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Rund um Hermeskeil
Ausgabe 3/2025
2 - Hermeskeiler Stadtnotizen
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Sturmunglück in Hermeskeil

Die aktuelle Sachlage und wie es weiter geht

In Hermeskeil kam es am vergangenen Montag zu einem dramatischen Vorfall: Eine heftige Orkanböe fegte über den Neuen Markt und schleuderte mehrere 600 kilo schwere Holzbuden, die als Fahrgastunterstände dienten, durch die Luft (Polizeibericht 2025-1/2). Während die Polizei und Staatsanwaltschaft nun umfangreiche Ermittlungen eingeleitet hat, um die Hintergründe und mögliche Ursachen zu klären, haben wir mit Stadtbürgermeister Christoph König und Beigeordnetem René Treitz gesprochen. Sie schildern ihre Erlebnisse und welche Konsequenzen dieser Vorfall für die Stadt haben wird.

RuH-Redaktion: Guten Tag, Herr König, Herr Treitz. Der Vorfall in der vergangenen Woche hat in der Stadt für große Betroffenheit gesorgt. Im ganzen Bundesgebiet war Hermeskeil in den Nachrichten zu sehen. Haben Sie den Schock mittlerweile verdaut?

Christoph König: Der Schreck steckt immer noch in den Gliedern, zumal zwei der verletzten Personen noch im Krankenhaus zur Genesung weilen. Es ist unsere größte Erleichterung, dass nicht noch mehr Menschen verletzt wurden – ein Glück im Unglück, da es zu diesem Zeitpunkt Ferien und keine Schülerinnen und Schüler vor Ort waren. Gott sei Dank handelt es sich „nur“ um schwere Verletzungen und keine lebensbedrohlichen. Eine der Betroffenen kämpft momentan mit einem Knochenbruch und muss in den nächsten Tagen operiert werden. Wir stehen mit allen in Kontakt und unterstützen nach Kräften. Wir sind bemüht, uns allumfänglich einzubringen.

René Treitz: Der Schock ist tatsächlich immer noch präsent. Ständig bin ich in Gedanken bei den Betroffenen. Es ist kaum nachzuvollziehen, wie es zu einem solchen Unglück kommen konnte. Ich war wenige Minuten nach dem Unglück direkt vor Ort, als die Rettungsarbeiten stattfanden. Der Anblick der Trümmer hat mich fassungslos gemacht. Ich habe die Örtlichkeit in der vergangenen Woche noch zweimal besucht, habe versucht, den Hergang zu rekonstruieren, aber es will mir einfach nicht gelingen. Ich hätte nie gedacht, dass wir in Hermeskeil amerikanische Verhältnisse erleben – das kannte man sonst nur aus den Nachrichten.

RuH-Redaktion: Das Thema Ermittlungen sorgt für viele Diskussionen in der Bevölkerung. Warum wird überhaupt ermittelt?

René Treitz: Die Kriminalpolizei hat sich um die Unfallaufnahme gekümmert und die Daten an die Staatsanwaltschaft Trier übermittelt, die nun die Ermittlungen weiterführt. Die Bauaufsichtsbehörde war ebenfalls am Unfalltag vor Ort. Es stellte sich die Frage nach Kontrollen und Prüfpflichten, was sich in diesem Fall jedoch schnell auflöste, da es sich bei den Holzbuden um sogenannte fliegende Bauten handelt. Solche mobilen Bauten bedürfen keiner Genehmigung zum Aufbau und keiner baulichen Prüfung, sofern ihre Grundfläche weniger als 75 Quadratmeter groß ist. Auch Fahrgastunterstände des öffentlichen Personennahverkehrs sind baugenehmigungsfrei. Eine präventive Prüfung und Überwachung durch die Bauaufsicht gibt es daher nicht. Wir sind entschlossen, die Sicherheit an öffentlichen Plätzen zu verbessern und die Umstände des Vorfalls in enger Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft und Fachleuten umfassend aufzuklären.

RuH-Redaktion: Gab es in der Vergangenheit irgendwelche Sicherheitsbedenken bezüglich der Hütten?

René Treitz: Nein, wir hatten bislang keinerlei Anlass zu Bedenken. Die Hütten sind seit Jahrzehnten in Gebrauch, ohne dass es zu Vorfällen kam. Noch im vorletzten Jahr hielten sie an gleicher Stelle Extremwetterverhältnissen mit Sturm, Regen und Hagel während des Weihnachtsmarktes stand. Wir erinnern uns, dass an einem Tag der Markt wegen der Wetterverhältnisse geschlossen war. Die Nutzung der Hütten auch ohne „Theken-Front“ fand ja auch in der Vergangenheit als Unterstand – sowohl an verschiedenen Märkten und auch zu Karneval statt.

RuH-Redaktion: Welche Auswirkungen hat dieser Vorfall für die Zukunft?

Christoph König: Wir müssen jetzt schnell handeln und Lösungen finden. Sollten sich aus den Ermittlungen neue Sicherheitsauflagen ergeben, müssen wir sicherstellen, dass diese auch umgesetzt werden. Wir prüfen derzeit den Einsatz stabilerer Varianten für die Interimshaltestelle. Dieser Vorfall könnte aber auch wesentliche Konsequenzen für künftige Veranstaltungen mit sich bringen, nicht nur in Hermeskeil, sondern in der gesamten Region.

René Treitz: Ergänzend dazu: Momentan können wir die Hütten nicht mehr verwenden, bis wir eine sichere und tragfähige Lösung gefunden haben. Wenn die Nutzung dieser Hütten verboten wird, wird das weitreichende Auswirkungen auf zahlreiche Veranstaltungen haben, die an diese Hütten gebunden sind. Wir werden sie vorerst nicht mehr nutzen, bis wir eine sichere Lösung finden. Wir werden auch keine Hütte mehr verleihen - da wir das Risiko mitverleihen und hier keine Haftung übernehmen (können).

RuH-Redaktion: Welche rechtlichen Konsequenzen könnte dieser Vorfall mit sich bringen?

René Treitz: Wir müssen mit der Möglichkeit rechnen, dass die Staatsanwaltschaft ein Verfahren einleitet. Das öffentliche Interesse an dem Fall ist berechtigterweise sehr groß. Kommen nun genug Informationen und Daten zusammen, kann auf das Verfahren verzichtet werden. Darüber hinaus kann ein Strafbefehl wegen fahrlässiger Körperverletzung im Raum stehen, je nachdem, was die Ermittlungen ergeben.

RuH-Redaktion: Für Zahlungen kommt dann aber die Stadt auf?

René Treitz: Bei einem Strafbefehl mit Geldstrafe oder einem Bußgeld zahlt man unmittelbar und aus eigener, privater Kasse. Hier springt keine Versicherung und auch keine Stadtkasse ein. Was die Genesung der Betroffenen und die rechtliche Vertretung der Stadt in der Angelegenheit betrifft, sind wir versichert.

RuH-Redaktion: Wie beeinflusst dieser Vorfall Ihr persönliches Engagement im Ehrenamt?

René Treitz: Es ist schon ein einschneidendes Erlebnis. Man kommt unverhoffterweise in ein Ermittlungsverfahren rein. Es stellt sich schon die Frage, ob das Ehrenamt für alle Eventualitäten geradestehen kann. Bei jeder Maßnahme sieht man nun Gefährdungspotential - ob Weihnachtsbeleuchtung oder Pavillons auf der Stadtwoche. Das hat nun eine ganz andere Qualität. Das betrifft ja nicht nur uns, sondern auch die Vereine. Die Sensibilität ist nun ungleich höher, die Sorgen groß. Vieles hängt natürlich vom weiteren Verlauf der Ermittlungen ab.

Christoph König: Man geht jetzt sehr viel vorsichtiger an viele Themen ran. In diesem Fall hier wollte den Fahrgästen die Aufenthaltsqualität so angenehm wie möglich machen. Wir wollten auf keinen Fall, dass insbesondere Schüler und Ältere bei Schnee, Regen oder Hagel der Witterung ohne Schutz ausgeliefert sind. Ich habe persönlich noch darauf gedrängt, dass Sitzmöglichkeiten eingerichtet werden. Zuletzt haben wir das Sicherheitsgefühl mit einer verstärkten Beleuchtung massiv verbessert. Dieser Vorfall lässt nun natürlich an unkomplizierten und einfachen wie auch schnellen Lösungen zweifeln.

RuH-Redaktion: Und zum Schluss – wie geht´s mit den Fahrgästen künftig auf dem Neuen Markt weiter?

René Treitz: Der Schutz der Menschen hat oberste Priorität! Wir arbeiten an einer Lösung, die nicht nur stabil, sondern auch funktional ist. Wir sind im Austausch mit einer Baufirma, die sehr zügig und zeitnah Unterstände aus Stahlbauweise installieren wird. (LeWe)