Man schreibt vom jenseitigen Hochwalde unterm 19. April. Der Krug geht so lange zum Brunnen, bis er einmal zerbricht. Die Wahrheit dieses Sprüchwortes hat sich wieder bewährt in den Sitzungen des Königl. Assisenhofes zu Trier am 17. und 18. d. M. Auf der Anklagebank saßen 9 Individuen, beschuldigt, im Laufe des Winters von 1854—55 mehrere in dem Terrain zwischen Wadern, Hermeskeil und Pluwig unter erschwerenden Umständen verübte Diebstähle begangen, resp. Gegenstände, welche aus diesen Diebstählen herrührten, wissentlich, daß dieselben unter erschwerenden Umständen gestohlen seien, verhehlt zu haben. Nicht weniger als 39 Zeugen waren vorgeladen. Die Anklageakte war in 32 Fragen formulirt, und lauteten die meisten Verdikte nachdem die Herren Geschwornen mehr denn zwei Stunden in der Berathungskammer verweilt hatten, auf „Schuldig“. Einer wurde freigesprochen. Von den übrigen 8, welche, beiläufig gesagt, Mitglieder zweier Familien aus Steinberg sind, wurden der Vater der einen Familie zu 8, der Sohn zu 6, Tochter und Schwiegertochter, welchen mildernde Umstände zur Seite standen, zu je 2; von der andern Familie die Mutter zu 6, zwei Söhne und eine Schwiegertochter zu 8, 6 und 5 Jahren Zuchthaus, in die Kosten, Stellung unter Polizei-Aufsicht u. s. w. verurtheilt.— Wir brauchen also vorläufig, Dank der Polizei, nicht mehr vor dieser Hochwälder-Diebesbande zu fürchten vor dem rothen Hahn, vor dem Abmähen der Feldfrüchte, vorm Todtschießen und Todtstechen, womit Jeder bedroht wurde der nur irgend Miene machte, Etwas zur Anzeige zu bringen. Unbegreiflich und nur erklärlich im Hinblicke auf diese Drohungen ist es, wie diese Bande, deren Treiben doch ein offenes Geheimniß im ganzen Dorfe, in der nächsten Umgegend war, so lange ihr Unwesen ungehindert ausüben konnte. Nemesis hat sie ereilt. [2]
[1] Unveränderter Originaltext
[2] Nemesis ist in der griechischen Mythologie die Göttin des gerechten Zorns, der ausgleichenden Gerechtigkeit.