Titel Logo
Rund um Hermeskeil
Ausgabe 30/2023
Aus der Heimatgeschichte
Zurück zur vorigen Seite
Zurück zur ersten Seite der aktuellen Ausgabe

Praktizierte Ökumene vor über 180 Jahren

Aus der Kölnischen Zeitung vom 3. Januar 1839[1]

Hermeskeil, 28. Dez. Gestern fand hier die Beerdigung eines evangelischen Einwohners statt. Der Prediger von Züsch, Herr Hügel, welcher sich eingefunden hatte, um diese kirchliche Handlung vorzunehmen, wurde aufs freundlichste von dem hiesigen katholischen Pfarrer und Schulinspektor, Herrn Definitor Kiesgen[2], empfangen. Schon vorher hatte dieser würdige Seelsorger angeordnet, daß die gesammte katholische Schuljugend dem Leichenzuge, den der Herr Definitor selbst begleitete und welchem zwei andere, zufällig anwesende, katholische Geistlichen von gleich achtbarer Gesinnung, aus der Nachbarschaft, sich anschlossen, beiwohnen sollte. Das, aufs zuvorkommenste gemachte, wiederholte Anerbieten der Benutzung der Kirche und Orgel zur Abhaltung des Trauergottesdienstes[3], war von dem Herrn Prediger dankbar angenommen worden, und der zahlreiche Besuch desselben von Seiten der katholischen Einwohner beweist, daß das schöne Wirken des Seelenhirten in seiner Pfarrgemeinde durch Wort und That seine Früchte getragen, während der günstige, bei Manchen bis zur Rührung gesteigerte, Eindruck, welchen dieses tolerante Benehmen auf die anwesenden Evangelischen machte, nicht zu verkennen war. Möge dieses schöne Beispiel aufrichtiger christlicher Duldung bei Evangelischen und Katholischen in vorkommenden Fällen nicht ohne Nachahmung bleiben.

[1] Originaltext von 1839

[2] Matthias Kiesgen (* 1796 in Wittlich, + 1849 in Hermeskeil) war von 1830 bis 1849 Pastor in Hermeskeil. Sein Bruder Franz Kiesgen (* 1806 in Wittlich, + 1881 in Hatzenport) war von 1834 bis 1839 Pastor in Geisfeld.

[3] Die um die 1756 erbaute katholische Hermeskeiler Pfarrkirche St. Martinus stand damals im „Unterdorf“ (heute Koblenzer Straße). 1865 wurde sie durch einen Blitzeinschlag mit anschließendem Feuer so stark beschädigt, dass sie nicht wieder aufgebaut wurde. Die evangelische Gemeinde hatte 1839 noch keine eigene Kirche in Hermeskeil.