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Rund um Hermeskeil
Ausgabe 28/2025
Aus dem Gerichtssaal
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Aus dem Gerichtssaal

Angeklagt ist ein Handwerker, der eine Anzahlung kassiert, aber keine Leistung erbracht haben soll. Der Vorwurf: Betrug. Der Mann stammt aus einem ehemaligen Ostblockland, lebt aber schon seit längerer Zeit in Deutschland. Hier hat er sich irgendwann selbstständig gemacht und seine Dienste über ein Kleinanzeigenportal im Internet angeboten. Mit einer Frau, die ein altes Haus gekauft hat und dort ein neues Bad und neue Fenster einbauen will, kommt er ins Geschäft. Man wird sich einig und die Frau leistet eine Anzahlung von insgesamt 5000 Euro für die Fenster und weiteres Material. Bei der Ausführung der Arbeiten im Bad kommt es zu Problemen und die Hauseigentümerin tritt vom Vertrag zurück. Ein Gutachter bescheinigt ihr, dass der Handwerker einige Fehler gemacht hat. Sie will deshalb ihr Geld zurück, aber von dem Mann hört sie nichts mehr. Die Folge ist eine Anzeige gegen ihn bei der Polizei.

Gegen den Strafbefehl, der von ihm 3200 Euro fordert, hat der Angeklagte Einspruch eingelegt. Richter Dr. Zierden erklärt ihm nun in der Verhandlung, dass bei einer Verurteilung durchaus eine höhere Strafe möglich sei. Denn ein Strafbefehl gehe von einer „Geständnisfiktion“ aus und falle deshalb in der Regel - ebenso wie die Strafe bei einem Geständnis in der Verhandlung - günstiger aus. Im Verlauf der Verhandlung macht der Mann keine gute Figur. Auf die Frage, ob er Schulden habe oder gehabt habe, antwortet er mit Nein, doch der Richter hält ihm eine Aufstellung über Vollstreckungsmaßnahmen aus 2021 vor und die Tatsache, dass er 2023 die eidesstattliche Versicherung (früher Offenbarungseid) abgegeben habe. „Laut Aktenlage hatten sie bei der Auftragserteilung kein Geld“, sagt er. Auch ob er schon einmal vor Gericht war, will Dr. Zierden wissen. Nachdem der Angeklagte auch diese Frage verneint hat, verweist der Richter auf Strafregisterauszüge aus dem Heimatland des Mannes und aus Deutschland und versetzt trocken: „Dafür, dass Sie noch nie bei Gericht waren, waren Sie schon ziemlich oft vor Gericht.“

Warum er das Geld nicht zurückgezahlt habe, will der Richter schließlich noch von dem Mann wissen. Immerhin sieht dieser das heute als Fehler ein und sagt, er werde das noch tun. Am Ende nimmt er dann auf nochmaliges Anraten des Gerichts den Einspruch gegen den Strafbefehl zurück, sodass dieser rechtskräftig wird.

Richter Dr. Zierden erläutert im Anschluss den auch in dieser Verhandlung anwesenden Schülerinnen und Schülern der IGS Hermeskeil, was einen Strafbefehl von einer Anklage unterscheidet: Es muss in diesem Fall keine umfangreiche Beweisaufnahme mit Zeugenvernehmungen stattfinden. Somit erspart das Verfahren allen Beteiligten Aufwand und Geld. Mit dem Strafbefehl sind auch die 5000 Euro „eingezogen“ worden. Das bedeutet, so Dr. Zierden, dass die Hausbesitzerin damit gegen den Mann einen vollstreckbaren Titel hat, der 30 Jahre lang gültig ist. (WIL-)