Mitglieder der im lokalen Bündnis „Partnerschaft für Demokratie Hermeskeil-Ruwer“ organisierten Projektgruppe „Rundgang zum Gaumusterdorf Hermeskeil“ haben mit weiteren interessierten Bürgerinnen und Bürgern am 30.06.2024 den jüdischen Friedhof in der Trierer Weidegasse besichtigt.
Peter Szemere von der jüdischen Gemeinde Trier führte die Gruppe über den hinter hohen Mauern im Süden Triers gelegenen Friedhof und gab eindrucksvoll Informationen über die Entstehungsgeschichte des Friedhofs und über die hier beigesetzten Menschen jüdischen Glaubens sowie deren Riten und Bräuche. Er ging auf die familiären Beziehungen der ebenfalls hier beigesetzten Vorfahren des wohl berühmtesten Sohns der Stadt Trier, Karl Marx, ein.
Beeindruckend waren seine Ausführungen zu den Bedeutungen der auf den jeweiligen Grabsteinen dargestellten Zeichen und Symbole, die vor allem im 19. Jahrhundert auf den Grabsteinen dargestellt wurden, wie zum Beispiel der oftmals verwendete Davidstern oder aber auch die nebeneinander liegenden betenden Hände. Auf einigen Grabsteinen waren florale Elemente wie Akanthusblätter, Efeuranken, Lorbeer- und auch Eichenblätter zu finden, die für Treue und ewiges Leben stehen. Auffällig sind die Grabsteine in Säulenform. Keine der Säulen trägt ein Kapitell – fast alle sind in einem abgebrochenen Zustand dargestellt. Dieser Bruch symbolisiert das jähe Ende eines zu kurzen Lebens.
Während die mit floralen Elementen verzierten Grabsteine durchaus auch auf anderen Friedhöfen zu finden sind, weisen die in abgebrochenen Säulen dargestellten Grabsteine auf das Schicksal der verstorbenen jüdischen Mitbürger hin, die durch die an ihnen begangenen Verbrechen viel zu früh aus dem Leben gerissen wurden. In den Jahren 1932/1933 lebten immerhin 800 Menschen jüdischen Glaubens in Trier. Mehr als 600 Juden aus Trier und dem Trierer Land wurden zwischen Oktober 1941 und Juni 1943 deportiert und ermordet; zudem wählten 40 Personen, die in „Judenhäusern“ zusammengepfercht leben mussten, den Freitod.
Während der Zeit des Nationalsozialismus blieb der Friedhof unangetastet. In der Zeit des Zweiten Weltkrieges wurde das Friedhofsgelände von Anwohnern als Fluchtweg zum Eingang eines Luftschutzbunkers genutzt, dessen geschlossener, zugeschütteter Eingang auch heute noch in einer Ecke des Geländes, verdeckt durch Büsche, vorhanden ist. Der Existenz des Luftschutzbunkers ist es zu verdanken, dass der jüdische Friedhof auch heute noch weitestgehend erhalten ist. Jedes Grab auf einem jüdischen Friedhof ist für die Ewigkeit angelegt. Es gehört den Toten und dient seiner ewigen Ruhe. Friedhöfe und Gräber werden nicht aufgelöst oder verlegt, wie zum Beispiel auf christlichen Friedhöfen üblich.
Durch die von Peter Szemere eindrucksvoll wiedergegebenen Informationen über die Schicksale der hier beigesetzten jüdischen Mitbürger wird den Besuchern deutlich, welche schlimme Folgen der in der Zeit des Nationalsozialismus herrschende Antisemitismus für die betroffenen Mitmenschen gehabt hat. Der jüdische Friedhof ist gerade auch in der heutigen Zeit ein Zeichen für Menschlichkeit und Versöhnung. Er ruft auf, über den Umgang mit Minderheiten nachzudenken.
Nach Abschluss der Führung bedankte sich Tamara Breitbach bei Herrn Szemere für die sehr beeindruckende und lehrreiche Führung mit einem Präsentkorb von „Ebbes von Hei“. Die Besichtigung des jüdischen Friedhofs war ein weiterer Baustein des von Tamara Breitbach in Zusammenarbeit mit dem Förderverein „Gedenkstätte KZ Hinzert“ initiierten Projekts und wurde finanziell von „Demokratie leben“ unterstützt.
Weitere Informationen über die Projektgruppe „Rundgang zum Gaumusterdorf Hermeskeil“, die derzeit einen Rundgang durch Hermeskeil mit Aufstellung von Hinweistafeln mit QR-Codes an den Wohn- und Geschäftshäusern der verfolgten jüdischen Mitbürger sowie an den Orten der an ihnen begangenen Verbrechen erarbeitet, erhalten Interessierte unter der E-Mailanschrift tamara.breitbach@gmx.de.