Aufmerksame Zuhörer bei den technischen Erläuterungen
Die Reisegruppe stellt sich dem Fotografen
Am vergangenen Wochenende hat sich eine knapp 40-köpfige Delegation aus Verbandsgemeinderatsmitgliedern, Mitarbeitenden der Verbandsgemeindeverwaltung mit ihren Begleitungen auf den Weg ins Ländle gemacht. Im schönen Breisgau sollten die Kommunalpolitiker und Politikerinnen neue Impulse für Klimaschutz und Energiewende erhalten und auch sonst allerlei Neues lernen.
Das umfangreiche Programm, das von Büroleiter Werner Haubrich zusammengestellt worden war, führte die Gruppe am Freitag zunächst an eines der wichtigsten Fraunhofer-Institute Freiburgs. Am Institut für Solare Energiesysteme (ISE) berichtete Thomas Jungmann über die bereits vor mehr als zehn Jahren errichtete Wasserstofftankstelle, die stündlich 500 Gramm Wasserstoff aus 16 Kilowatt Photovoltaikstrom produziert. Die Kosten für die Anlage belaufen sich auf eine bis anderthalb Millionen Euro. Da Wasserstoff als Gefahrenstoff deklariert wird, sind besondere Anforderungen an Produktion, Vertrieb, Verkauf und Lagerung gekoppelt. Die Ratsmitglieder um Hartmut Heck interessierte die Wasserstofftechnologie insbesondere, weil Wasserstoff eine durchaus brauchbare Speicherlösung für erneuerbar produzierten Strom bietet. Jetzt gelte es, die Bedarfe nach Wasserstoff vor Ort zu klären, um die Potenziale für eine Wasserstofftankstelle im Hochwald ausloten zu können. Denn eines wurde klar beim Gespräch an der Tankstelle: Günstig ist die Technologie nicht, und technologisch aufwändig ist sie ebenfalls. Die Nutzung beschränkt sich aktuell auf wenige klar umrissene Bereiche, beispielsweise in der Chemieindustrie oder bei der Produktion von grünem Stahl. Als Alternative zur privaten E-Mobilität ist die Brennstoffzelle zu teuer. Ein Kilogramm Wasserstoff reicht ungefähr für einhundert Kilometer Strecke und kostet aktuell 13,85 Euro. Ein Mittelklassefahrzeug kostet in der Anschaffung zirka 80.000 Euro. Trotzdem findet Wasserstoff Anwendung bei Gabelstaplern oder in der Freiburger Abfallwirtschaft, wo die Abfallsammelfahrzeuge auf Brennstoffzelle umgestellt werden. Auch sind erste Nutzungen im ÖPNV mit Wasserstoffbussen in der Testphase. Es bleibt spannend, wo sich zukünftig sinnvolle Wasserstoffnutzungen im Hochwald verwirklichen lassen.
Der erste Abend klang mit Gesang und Wein aus. Die Weinprobe mit Vesper im Weingut Schätzle ließ auch andere als politische Qualitäten bei Teilnehmenden zutage treten. So konnten am Samstagmorgen wenige Teilnehmende den erfolgreichen Abschluss eines Schweißerlehrgangs verkünden, was von der Gruppe mit anerkennendem Beifall bedacht wurde. Ein Teilnehmer meinte: „Der Bildungsanteil dieser Fahrt ist wichtig, das soziale Miteinander ebenso.“
Der Samstag sah ein umfassendes Programm vor. Beginnend beim Energiebauernhof der Familie Reinbold in Freiamt, über die Besichtigung eines Windrads oberhalb von Freiamt bis hin zum solar überdachten Schnellradweg und dem nachhaltig gebauten Rathaus in der GreenCity Freiburg wurden alle Aspekte modernen Klimaschutzes und der Energiewende angesprochen. Abends rundete ein historischer Stadtrundgang das Programm ab.
Frau Reinbold erwartete die Gruppe um 10 Uhr bereits auf ihrem landschaftlich wunderschön gelegenen Bauernhof. Die Familie hatte bis 1977 eine Milchwirtschaft aufgebaut, diese dann bis Mitte der 1990er Jahre zu reiner Viehwirtschaft mit Rindern und Schweinen umgenutzt wurde. Danach wurde die Landwirtschaft in einen Biomasse-Energie-Bauernhof umgewandelt. Die auf dem Bauernhof installierte Anlage wird mit rund 80 Hektar Energiepflanzen bewirtschaftet, die von Feldern aus maximal vier Kilometern Entfernung kommen. Die Direktverstromung erfolgt auf dem Hof. Dieser wird vollständig eingespeist. Die bei der Biomassevergärung entstehende Wärme wird in einem Nahwärmenetz benachbarten Haushalten, der Schule von Freiamt und dem Kurhaus zugeführt. Die entsprechende Nahwärmeleitung hat 2009 220.000 Euro gekostet. Für die Installation war die Familie Reinbold verantwortlich. Nur mit einem 20 Jahre umfassenden Liefervertrag konnte sie die Banken von dieser Investition überzeugen. Seit diesem Zeitpunkt spart Freiamt in der Schule jährlich 100.000 Liter Heizöl ein. Die zusätzlichen Einsparungen an Kohlenstoffdioxid verbessern die Klimabilanz. Die Wärme steht kontinuierlich zur Verfügung. Nur, wenn Temperaturen unter Null Grad Celsius erreicht werden, muss mit Holzhackschnitzel zugefeuert werden. Es sind immer zwei Pumpen betriebsbereit, um Ausfallzeiten so weit wie möglich zu reduzieren.
Familie Reinbold zeigte eindrücklich, wie vorhandene Infrastruktur, in diesem Fall ihr eigener Bauernhof Teil der großen Transformation wurde und durch sinnvolle Umnutzungen sogar ein Mehr an Lebensqualität und Sinn für die Familie entstehen konnte. Sie trafen seit den 1970er Jahren mehrmals risikoreiche Entscheidungen, die ihnen den Verbleib auf dem Bauernhof und eine sinnvolle wirtschaftliche Nutzung des Hofes und des direkten Umfelds ermöglichten.
Der Besuch eines Windrads, das durch einen Eigentümerverein betrieben wird, wurde zum echten Abenteuer. Schwierige Zuwegungen über Wirtschafts- und Feldwege an steilen Hängen führten Busfahrer Wolfgang und seinen 14 Meter langen Reisebus an seine Grenzen. Die Teilnehmenden fragten sich, welchen Mehrwert ein Vortrag direkt unter einem Windrad hat. Als dann der Berg erklommen war, und die Aussicht auch wirklich sehenswert war, stoppte die Delegation zirka 100 Meter vom Windrad entfernt. Es war auch so schon gut zu sehen. Für die Windradkenner aus dem Hochwald boten die Informationen aus Freiamt auch wenig Neues, so dass dieser Teil des Programms als Abenteuer in Erinnerung bleiben wird.
Mit Hans-Jörg Schwander von der Innovation Academy e.V. Freiburg ging es nach einem leckeren Mittagessen im Forellenstüble weiter. Er informierte uns über den Bau eines 300 Meter langen Radwegs, der mit Solarmodulen überdacht ist. Ein Pilotprojekt, das erst 2023 fertig wurde und damit einmalig in Deutschland ist. Die Teilnehmenden waren sich einig, dass grundsätzlich die Zweitnutzung bereits versiegelter Flächen sinnvoll ist. Nur sollten bestehende Verschattungen von Radwegen durch Bäume und Geologie nicht durch Stahlkonstruktionen ersetzt werden. Dies widerspreche sinnvollem Klimaschutz, der immer auch auf den Einsatz von Ressourcen achtet. Beim Besuch des Neubaus des „Rathauses im Stühlinger“, das insgesamt 840 Arbeitsplätz bietet, und als Plusenergiehaus konzipiert ist, wurde deutlich, dass Freiburg Mittel und Ressourcen hat und diese konsequent zum nachhaltigen Umbau der Stadt nutzt. So fließen auch stadtplanerische Überlegungen zur Kühlung der Stadt durch Windschneisen oder Fassadenbegrünung in die Konzepte ein. Verkehrlich setzt Freiburg auf ÖPNV und Radverkehr, was sich am sehr gut ausgebauten Radwege- und Stellplatznetz ablesen lässt. Der Mobilitätsmix war spürbar anders: Deutlich weniger Autos, keine Staus und entspannte Menschen auf Rädern oder in Bahnen. Dafür sind auch handfeste Vorgaben in Bebauungs- und Verkehrsplänen mit verantwortlich, beispielsweise ein Stellplatzschlüssel von 0,3. Freiburg zeigt also, dass kommunale Verantwortliche Entscheidungen in Richtung Klimaschutz, Energie-, Wärme- und Verkehrswende treffen können und diese auch etwas bewirken.
Am Sonntag besuchte die Delegation noch die beiden elsässischen Orte Colmar und Riquewihr, wo auch das Gruppenfoto vor der mittelalterlichen Kulisse entstand. Eine Delegationsreise wie diese dient der Information, andererseits konnten sich die durch die Pandemie gebeutelten Beziehungen zwischen Ratsmitgliedern und Bürgermeistern unterschiedlicher Fraktionen verbessern. Ein gutes Miteinander dient auch immer der Kommune. (TB)