Am Freitag, dem 15. Juli, gab die russischstämmige Organistin in der Martinuskirche ein glanzvolles, bewegendes und denkwürdiges Konzert. Das Konzert in der Stadtwoche war sehr gut besucht. Mag in der gegenwärtigen Zeit russischen Künstlern mit Vorbehalten
begegnet werden - nach eigenem Bekunden ist die seit 2010 in Deutschland lebende Künstlerin von der gegenwärtigen Situation geschockt und in ihrer Haltung als intelligenter, sensibler und kosmopolitischer Mensch ein Kontrapunkt zu einem menschenverachtenden Aggressorstaat.
Neben bekannten und äußerst anspruchsvollen Orgelwerken von Vincent Lübeck, Felix Mendelssohn-Bartholdy und Johann Sebastian Bach setzte Antonina Krymova mit der Orgelsuite Nr. 2 „Orpheus“ des Ukrainers Valeri Kikta aus Donezk einen besonderen Akzent.
Orpheus, die bekannte Gestalt aus der griechischen Mythologie, ist von unsäglichem Schmerz gepeinigt über den Verlust seiner Geliebten Eurydike. Deswegen steigt er in die Unterwelt hinab, um seine Eurydike zurückzuholen. Kikta versteht es in seinem Werk, wie es auch Monteverdi in seiner Oper Orpheus meisterhaft gelang, die menschlichen Emotionen, die existentielle Betroffenheit von Orpheus widerzuspiegeln. Mit seiner modernen Tonsprache gelingt es Kikta, den Ausdruck des niederschmetternden Schicksalsschlages noch zu steigern.
Die gegenwärtig alltägliche menschliche Tragödie in der Ukraine schwingt bei der Musik von Kikta für den Konzertbesucher mit und lässt das unermessliche Leid nur erahnen.
Antonina Krymova brillierte in jeder Hinsicht in ihrem technisch perfekten und musikalisch genauestens überlegten Vortrag.
Stehende Ovationen am Ende für eine Ausnahmekünstlerin!