters in dem Haus gehört, in dem der Angeklagte bis Ende Februar gewohnt hat. Es ergeben sich gleich drei Straftaten: Diebstahl, Urkundenfälschung und Fahren ohne Versicherungsschutz. Die Richterin erklärt ihm nun, dass er als Angeklagter nichts sagen muss. Doch es kommt spontan aus ihm heraus: „Ich will aber, es stimmt alles“. Womit er also gleich ein Geständnis ablegt.

Aber im Lauf der Verhandlung stellt sich heraus, dass er offensichtlich etwas falsch verstanden hat. Im Dezember letzten Jahres hat man ihn nämlich schon einmal wegen der gleichen Sache erwischt. Auch da hat er das Kennzeichen vom Roller des Hausmeisters ab- und auf seinen Roller draufgeschraubt, wofür er einen Strafbefehl erhalten hat, der längst rechtskräftig ist. Und diese Geschichte hat er gemeint, als er sagte, dass es stimmt. Davon, dass er im März ein zweites Mal kontrolliert worden sein soll, will er nichts wissen und sagt: „Das Datum kann nicht stimmen, weil ich da schon woanders gewohnt habe.“ Was den Staatsanwalt zu der Bemerkung veranlasst: „Die Polizei erfindet sowas doch nicht!“ Aber der junge Mann bleibt dabei und meint: „Ich habe genug Leute, die mir wirklich böse wollen.“ Damit will er wohl zum Ausdruck bringen, dass jemand anderes das Kennzeichen vom Roller des Hausmeisters an seinem Roller angebracht haben muss.

Der Hausmeister ist als Zeuge da und erklärt, er habe im Dezember wegen des geklauten Kennzeichens Anzeige gegen Unbekannt erstattet. Von der Polizei hat er dann später erfahren, dass der Angeklagte, der zu der Zeit noch in dem Haus wohnte, damit erwischt worden ist. Am 28. Februar hat er das neue, ab März gültige Kennzeichen an seinen Roller geschraubt. „Aber am 1. März war es schon wieder weg“, erklärt er und berichtet, dass er diesmal bei der Anzeige den Namen des jungen Mannes angegeben habe, weil er diesen als Dieb vermutet habe. Den Einwurf des Angeklagten, er habe gar keinen Schlüssel zum Keller gehabt, wo der Roller stand, kontert der Hausmeister: „Den Kellerschlüssel hast du dir bei mir geliehen und nachgemacht!“

Nun konfrontiert Richterin Buchenberger den Angeklagten mit seiner Aussage, er habe das Nummernschild bei seinem Auszug auf der Treppe gefunden. So steht es im Polizeiprotokoll vom 14. März. Der junge Mann wirkt jetzt merklich nervöser und ist nicht mehr so gespielt selbstsicher wie vorher. Im Ergebnis bezichtigt er die Polizeibeamten der Lüge, als er sagt „Das habe ich niemals behauptet!“ Die Richterin nagelt ihn jetzt fest: „Haben Sie nicht vorhin gesagt, Sie wären im März nicht kontrolliert worden?“ Er druckst herum und wiederholt, dass er nach seinem Auszug nie mehr in dem Haus gewesen ist, worauf Richterin Buchenberger wissen will:, ob denn der Heilige Geist das Nummernschild auf seinen Roller geschraubt haben soll. Als er dabei bleibt, er wisse es nicht und jetzt noch einmal stur behauptet, er sei nur einmal, nämlich im Dezember, kontrolliert worden, ist die Sache gelaufen, denn die Richterin hat genug und schließt die Beweisaufnahme.

Im Hinblick auf mehrere Vorstrafen, davon ja eine einschlägig, fordert der Staatsanwalt sechs Monate Freiheitsstrafe, die – weil es die erste ist – zur Bewährung ausgesetzt werden kann. Der Angeklagte habe die Tat zwar bestritten und wisse angeblich nicht, wie das Versicherungskennzeichen auf seinen Roller gekommen sei, aber das halte er für gelogen, sagt der Ankläger. Dass ein Fremder das gemacht haben solle, sei Unsinn. Der Angeklagte meint am Ende nur noch, es tue ihm leid, es sei Sch… gewesen. Ob er damit die Tat meint oder seinen heutigen Auftritt im Gerichtssaal, bleibt offen.

Das Urteil entspricht dem Antrag des Staatsanwalts, wobei Richterin Buchenberger allerdings den Strafbefehl vom Januar einbezieht, sodass der Mann die darin auferlegte Geldstrafe nicht mehr zahlen muss. Auch sie glaubt dem Angeklagten nicht, zumal das Kennzeichen gleichzeitig mit seinem Auszug vom Roller des Hausmeisters verschwunden und der Kellerschlüssel von dem Mann nachgemacht worden ist. Die Geldstrafe habe anscheinend keine Wirkung gezeigt, weil dieselbe Tat kurz darauf wieder begangen worden sei. Wenn der Angeklagte sich in den drei Jahren des Bewährungszeitraums nicht straffrei verhalte, müsse er damit rechnen, die Strafe abzusitzen. (WIL-)